Kollegen im Büro offene Atmosphäre

New Work

Alles, was Sie über New Work wissen müssen

Frithjof Bergmann begründete in den Siebzigerjahren die New-Work-Bewegung. Weshalb ist sie heute so populär? Kann sie Arbeit besser?

Der Sozialphilosoph und Anthropologe Frithjof Bergmann begründete Mitte der Siebzigerjahre die New-Work-Bewegung. Sein Motto: „Wir sollen nicht der Arbeit dienen, sondern die Arbeit soll uns dienen.“ 1930 in Sachsen-Anhalt geboren, während der NS-Zeit nach Österreich und nach dem Abitur in die USA emigriert, hielt er sich zunächst mit verschiedenen Jobs über Wasser und entwickelte aus dieser Erfahrung heraus eine kapitalismus- und vor allem lohnarbeitskritische Haltung: „Arbeit in ihrer heutigen Form demütigt den Menschen in erheblichem Maß. Mit dem Lohnarbeitssystem wird ein absurder Zustand am Leben erhalten, der den Menschen kleinmacht. Die Neue Arbeit ist eine Alternative zum Lohnarbeitssystem.“[1] Sein Gegenmodell: Arbeiten, um sich selbst zu verwirklichen. 

Heute hat sich das Konzept von New Work von seinem gesellschaftskritischen Ursprung gelöst und setzt sich in der Wirtschaft immer mehr durch. Dabei werden die Begriffe Neue Arbeit, New Work, Arbeit der Zukunft und Arbeit 4.0 weitestgehend synonym verwendet. Im Kern zielt das Konzept darauf ab, Arbeitsbedingungen zu schaffen, die Freiheit und Autonomie fördern. So gut, so allgemein und so abstrakt. Daher „finden sich unter dem Schlagwort New Work vielerlei Methoden, Maßnahmen und Meinungen“[2]. Die „New Work Charta“[3] des Psychologen Markus Väth, eine Weiterentwicklung und Anpassung des „klassischen“ New-Work-Begriffs an die moderne Arbeitswelt, nennt fünf Prinzipien, die das Neue Arbeiten ausmachen: 

Welche Prinzipien enthält die New Work Charta?

Für Arbeit, die dem Menschen gerecht wird, formuliert die New Work Charta fünf Prinzipien: 

  • Freiheit.
    Um die Zukunft der Arbeit zu gestalten, brauchen Mitarbeitende Freiräume, in denen sie Dinge ausprobieren können. Dabei geht es nicht nur um Zeit, sondern auch um eine gute Fehlerkultur („Kultur des Unperfekten“[4]). Alles, was zu einer guten Employee Experience beiträgt, ermutigt Ihre Kolleginnen und Kollegen, sich die Freiheit zu nehmen, Prozesse neu und anders zu denken. Ein Führungsstil, der die Menschen in den Mittelpunkt stellt, setzt Potenziale in Teams frei, die das Unternehmen voranbringen. Auch das Teilen neuer Erkenntnisse im Rahmen einer organisationsübergreifenden Vernetzung ist vom Prinzip der Freiheit mit umfasst. 
  • Selbstverantwortung.
    Die Selbstverantwortung von Führungskräften und Mitarbeitenden wird im Rahmen von New Work gezielt gefördert. Ihr Talentmanagement sowie Trainee-, Förder- und Führungskräfteprogramme bieten dazu diverse Gelegenheiten und Ansatzpunkte. Es lohnt sich, die Programme zu prüfen und gegebenenfalls um Module zu erweitern, die die Selbstverantwortung stärken. Mit der Verantwortung für die eigene Arbeit geht ein höheres Maß an Selbstorganisation einher inklusive der Verwaltung eigener Budgets. 
  • Sinn.
    Nichts motiviert mehr, als die eigene Arbeit als sinnvoll zu erleben. Wenn Sie Ihr Unternehmen als New-Work-Organisation positionieren, indem Sie potenziellen Arbeitnehmern deutlich machen, welchen gesellschaftlichen Beitrag das Unternehmen leistet, verbessern Sie Ihre Chancen im Recruiting – vor allem bei anspruchsvollen jüngeren Fachkräften – und stärken Ihre Arbeitgebermarke. „Sinn“ muss ja nicht gleich bedeuten, Weltfrieden herzustellen und den Klimawandel zu stoppen. Auch kleine Beiträge, wie die Energieeffizienz einzelner Anwendungen zu verbessern, mit erstklassigen Freizeitangeboten zur Work-Life-Balance von Menschen beizutragen, gesunde Lebensmittel zu produzieren oder Sachbearbeitern den Arbeitsalltag zu erleichtern, machen einen Unterschied. Wer die Bedeutung der eigenen Arbeit für das Gesamtergebnis sowie den Sinn der gesamten Organisation – neudeutsch: Purpose – kennt, fühlt sich als Teil eines Ganzen und identifiziert sich mit seiner Berufstätigkeit. 
  • Entwicklung.
    Nur in einem Umfeld, das die Entwicklung aller Mitarbeitenden fördert, entstehen Innovationen. Etablieren Sie daher Kreativität als zentralen Bestandteil der Unternehmenskultur. Sorgen Sie darüber hinaus für eine gute Lernkultur: „New-Work-Organisationen ermöglichen es ihren Beschäftigten, voneinander zu lernen, gemeinsam ihre Fähigkeiten zielgerichtet zu erweitern und sich dadurch auch persönlich zu entwickeln.“[5] Da Stillstand bekanntlich Rückschritt bedeutet, sind Arbeitgeber gefordert, ihre Organisationen permanent weiterzuentwickeln und ein entwicklungsförderndes Umfeld zu schaffen. 
  • Soziale Verantwortung.
    Auch die „Verbundenheit mit der Gesellschaft vor Ort“ zählt zu den New-Work-Prinzipien. Unternehmen übernehmen gesellschaftliche Verantwortung, indem sie nachhaltig und ressourcenschonend handeln, sich regional und sozial einbringen und fair mit Partnern, Lieferanten und Kunden umgehen. 

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Was versteht man unter New Work in der Arbeitswelt und warum wird dieses Konzept sowohl für Mitarbeitende als auch für Unternehmen immer wichtiger?

New Work in der Praxis

New Work gibt die Richtung an, in die sich Unternehmen bewegen, um ihre Zukunftsfähigkeit zu erhöhen. New Work lässt sich also nicht nach einem Standardrezept einführen. Vielmehr haben Sie die Wahl: Sie können an vielen Stellschrauben drehen, und es bieten sich Ihnen viele Möglichkeiten, um anzufangen oder als Arbeitgeber noch besser zu werden: 

  • Lösen Sie – wo möglich – hierarchische Strukturen zugunsten einer agilen Arbeitsorganisation auf. Die „kollegiale Selbstorganisation […] stärkt das Dürfen, Können und Wollen. Fortwährender Lernwille, hohe Freiheitsgrade und umfangreiche Mitgestaltungsmöglichkeiten sind die Norm. Statt auf Entscheidungen von oben zu warten, berät man sich mit den Kollegen und entscheidet dann selbst.“[6]
  • Sorgen Sie dafür, dass sich Ihre Mitarbeitenden wohlfühlen und Freude an der Arbeit haben. Etablieren Sie eine Führungskultur, die motiviert und nicht einschüchtert oder gar ängstigt. Investieren Sie in eine gute Employee Experience, bieten Sie Benefits, die ans Unternehmen binden und feiern Sie gemeinsam Erfolge. Arbeitszeit ist Lebenszeit – sie sollte gut gestaltet werden.
  • Seien Sie offen für neue Formen der Zusammenarbeit. „Es gibt mehr befristete Arbeitsverträge, höhere Teilzeitquoten, mehr outgesourcte Bereiche sowie eine größere Zahl an mitarbeitenden Spezialisten, Zulieferern und Businesspartnern. Der stationäre Arbeitsplatz und das eigene Büro werden im Zuge dessen zurückgedrängt. Fernanwesenheit, eine mobile Arbeitskultur, flexible Arbeitszeitmodelle, virtuelle Teams und das partielle Homeoffice werden üblich. Man umgibt sich mit den jeweils besten Leuten für einen bestimmten Job.“[7]
  • Prüfen Sie, ob Ihre Führungskräfteprogramme auf die neuen Anforderungen ausgerichtet sind: „Leadership-Personen werden in Zukunft vor ganz neue Herausforderungen gestellt: Sie müssen lernen, die neuen Arbeitsmodelle zu meistern. Sie müssen anwesende wie auch abwesende, anweisungsorientierte wie auch selbstorganisierte und angestellte wie auch nicht angestellte Mitarbeiter führen und so schnell wie möglich produktiv machen.“[8]
  • Schaffen Sie die räumlichen Voraussetzungen. Gestalten Sie die Arbeitsumgebung so, dass sie Austausch und Kreativität fördert. Neben Rückzugsmöglichkeiten für konzentriertes Arbeiten braucht es Zonen, in denen sich Mitarbeitende ungezwungen begegnen und gemeinsam brainstormen können. Das Homeoffice Ihrer Mitarbeitenden sollte vollständig in die IT-Landschaft des Unternehmens integriert sein, sodass sie zwischen ihrem mobilen Arbeitsplatz und dem Büro mühelos wechseln können. Auch Kollaborationssoftware gehört zum New-Work-Arbeitsplatz. Sie ermöglicht den Kolleginnen und Kollegen, Projekte gemeinsam zu bearbeiten und stets auf dem aktuellen Stand zu bleiben. Intranet und Wikis sorgen für einen Austausch über verschiedene Standorte und Arbeitsplätze hinweg. Doch Achtung: Verfolgen Sie bei digitalen Tools unbedingt eine Lean Policy. Bieten Sie für jede Anwendung genau ein Tool. So vermeiden Sie Digital Overload, der nur zu unproduktivem Stress führt. 

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Welche Rahmenbedingungen müssen für selbstorganisierte Circles geschaffen werden und wie lässt es sich konkret als Circle-Mitglied im Alltag arbeiten?

Was bedeutet Work-Life-Blending?

Work-Life-Blending heißt zunächst einmal, dass sich Arbeitszeit und Freizeit vermischen, sie also nicht mehr klar voneinander zu trennen sind. Das sollte nicht unreguliert geschehen, da Arbeitgeber dann ihrer Fürsorgepflicht nicht nachkommen. Erholte und ausgeruhte Mitarbeitende sind produktiver sowie kreativer. Außerdem schreibt das Arbeitsschutzgesetz Ruhezeiten vor. Work-Life-Blending ist eng mit flexiblen Arbeitszeitmodellen wie beispielsweise Vertrauensarbeitszeit verbunden. Zu einer Win-win-Situation kann es nur kommen, wenn Sie als Arbeitgeber Flexibilität bieten, ohne einer Always-on-Mentalität Vorschub zu leisten. Beantworten Mitarbeitende abends E-Mails oder bereiten die Präsentation für den kurzfristig angesetzten Kundentermin auch schon mal am Wochenende vor, können sie selbstverständlich auch private Angelegenheiten während der Arbeitszeit erledigen. Letztlich zielt Work-Life-Blending darauf ab, Berufstätigkeit und Privatleben zu verschmelzen. Dazu tragen Freizeitangebote im Arbeitsumfeld, Räume mit einer hohen Aufenthaltsqualität sowie ein Außengelände bei – womöglich sogar mit Sport- oder Tennisplatz. 

Was verstehen wir unter New Leadership?

New Work erfordert einen neuen Führungsstil: New Leadership. Er umfasst all die Skills und Einstellungen, die Mitarbeitenden das selbstbestimmte, sinnerfüllte Arbeiten ermöglichen. Statt Handlungsanweisungen ist Empowerment gefragt. Dazu muss die Führungskraft selbst dazu bereit sein, das eigene Handeln in Frage zu stellen und sich weiterzuentwickeln. Analog zu New Leadership praktiziert sie New Management. Die Leader setzen den Rahmen, in dem New Work gelebt werden kann. „Entscheidungen werden nicht gefällt, sondern sind gemeinsame Prozesse – methodisch versiert und souverän gestaltet.“[9]

New Leadership bedeutet allerdings nicht, Menschen New Work aufzuzwingen. Vielmehr sind Empathie, Kommunikationsfähigkeit und ein vertrauensvoller Umgang gefragt, um Mitarbeitende individuell in die neue Arbeitswelt zu führen: „Wichtig ist zu verstehen, dass es verschiedene Menschen gibt, die jeweils andere Anforderungen an Führungskräfte stellen. Teamleads brauchen die Kompetenz zu erkennen, welche Bedürfnislage bei welchem Mitarbeiter herrscht. Es braucht Wissen und Training, um die Bedürfnisse von Teammitgliedern zu diagnostizieren und situativ darauf zu reagieren.“[10]

New Pay

Im Zuge von New Work entwickeln sich neue Formen der Vergütung, die unter New Pay zusammengefasst werden und Grundprinzipien herkömmlicher Systeme radikal in Frage stellen. Das aus Arbeitnehmersicht getriebene „New Pay Collective“ hat dazu allgemeine Grundsätze formuliert[11]: 
  • New Pay berücksichtigt die Prinzipien Fairness, Transparenz, Selbstverantwortung, Partizipation, Flexibilität, Wir-Denken und Permanent Beta. 
  • New Pay verstärkt die Unternehmenskultur und liefert eine unternehmensspezifische Vergütungslösung, die das Zukunftsbild einer Organisation wirksam unterstützt. 
  • New Pay beleuchtet Wechselwirkungen in einer Organisation ganzheitlich – und hinterfragt Entlohnungsformen, Vergütungsprozesse und Entscheidungsmuster nach ihrem Beitrag zu Personalentwicklung, Motivation, Wertschöpfung, Wirtschaftlich- und Nachhaltigkeit. 
  • New Pay berücksichtigt die Bedarfe der Organisation und der Mitarbeitenden gleichermaßen und führt sie in wertschätzenden Gehalts- und Entwicklungsprozessen zusammen. 

Das Verständnis dahinter: „Kein Unternehmen kann sich außerhalb des Marktes bewegen, aber das innere Gehaltsgefüge ist ein Kulturgut und Basis des gemeinsamen Erfolgs.“[12] Wie beim gesamten Thema New Work und bei New Leadership operieren die Vertreterinnen und Vertreter von New Pay nicht mit fertigen Konzepten, sondern regen dazu an, individuelle Lösungen zu entwickeln, sich nicht mit einem Status quo zufriedenzugeben, sondern das Vergütungsmodell auf dem Prüfstand zu lassen, eben „Permanent Beta“. 

Bürokonzepte für New Work

Während Start-ups ihre Arbeitsumgebung auf der grünen Wiese planen und insofern von Anfang an so gestalten können, dass sie New Work fördern, sind bestehende Unternehmen gefordert, New-Work-Elemente nach und nach räumlich zu realisieren. Agile Teams und Projektgruppen mit festangestellten Mitarbeitenden und Freelancern profitieren von Co-Working-Spaces, die mittlerweile flächendeckend angeboten werden. Flexibel buchbare Arbeitsplätze, die offene Atmosphäre und viele Möglichkeiten sich auszutauschen, befördern das produktive Arbeiten. 

Reise nach Jerusalem: Beim weit verbreiteten Desksharing, das schon seit den Nullerjahren praktiziert wird, teilen sich die Mitarbeitenden die Arbeitsplätze. Dabei wird einkalkuliert, dass immer ein Teil der Belegschaft wegen Urlaub und Krankheit abwesend ist und andere Kolleginnen und Kollegen remote arbeiten oder auf Auswärtsterminen sind. Insofern hält der Arbeitgeber weniger Arbeitsplätze vor, als bei voller Besetzung benötigt würden. Das entlastet das Unternehmen finanziell, da weniger Immobilienkosten sowie Aufwände für Büroarbeitsplätze anfallen. Zugleich erhöht das Desksharing die Flexibilität der Mitarbeitenden: Sie können sich so zusammensetzen, wie sie es für ihre Projekte gerade benötigen. Sie können die mobilen Schreibtischeinheiten zur Seite schieben, um sich zu Besprechungen zu treffen. Insgesamt tauschen sie sich mehr miteinander aus, weil sie nicht ihr gesamtes Berufsleben lang nur mit Bärbel und Achim zusammensitzen. 

Smart Offices fördern die Kreativität. Sie vernetzen Menschen, Räume und technische Infrastrukturen und sind komplett auf die Bedürfnisse der Mitarbeitenden ausgerichtet. „Das Smart Office ist ein datenzentrierter Raum, in dem Mitarbeiter sich wohlfühlen sowie gesund, flexibel und produktiv bleiben können. Es optimiert sich selbst durch den Einsatz der jeweils neuesten Technologien: Sensortechnik, Machine Learning und Prozessautomatisierung.“[13] Über eine App regulieren Arbeitnehmer Temperatur und Licht sowie weitere äußere Faktoren. Oder sie verlassen sich auf die automatisierte Steuerung, die sich per Machine Learning immer besser an die Büronutzer anpasst. Sie buchen Räume, bekommen freie Parkplätze zugewiesen und erhalten, ohne aufschließen zu müssen, Zutritt zu Gebäuden und Büros. 

Vorteile für Arbeitgeber

Gelingt es Ihnen, New-Work-Konzepte glaubhaft umzusetzen, steigern Sie als Arbeitgeber den Marktwert des Unternehmens. Das nützt nicht nur im Recruiting, sondern zahlt sich auch in der Employee Experience aus und erhöht so die Mitarbeiterbindung. Eine bessere Work-Life-Balance bis hin zum Work-Life-Blending schafft eine hohe Identifikation mit dem Arbeitgeber. Wenn Sie Ihren Mitarbeitenden genau den Entscheidungsspielraum geben, der individuell zu ihnen passt, danken sie es Ihnen durch eine überdurchschnittliche Motivation, was sich wiederum auf die Produktivität auswirkt. Indem Sie flächendeckend digitale Tools einsetzen und Remote beziehungsweise Hybrid Work ermöglichen, schöpfen Sie Kostensenkungspotenziale aus und werden insgesamt rentabler. Letztendlich erschließen Sie sich, wenn Sie sich zum Arbeitgeber 4.0 entwickeln, neue Jobprofile und damit Geschäftsfelder.

Partnerinhalt: YouTube-Kanal unseres Autors Dominik Josten

Wie denken Mitarbeitende über Hybrid-Work?

Nachteile für Arbeitgeber

Die Einführung von New Work bedeutet immense Veränderungen im Personalmanagement und in der Personalentwicklung. Wenn sich Arbeitsstrukturen wandeln, besteht vor allem in der Übergangsphase das Risiko, dass Prozesse nicht mehr reibungslos ineinandergreifen. Da sich die Arbeitnehmer gleichzeitig an neue digitale Werkzeuge gewöhnen müssen, wird ein Teil von ihnen überfordert sein oder aus anderen Gründen den Neuerungen kritisch gegenüberstehen. Da auch Führungskräfte hinter New Work stehen müssen, wenn Sie diese erfolgreich einführen wollen, gilt es, auch in diese Richtung Überzeugungsarbeit zu leisten. Je nach Unternehmenskultur werden Sie dabei dicke Bretter bohren müssen, denn in traditionell hierarchisch aufgestellten Unternehmen ist Statusdenken weit verbreitet. Wer die Karriereleiter einmal erklommen hat, kann empfindlich darauf reagieren, wenn plötzlich im Team entschieden werden soll. 

Sie sollten sich im Klaren darüber sein, dass New Work sehr hohe Anforderungen an die IT-Infrastruktur stellt. Zwar senken Sie langfristig Ihre Gemeinkosten, doch kommen erst einmal hohe Investitionen auf Sie zu. Vernetztes, cloudbasiertes Arbeiten stellt zudem hohe Anforderungen an den Datenschutz. Stellen Sie sich darauf ein, entsprechende Richtlinien aktualisieren und gegebenenfalls erweitern zu müssen. 

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Zahlt New Work auf Nachhaltigkeitsziele ein?

Weniger Pendeln und Geschäftsreisen: Homeoffice als zentraler Bestandteil von New Work reduziert den CO2-Ausstoß. Zusätzlich lässt sich meist auch der Energieverbrauch für Heizung oder Klimaanlage im Unternehmen sowie für die Strom- und Internetnutzung runterpegeln, wenn Teile der Belegschaft zu Hause bleiben.[14] Doch Achtung: Es gilt, genau hinzuschauen. Zum einen ist mit den gesparten Wegen wenig gewonnen, wenn Frau Özil sonst immer mit dem Bus kommt und Herr Rodriguez als passionierter Radsportler den Weg ins Büro ohnehin mit dem Bike zurücklegt. Zum anderen kommt es darauf an, wie nachhaltig Ihre Mitarbeitenden zuhause unterwegs sind. Bereits in der Organisation umgesetzte Anstrengungen, wie der Bezug von grünem Strom oder nachhaltige Wärmenutzungskonzepte, drohen ihre Wirkung zu verlieren, wenn im Homeoffice nicht mindestens in ähnlichem Maße im Sinne der Nachhaltigkeitsagenda operiert wird.[15] Nicole Gaiziunas, Expertin für Nachhaltigkeitstransformation in Unternehmen, sieht vier Ansatzpunkte[16]: 

  1.  Wie können wir mit digitalen Tools den Ressourceneinsatz reduzieren?
    Durch digitale Kollaboration können Dokumente ja bereits vielfach digital verbreitet und müssen nur noch in den wenigsten Fällen physisch geteilt werden. Sind auch Verwaltungsprozesse entsprechend digitalisiert, müssen auch interne Dokumente wie Arbeitsverträge oder Vereinbarungen nicht mehr gedruckt und hin- und hergeschickt werden – digitale Verschlüsselungs- und Signaturtools machen es möglich. Das spart neben Papier und Portokosten auch noch viel Zeit. 
  2. Können wir unseren Mitarbeitenden ein attraktives Angebot für die Nutzung klimafreundlichen Stroms unterbreiten? 
    Hier wäre etwa eine Corporate-Benefits-Kooperation mit einem passenden Stromanbieter denkbar oder eine Incentivierung durch eine kleine Bonuszahlung bei Nachweis eines passenden Stromvertrags – Voraussetzung bei letzterem ist natürlich, dass die Belegschaft private Informationen überhaupt mit der Company teilen möchte. 
  3. Haben unsere Mitarbeitenden ein Bewusstsein für die achtsame Nutzung ihrer Endgeräte? 
    Auch im Homeoffice sollten Teammitglieder eine energiesparende Nutzung von Geräten anstreben und ihre Laptops etwa nach Feierabend ausschalten und nicht im Standby- oder Ruhemodus weiterlaufen lassen. Doch darüber hinaus gilt es auch, umsichtig mit den Endgeräten umzugehen, damit diese lange nutzbar sind. Dazu zählt auch, dass Laptops sicher aufbewahrt werden – besonders wenn im Homeoffice kein abgetrennter Arbeitsplatz verfügbar ist, sondern am Küchentisch o. ä. gearbeitet wird. 
  4. Können wir unsere IT-Prozesse und -Tools klimafreundlicher ausrichten?
    Und zu guter Letzt: Je dezentraler und digitaler die Company agiert, desto umfangreicher sind die Umweltauswirkungen der genutzten IT-Infrastruktur: Dabei lohnt ein Blick auf den Energiebedarf genutzter Software und Tools sowie Rechenzentren und Cloud-Anwendungen. Denn bislang unterschätzen viele den tatsächlichen Einfluss von Datenströmen und -speicherung auf unseren Planeten.  

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Welche Kritik gibt es an New Work?

Aus Arbeitgeber- und Arbeitnehmersicht können unterschiedliche Aspekte von New Work kritisch gesehen werden. Eine wesentliche Kritik setzt am Konzept selbst an: Es fehlt eine einheitliche Definition von New Work. Daher werden ganz unterschiedliche Aspekte unter New Work angeführt – von der agilen Organisation bis zum Homeoffice. Folglich ist es nahezu unmöglich, New-Work-Initiativen zu evaluieren, da ein verbindlicher Maßstab fehlt. 

Aus Arbeitnehmersicht bergen Ideen wie Work-Life-Blending das Risiko, sich nicht mehr von der Arbeit abgrenzen zu können. Achten Sie daher als Arbeitgeber darauf, dass eine hohe intrinsische Motivation Ihrer Kolleginnen und Kollegen nicht zu Selbstausbeutung führt. Nehmen Sie Ihre Fürsorgepflicht als Arbeitgeber wahr, indem Sie eine gute Employee Experience, Gemeinschaftsgefühl und einen zielorientierten Teamspirit fördern, ohne die Mitarbeitenden emotional unter Druck zu setzen. Auch wenn die Arbeit noch so schön und sinnvoll ist: Mitarbeitende brauchen ihre Freizeit und Gelegenheit, sich zu erholen. 

Ein weiterer Kritikpunkt: Die hohe Abhängigkeit von Technologien kann zu Stress führen und den Informationsfluss behindern. Wenn Kolleginnen und Kollegen bestenfalls sporadisch im Büro zusammenkommen, besteht die Gefahr, dass Informationen verlorengehen oder gar nicht erst ausgetauscht werden, zumal die Digital- und Technologiekompetenz in der Belegschaft unterschiedlich entwickelt ist. In diesem Zusammenhang werden auch Bedenken ins Feld geführt, die den oben genannten widersprechen: Betont ein Unternehmen bei seinem New-Work-Ansatz die digitalen Aspekte statt des gemeinsamen Spaßes an der Arbeit, kann New Work zu Isolation führen, da der selbstverständliche Austausch im Kollegenkreis fehlt. Andere Arbeitnehmer leiden unter einem Mangel an Struktur, da bekanntlich nicht jedem und jeder das Talent zur Selbstorganisation in die Wiege gelegt wurde. 

Bemängelt wird außerdem, dass sich New Work nur für bestimmte Berufsfelder eignet. Viele Beschäftigte müssen körperlich anwesend sein, um zu arbeiten, und haben – beispielsweise in der Fertigung – wenig Spielräume, Abläufe individuell zu strukturieren. In diese Richtung argumentiert auch der Manager und Arbeitsmarktexperte Carlos Frischmuth in seinem Buch „New Work Bullshit“. Er kritisiert vor allem ein verkürztes und oberflächliches Verständnis von New Work: „Der eine oder andere sagt inzwischen, dass er über den Kicker schon längst hinweg ist und schon eine Tischtennisplatte hat. Was soll das? Sind wir im Büro oder bei ‚Schöner Wohnen‘? Ein Büro kann beim emotionalen Wohlfühlfaktor niemals mit dem eigenen Zuhause mithalten. Also versucht es erst gar nicht. Und was hat von so einer Maßnahme ein Busfahrer oder ein Polizist? New-Work-Büros sind definitiv Bullshit im Sinne einer echten und besseren Arbeitswelt, es ist maximal eine Art Lametta. Und es ist auch nicht die Veränderung, die unsere Arbeitswelt wirklich braucht.“  

Frithjof Bergmann, Begründer der New-Work-Bewegung, sagte 2018 in einem Interview, er ärgere sich „sehr, sehr tüchtig“ über die oberflächliche Herangehensweise an sein Konzept: „Für viele ist New Work etwas, was Arbeit ein bisschen reizvoller macht, quasi Lohnarbeit im Minirock.“[17]

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