Von Dominik Josten · 3 Minuten Lesezeit
Mit Spot-Boni, also außerplanmäßigen, individuellen Prämien, lassen sich besondere Leistungen belohnen. Oder durch intransparente Willkür Frust und Neid erzeugen.
„Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft!“ Was einem als Sprichwort schnell über die Lippen kommt, ist tatsächlich längst wissenschaftlicher Konsens. So betont zum Beispiel die Wirtschaftspsychologin Dr. Britta Krahn von der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg (H-BRS), dass Schenken das gesellschaftliche Miteinander stärkt, Zugehörigkeit vermittelt und Bindungen festigt. Alles Effekte, die Unternehmen auch gerne in Bezug auf ihre Mitarbeitenden erreichen wollen.
Doch viele Menschen kennen es etwa von Weihnachten: Wenn Geschenke zu einem Austausch von vorab besprochenen Gütern in festgelegtem Kostenrahmen werden, lässt ihre Wirkung nach. Schenken wird zu einem „mechanischen Austausch“, der dem ursprünglichen Sinn zuwiderläuft.
Und das gilt eben auch für die meisten „Geschenke“ von Unternehmen, die eben keine Geschenke sind, sondern vertraglich, tariflich oder sonstwie vereinbarte Leistungen. Etwa die beliebten Urlaubs- oder Weihnachtsgelder, Benefits und erst recht variable Vergütungen. Sie werden von Mitarbeitenden mehr oder weniger als normale Vertragsbestandteile betrachtet, die ihnen zustehen. Besondere Freude oder gar Anreizwirkung geht von ihnen nicht (mehr) aus.
Prämien zur Hochzeit, zur Geburt oder zu bestimmten Jubiläen haben zwar noch etwas mehr den Charakter eines „Geschenks“, sind aber letztlich auch nur ein Automatismus, der in irgendeiner Betriebsvereinbarung geregelt ist.
Surprise, Surprise – Sonderprämie für Dich!
Daher kommt zur Verbesserung der Employee Experience ein Konzept immer mal wieder auf: die Spot-Boni; Boni, die wie ein Spotlight aufleuchten. Also spontane, nicht vorab vereinbarte Sonderprämien für einzelne Mitarbeitende. Als Dankeschön für besondere Leistungen. Eine nicht nur verbal geäußerte Wertschätzung sozusagen. Sei es in Form von Geld, einer Urlaubsreise oder einem Besuch im Sternerestaurant.
Die Kernidee dabei: Wenn solche „Geschenke“ unerwartet kommen und eben nicht an vorher getroffene Vereinbarungen geknüpft sind, entfalten sie ihre stärkste Wirkung.
Doch damit entstehen auch neue Probleme. Etwa die Gefahr, dass solche „Geschenke“ willkürlich, inkonsistent oder vor allem an „Lieblingsmitarbeitende“ vergeben werden. Wenn klare „Wenn…dann“-Vereinbarungen fehlen, fehlt eben auch die Überprüfbarkeit der Angemessenheit.
Zeit für ein „Pro & Contra“.
Das spricht für Spot-Boni
- Wenn Unternehmen einzelnen Mitarbeitenden ihre Anerkennung ausdrücken wollen, sind ein paar lobende Worte schnell dahingesagt. Keine Frage, Lob und positives Feedback sind wichtig. Eine zusätzliche Prämie, die der Besonderheit des Anlasses gerecht wird, zeigt den Mitarbeitenden aber noch einmal deutlicher, dass ihre besondere Leistung von den Führungskräften wahrgenommen und auch jenseits warmer Worte honoriert wird.
- Anders als variable Vergütungen, Zulagen & Co sind Spot-Boni wirklich freiwillig. Unternehmen müssten kein Geld überweisen oder keinen Urlaub buchen. Dass sie es dennoch tun, sorgt beim Mitarbeitenden für ein positives Gefühl. Und fühlt sich „gerecht“ an, wenn auch der Mitarbeitende umgekehrt „mehr als nötig“ getan hat.
- Und noch etwas trägt zu einem positiven Gefühl bei: Wenn sich Führungskräfte Gedanken darüber machen, was dem einzelnen Mitarbeitenden wirklich gefallen könnte, und das „Geschenk“ einen Bezug zur erbrachten Leistung hat. Das heißt nicht, dass es immer Sachprämien sein müssen, doch wirken sie meist stärker als ein paar Euro extra.
Das spricht gegen Spot-Boni
- Gerade weil Spot-Boni flexibel vergeben werden, besteht die Gefahr, dass sie gewissermaßen willkürlich (oder zumindest inkonsistent) vergeben werden. Und auch wenn das nicht der Fall ist, kann zumindest sehr leicht der Eindruck entstehen, dass einzelne Mitarbeitende bevorzugt werden. Das führt unweigerlich zu einer schlechten Stimmung bei denjenigen, die für ihren (ihrer Meinung nach vergleichbaren) Einsatz keine Sonderprämie erhalten haben.
- Die Willkür-Gefahr erstreckt sich auf eine ganze Reihe von Unklarheiten: Was ist eigentlich eine „besondere“ Leistung? Und wer hat dazu beigetragen? Lässt sie sich einem einzelnen Mitarbeitenden zuschreiben oder ist sie das Ergebnis eines Team-Efforts?
- Der Faktor „ungeplant“ kann auch dafür sorgen, dass Spot-Boni in guten Jahren möglicherweise großzügiger als in schlechten verteilt werden.
- Werden Spot-Boni durch strikte Regelwerke irgendwann zu relativ erwartbaren Prämien, verlieren sie ihre „Geschenk“-Wirkung. Stattdessen entwickeln die Mitarbeitenden Erwartungen und eine Anspruchshaltung. Und die können enttäuscht werden. Die Vergabe von Spot-Boni hat dann keinen positiven Effekt mehr, dafür die Nicht-Vergabe gar einen negativen Effekt.
- Durch Entscheidungsspielräume der Führungskräfte können unterschiedliche Maßstäbe angelegt werden bei der Frage, wieviele bzw. welche „Besonderheiten“ Teil des Jobs sind. Der eine Teamleiter meint, dass die vielen Reisen des Außendienst-Installateurs Teil des Jobs sind. Der andere empfindet mit dem Familienvater, der seine Kinder nur selten sieht, und spendiert einen Bonus.
- Das letzte Beispiel hat noch etwas gezeigt: Wenn Leistungen anders bewertet werden, je nachdem, welche Lebensentscheidungen der Mitarbeitende privat getroffen hat (oder der Führungskraft mitgeteilt hat), begibt man sich als Unternehmen auf dünnes Eis.
Fazit: Schenken mit Fingerspitzengefühl
Heißt das nun also, dass für Geschenke, die die Freundschaft erhalten, im Verhältnis von Arbeitgebern und Arbeitnehmenden kein Platz ist? Nicht unbedingt. Es erfordert aber eine Menge Fingerspitzengefühl – und einen Blick auf wissenschaftliche Erkenntnisse. Laut Dr. Britta Krahn sollten beim Schenken grundsätzlich pauschale Kategorisierungen vermieden werden, weil sie Gleichgültigkeit zum Ausdruck bringen. Wichtig ist auch, die eigenen Interessen und Werte nicht auf die Person zu projizieren, die beschenkt werden soll.
Grundsätzlich immer 250 Euro als Spot-Bonus zu zahlen, unabhängig vom Anlass, ist nicht unbedingt Ausdruck von Wertschätzung. Sich individuell Gedanken zu machen, ist da auf jeden Fall besser. Hat eine Mitarbeiterin, zu deren Job größere Auslandsreisen eigentlich nicht gehören, wegen eines kritischen Projekts über einen längeren Zeitraum ihre Familie nicht gesehen, wäre zum Beispiel eine Reise mit Mann und Kindern ein schönes Geschenk. Und hat ein Projektleiter wegen eines Go-live-Termins den Geburtstag seiner Partnerin verpasst, drückt vielleicht ein besonderes Dinner für zwei im Sternerestaurant aus, dass das Unternehmen sich bewusst ist, dass beide „etwas auf sich genommen haben“.
Aber auch wenn eine Sonderzahlung oder ein Geschenk in Form eines Sachwerts voll bei der damit bedachten Person einschlägt – was ist mit den Kolleginnen und Kollegen? Gerade weil bei ungeplanten Zuwendungen sowohl der Anlass als auch die Art sehr subjektiven Einschätzungen unterliegen, besteht immer die Gefahr, dass sich Einzelne ungerecht behandelt fühlen. Für die Verantwortlichen, die über die Zuwendungen entscheiden, bedeutet das, dass sie einen Spagat hinbekommen müssen: zwischen der Überraschung und dem Ungeplanten auf der einen Seite und einer von allen Beteiligten erlebten Nachvollziehbarkeit auf der anderen Seite. Und dass diese Überlegungen vielleicht auch transparent kommuniziert werden sollten. Besondere Leistungen auch öffentlich zu feiern, ist ohnehin eine gute Idee. Aber das ist ein Thema für sich.
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