Keine Angst vor KPIs
Von Savina Schlichte · 3 Minuten Lesezeit
Kennzahlen (KPIs) sind Teil einer jeden strategischen Planung im Unternehmen. Mit unserer Checkliste identifizieren Sie Ihre relevanten Personalkennzahlen.
Plus, Minus, Mal, Geteilt. Bei vielen Menschen weckt der Gedanke an den Mathe-Unterricht in der Schule nicht unbedingt positive Erinnerungen. Während das kleine Einmaleins vermutlich noch jede*r früher oder später verstanden und verinnerlicht hat (man braucht es auch im Erwachsenenalter einfach zu häufig), assoziieren die meisten mit dem Begriff Wurzeln einen unangenehmen Besuch beim Zahnarzt und nicht mehr den Mathe-Unterricht. Key Performance Indicators (KPIs) sind für die meisten PersonalerInnen eine Kombination aus Wurzelbehandlung und dem Einmaleins: man braucht sie, aber angenehm sind sie nicht.
Die richtigen Personalkennzahlen zu finden ist eine große Herausforderung
In der Unternehmenswelt treffen wir kaum auf Geschäftsführungen, die nicht versuchen, ihren Erfolg anhand von KPIs zu messen. Die Unternehmenskennzahlen sind Teil jeder strategischen Planung. Auf den ersten Blick scheinen sowohl das Einmaleins als auch die KPIs simple Standardformeln zu sein. Aber ist das wirklich so? Ich muss Sie enttäuschen: leider nicht. Im Gegenteil, für viele Unternehmen stellt die Auswahl aussagekräftiger Zahlen eine immense Herausforderung dar. Internetseiten und Lehrbücher bieten zwar jede Menge Standardkennzahlen für jeden Geschäftsbereich. Dennoch eignen sich bei genauer Betrachtung nur wenige für den eigenen Anwendungsfall im Unternehmen.
Falls Sie sich jetzt fragen, wie Sie geeignete Kennzahlen im Personalwesen für sich identifizieren, halten Sie sich einfach an unsere Checkliste. In 10 Punkten zeigen wir Ihnen, dass es gar nicht so schwer ist:
1. Relevanz
Die erste Frage die Sie sich stellen müssen ist, ob die entsprechende Personalkennzahl für Sie relevant ist? Wenn die Begründung des KPI „Das ist doch einfach mal interessant zu wissen“ lautet, sollten bei Ihnen direkt die Alarmglocken läuten. Was für das eine Unternehmen relevant ist, kann für andere wiederum überflüssig sein. Führen Sie sich daher stets Ihre Unternehmensstrategie und -struktur vor Augen, um passende Personalkennzahlen zu definieren.
Betriebe mit einer hohen Fluktuationsrate interessieren sich beispielsweise für das Verhältnis von Neueinstellungen zu Kündigungen in der Probezeit. Bei einem Arbeitgeber mit einer sehr geringen Anzahl von Neueinstellungen wäre diese Zahl dagegen kaum aussagekräftig. Prüfen Sie deshalb die Aussagerelevanz.
2. Messbarkeit
Haben Sie eine für sich relevante Personalkennzahl identifiziert, sollten Sie herausfinden, ob sie auch messbar ist. Eine Kennzahl sollte immer in einer konkreten Zahl darzustellen sein. So sind Vergleiche zu Vorjahren, anderen Abteilungen oder zum Wettbewerb möglich. Versuchen Sie nicht nur Häufigkeiten aufzulisten. Es ist hilfreicher, verschiedene Bereiche in Relation zu setzen. Gute KPIs messen oft bestimmte Anteile an Gruppen und nicht nur die absolute Anzahl. Errechnen Sie also Personalkennzahlen aus Formeln, anstatt Häufigkeiten zu zählen.
Beispielsweise ist die Anzahl an Lernstunden bestimmter Mitarbeitenden nur für sich genommen nicht aussagekräftig. Die Messung wird erst dann hilfreich, wenn man den Zeitaufwand ins Verhältnis mit dem Leistungszuwachs dieser Mitarbeitenden setzt.
3. Verbindlichkeit
Liegt eine Verbindlichkeit vor? Schaffen Sie Anreize für Ihre Mitarbeitenden bestimmte Kennzahlen zu erreichen.
Knüpfen Sie beispielsweise Ziele verantwortlicher Führungskräfte an KPIs, sodass diese sie in alle Teams weitertragen.
4. Eindeutige Abgrenzung
Können wir die Personalkennzahlen eindeutig abgrenzen? Um das zu gewährleisten, müssen Sie diese klar formulieren. Möglicherweise möchten Sie die Diversität in Ihrem Unternehmen steigern? Aber was genau steht dahinter? Die Vorstellungen Ihrer Führungskräfte könnten von Frauen in Führungspositionen, über interkulturelle Teams bis zur Inklusion von Menschen mit Behinderung reichen. Wählen Sie eine eindeutige Sprache, um Missverständnisse bezüglich der Bedeutung zu vermeiden.
5. Ganzheitlicher Ansatz
Ermöglichen die Personalkennzahlen einen ganzheitlichen Ansatz? Betrachten Sie bei der Definition Ihrer KPIs stets das gesamte Unternehmen. Nehmen wir ein Beispiel aus dem Recruiting: Sinkende Kosten pro Neueinstellung. Das scheint zunächst positiv. Wenn dabei jedoch die Qualität der Neueinstellungen leidet, wirkt sich dies vermutlich in kürzester Zeit auch negativ auf Ihren Umsatz aus. Langfristig nutzt es niemandem, wenn sich eine Kennzahl allein betrachtet verbessert, gleichzeitig jedoch anderen Bereichen schadet.
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6. Reliabilität
Ist die Kennzahl reliabel? Eine Kennzahl im HR sollte möglichst messgenau sein. Das bedeutet, dass sich die Messung - ohne eine Veränderung der Umstände - nicht ändern sollte.
Ermitteln Sie beispielsweise einen Kundenzufriedenheitsindex, sollten sich Messungen, die nur eine Woche auseinanderliegen, nicht maßgeblich unterscheiden. Das liegt daran, dass sich dieser Wert kaum innerhalb einer Woche merklich verbessern wird.
7. Validität
Und valide? Misst Ihre PersonalkennzahI das, was sie vorgibt zu messen? Stellen Sie sicher, dass Ihre Kennzahl nur von den relevanten Aspekten beeinflusst wird und nicht durch andere.
Wenn zum Beispiel Incentives der Mitarbeitenden an den Mitarbeiterzufriedenheitsindex gekoppelt ist, misst Ihr KPI wohl nicht mehr wirklich die Zufriedenheit, sondern die Wichtigkeit bzw. Wirkung Ihrer Bonuszahlungen.
Validität bedeutet vereinfacht gesagt, dass die KPI tatsächlich geeignet ist, etwas über die Performance des zu beobachtenden Sachverhalts auszusagen. Das klingt trivialer, als es oft ist. Denn oftmals ist vielen gar nicht klar, was sie eigentlich messen wollen.
8. Handlungsbedarf
Lässt sich anhand der Kennzahl ein Handlungsbedarf ableiten? Nachdem Sie alle Kriterien zur korrekten Definition und Messung des KPI beachtet haben, können Sie nun einen konkreten Nutzen aus ihm ziehen. Stellt ein Unternehmen beispielsweise fest, dass Frauen im Durchschnitt deutlich weniger verdienen als Männer auf vergleichbaren Positionen, wird ein Problem aufgedeckt. Das wiederum schafft eine Grundlage für Veränderungen.
9. Entscheidungshilfe
Liefert die Kennzahl Input für Entscheidungen? Bleiben wir bei der nun sichtbaren Gehaltslücke. Die Kennzahl ist natürlich nur hilfreich, wenn Entscheidungen zur Verbesserung, wie leistungsbasierte Gehaltserhöhungen oder Vergütungskalibrierungsrunden, eingeleitet werden.
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10. Regelmäßigkeit & Konstanz
Kann die Kennzahl Wirksamkeit und Entwicklung regelmäßig und konstant messen? Ein KPI sollte an Daten gebunden sein, die immer wieder erhoben werden. Das heißt, Daten sollten regelmäßig und nicht nur einmalig erhoben werden.
Vergleichen Sie beispielsweise die Zielerreichung des Unternehmens mit dem durchschnittlichen Zielerreichungsgrad der Beschäftigten, um die sinnvolle Kaskadierung im Zielsystem zu prüfen. Im Falle einer großen Lücke, leiten Sie Maßnahmen, wie Schulung der Führungskräfte oder die Einführung eines digitalen Systems ein. Prüfen Sie über die Jahre hinweg, ob diese Lücke kleiner wird.
Diese 10 Kriterien verdeutlichen, dass es beim Thema Kennzahlen viele Fallstricke zu beachten gilt. Lassen Sie sich davon nicht entmutigen! Denn wenn Sie sich an diese Punkte halten, kann nicht mehr viel schiefgehen. Außerdem bietet die fortschreitende Digitalisierung gleichzeitig neue Chancen. Unternehmen setzen in Ihren Personalabteilungen zunehmend auf Softwarelösungen. Diese erleichtern Ihnen die Arbeit und liefern nebenbei auch noch eine große Menge an Daten.
Mit der Arbeit auf Papier oder in Exceltabellen war es bis vor einigen Jahren noch sehr mühsam und fehleranfällig, die richtigen Daten zusammenzutragen. Heutzutage sind Sie nur wenige Klicks von Auswertungen zu Ihren beliebtesten Schulungen, kritischen Kompetenzen, möglichen Gehaltslücken oder effizientesten Recruitingkanälen entfernt.
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