Projekt-Kater strategisch vorbeugen
Von HR HEUTE-Redaktion · 3 Minuten Lesezeit
Sprung ins kalte Wasser und keine klare Linie: Wir verraten Ihnen, was bei HR-Software-Projekten die Veränderungsbereitschaft senkt und wie es besser geht.
„Einfach machen“, kann für vieles gut sein, nicht aber für umfassende Veränderungsprojekte. Ist eine HR-Software-Implementierung einmal falsch aufgegleist, wird es mühsam, Fahrt aufzunehmen und das – möglicherweise ebenfalls unzureichend definierte – Projektziel zu erreichen. Nachdem wir Ihnen fünf Tipps an die Hand gegeben habe, wie der Change gelingt, stellen wir Ihnen hier drei Fehler vor, die die Veränderungsbereitschaft dämpfen.
1. Sprung ins kalte Wasser
Wer per Hausmitteilung verkündet bekommt, dass in den nächsten Monaten eine Software eingeführt wird, die die Employee Experience sowie den eigenen Arbeitsalltag komplett umkrempelt, dürfte nicht gerade begeistert reagieren. Es hat fatale Konsequenzen für die Veränderungsbereitschaft, wenn Belegschaften eher in Projekte hineinstolpern, statt sie informiert und strukturiert anzugehen. Das fängt schon damit an, dass sich die Führungsebene nicht die Zeit für ein gut gestaltetes Kick-off nimmt. Sie lässt die Mitarbeitenden im Unklaren darüber, was mit dem Projekt erreicht werden soll, und hat mitunter auch für sich selbst das Ziel nicht klar definiert. Bei einem Projekt, das mit diffusen Vorstellungen startet, kommt allerdings selten etwas Überzeugendes heraus.
Employee Experience - was zählt ist das Erlebnis?
Employee Experience steht trotz hoher Dringlichkeit nicht bei jedem Unternehmen auf der Agenda. Warum das ein Fehler ist und worum es bei dem Buzzword geht.
Auch ein schlechtes Betriebsklima mit Unstimmigkeiten im Management lässt den Projektstart holpern – seien es interne Differenzen oder eine mangelnde Abstimmung im Vorfeld. Daher sollte HR nicht allein entscheiden, eine bestimmte Software einzuführen. Vielmehr müssen auch die Führungskräfte und die internen Kunden, die Mitarbeitenden, dahinterstehen. Bei Ihren Kolleginnen und Kollegen gelingt Ihnen das am besten, indem Sie sie von Betroffenen zu Beteiligten machen, ihnen also die Gründe für die Einführung erläutern und sie vom Nutzen überzeugen. Wenn es schon beim Start ruckelt, bezahlen Sie das schlimmstenfalls teuer mit schlechter Laune – leider nicht nur mit Ihrer eigenen Verdrießlichkeit, sondern mit griesgrämigen Kollegen und unzufriedenen Kolleginnen. Wer die zwischenmenschliche Ebene unterschätzt, kämpft mitunter jahrelang gegen Windmühlen. Das muss nicht sein.
2. Keine klare Linie
„Klar bleiben wir im Standard, aber doch bitte nicht in diesem.“ Eine HCM-Suite ermöglicht, Prozesse zu vereinheitlichen und zu vereinfachen. Sie bietet Workflows, die sich unternehmensindividuell anpassen lassen. Dabei ist es zwar notwendig, firmenspezifische Details in der HR-Software nachzujustieren. Wenn allerdings hinterher vom Standard kaum noch etwas bleibt, haben Sie das Kind mit dem Bade ausgeschüttet. Als Verantwortliche für den Change müssen Sie darauf bestehen, dass sich alle an die einmal definierten Prozesse halten.
So fördert es die Veränderungsbereitschaft nicht, wenn das Top-Management eine Linie vorgibt, aber einzelne „Herrscher“, Führungskräfte im mittleren Management, sich darüber hinwegsetzen und einfach ihr Ding machen. Damit torpedieren sie nicht nur das Projekt, sondern werden auch ihrer Vorbildfunktion nicht gerecht. Geben Sie allen vor Projektbeginn die Möglichkeit, Bedenken zu äußern und Fragen zu stellen. Dann können Sie in einer frühen Phase Schwachstellen eliminieren und Verbesserungsvorschläge aufgreifen. Schießen Kolleginnen und Kollegen aus einzelnen Abteilungen oder Landesgesellschaften später quer, können Sie darauf verweisen, dass sie ihre Einwände früher hätten formulieren müssen.
So schwer es fällt: Um Veränderungen zu verstetigen, gilt es, auch den weniger IT-Affinen gegenüber konsequent zu sein. Es wird immer Mitarbeitende geben, die sich einen Weg um die neue IT herumbauen wollen, weil sie mit der Software nicht zurechtkommen. Bieten Sie viel Hilfe an, neue Prozesse zu erlernen, aber tolerieren Sie auf Dauer keine Sonderwege. Auch wenn die Kollegin oder der Kollege nur noch wenige Jahre bis zur Rente hat: Akzeptieren Sie keine Urlaubsanträge über die alten ausgedruckten Formulare mehr. Nur wenn sich alle an die neuen Prozesse halten, werden diese sich durchsetzen.
3. Und jetzt? Projektkater
Mit Schwebezuständen kommen Mitarbeitende schlecht zurecht. Vermeiden Sie daher, von der Softwareeinführung sang- und klanglos in den Produktivbetrieb überzugehen. Setzen Sie stattdessen ein deutliches Zeichen und bedanken Sie sich bei allen Beteiligten, wenn ein Projekt abgeschlossen ist. Das wäre auch die richtige Gelegenheit, um die Kolleginnen und Kollegen auf Weiterentwicklungen und Prozessanpassungen einzustimmen. Genau genommen beginnt nach dem Go-live eine andere Form der Arbeit am Digitalisierungsvorhaben.
Es fällt Ihnen dann auf die Füße, wenn nicht geklärt ist, wer für den Support und Betrieb verantwortlich ist. In Zeiten von dynamischen, cloudbasierten Services muss das nicht unbedingt die IT-Abteilung sein. Es wäre fatal, davon auszugehen, dass diese automatisch übernimmt. Direkt nach dem Produktivstart beginnt eine etwa vierwöchige Hypercare-Phase. Support, Ticket und Anfragen laufen in der Regel noch über das Projektteam und den Dienstleister. Über die Zeit danach sollten Sie sich früh genug Gedanken machen. Halten Sie Ressourcen für den Support vor und bedenken Sie, dass weitere Kosten anfallen. Entsprechende Regelungen sollten in die HR-Governance einfließen. Je nach Aufbau des Unternehmens empfiehlt es sich, Process Owner auf zentraler und lokaler Ebene zu benennen.
Das interne Change Management, die Organisationsentwicklung, ist gut in der Personalabteilung aufgehängt. Es ist dafür zuständig, die Veränderungsbereitschaft bei den Mitarbeitenden hochzuhalten. Hierfür bietet sich auch die Rolle des New Work Officers an, der die Mitarbeitenden methodisch an die Hand nimmt. Sie können auch gezielt Menschen zu Change Agents ausbilden. Außerdem sollte jede Führungskraft eine Change Managerin sein. Als interne Externe sind Personaler gefragt, in Einkauf, Vertrieb, Logistik und so weiter Verbesserungspotenziale aufzudecken und entsprechende Prozesse anzustoßen.
Hören und lesen Sie mehr zum Thema
Teilen