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Zwischen Krisen, neuen Regeln und Selbstfürsorge
Wieder ein neues Jahr. Immer noch Krise. Und Inflation. Und Unsicherheit. Was heißt das für HR? Was wird dieses Jahr wichtig? Ein Gespräch mit HR HEUTE Redakteurin Bianca Lampart.
Von Dominik Josten
HR kann mehr - Folge 28 - HR Trends 2023
Dominik Josten: Hallo und herzlich willkommen im HR HEUTE Podcast. Heute geht es um die HR Trends 2023, also was werden wichtige Themen im nächsten Jahr und welche Herausforderungen stehen im HR, für HR an? Konkret aufs kommende Jahr bezogen, also ohne die allseits bekannten, langfristigen Mega-Trends wie Digitalisierung, Alterung der Gesellschaft usw., die wohl inzwischen jeder kennen sollte. Nachdem die letztjährige Folge sehr beliebt war, habe ich mir auch dieses Jahr wieder meine wunderbare Kollegin Bianca Lampart eingeladen, die wie auch im Vorjahr die verantwortliche Redakteurin für die Trends-Artikel auf HR Heute war. Wir werden übrigens auch noch eine separate Folge für die Recruiting-Trends machen, die erscheint außer der Reihe kurz nach dieser hier. Für die, die es nicht von der letztjährigen Folge wissen, ist Bianca eine eher ungewöhnliche HR-Redakteurin, denn sie kommt nicht aus dem Journalismus oder so, sondern hat 17 Jahre lang im HR-Bereich verschiedener Unternehmen operativ gearbeitet. Sie hat in drei Ländern gelebt, spricht vier Sprachen, hat weltweit Entsendungen organisiert und ist außerdem zertifizierter Kurzzeitcoach, ein spezielles Coachingformat, bei dem es darum geht, in 60 Minuten konkrete Probleme zu lösen. Sie weiß also wirklich, wovon sie redet und ich würde mal vermuten, so viel Praxiserfahrung haben die wenigsten HR-Redakteure. Das war ja auch der Grund, warum wir sie zu uns ins Team von HR Heute geholt haben. Aber genug der Vorrede, jetzt erstmal herzlich willkommen Bianca, schön, dass du wieder dabei bist.
Bianca Lampart: Hallo Dominik, ich grüße dich. Ich freue mich auch.
Bianca über ihre neue Rolle
Dominik Josten: Ja Bianca, wir haben ja schon beim letzten Mal über deinen etwas ungewöhnlichen Wechsel aus der HR-Praxis heraus eben in diesen Redakteursjob, in diesen halben Marketingjob, gesprochen. Wie fühlt es sich jetzt an so knapp ein Jahr nach diesem Wechsel? Dieses Gefühl, dass deine Artikel mehrere Tausend Mal im Monat gelesen werden?
Bianca Lampart: Ja, sehr gut in der Tat. Es ist total schön zu sehen, welche Reichweite man hat. Das war ja das, was ich mir gewünscht habe. Das Gefühl, wirklich etwas bewirken zu können und wenn man jetzt die Zahlen sieht, du hast ja auch gerade gesagt, unser letzter Podcast war sehr erfolgreich, ist das schon echt schön.
Dominik Josten: Das glaube ich. Es ist ja manchmal auch etwas ganz anderes wahrscheinlich. Vorher hast du ja viel so im Einzelgespräch eher gearbeitet, da hat man natürlich so ein bisschen diese direkte Rückmeldung.
Bianca Lampart: Genau, da sprichst du was an, das ist natürlich abstrakter. Man sieht vielleicht die Zahlen, aber da stehen ja keine Individuen, also keine Menschen dahinter, mit denen man wirklich interagiert. Von daher ist es abstrakter.
Dominik Josten: Ja, das stimmt. Wir müssen vielleicht nächstes Mal die Kommentarfunktion einbauen, damit man auch mal schreiben kann, in den Austausch kommen kann. Das wäre wirklich spannend.
HR-Trends 2023 – Personalarbeit, weit weg von langweilig
2023 wird der Personalabteilung erneut Krisenfestigkeit abverlangen. Worauf sich HR noch einzustellen hat, erfahren Sie in unseren HR-Trends 2023.
Was ist Kurzzeit Coaching?
Dominik Josten: Damit die Zuhörer dich noch ein kleines bisschen näher kennenlernen, ich hatte es ja schon mal erwähnt, du hast ja viele unerkannte Talente, aber eins davon ist eben auch dieses Kurzzeitcoaching. Da gebe ich ehrlich zu, das ist etwas, da hatte ich bis vor Kurzem, bis du es erzählt hast, noch gar nicht wirklich so richtig drüber gehört, das nicht so auf dem Schirm. Bevor wir ins Thema einsteigen, um dich nochmal so ein bisschen kennenzulernen, vielleicht kannst du mal erzählen, worum geht es da eigentlich genau? Was ist das?
Bianca Lampart: Total gerne, ich bin Fan von diesem Format. Das lösungsfokussierte Kurzzeitcoaching ist tatsächlich ein ca. 60-minütiges kreatives und inspirierendes Gespräch. Im Großen und Ganzen geht es um Hoffnung, Möglichkeiten und eigene Ressourcen und damit auch um Veränderung. Es ist tatsächlich ein sehr hilfreiches Format zur Stärkung von Resilienz.
Dominik Josten: D. h. wie muss man sich das vorstellen? Ist es dann wirklich nur einmal 60 Minuten? Dann wäre es ja ein normales Coaching, wenn es jede Woche 60 Minuten wäre, sondern es ist ein spezielles Format, um in dieser Zeit ein Problem anzugehen, oder?
Bianca Lampart: Genau. Man schaut sich eine konkrete Fragestellung an und bearbeitet die dann in 60 Minuten. In der Regel sind danach dann auch dieses Gespräch und diese Problematik beendet. Es kann sein, dass es noch eine Folgesitzung gibt, das obliegt dem Coachee, ob er da noch Bedarf hat, aber in der Regel kann man sagen „60 Minuten, that’s it“.
Dominik Josten: Spannend. Es gibt dann so eine Methodik, du musst dann selber als Coach dich auch nicht selber in dem Thema auskennen, also wenn jetzt irgendein Kollege von uns sagt „ich habe hier ein Problem“ und dich anpingen würde, könntest du ihm dann helfen oder muss das ein Thema sein, wo du dich auskennst oder ist es wirklich so neutral, dass es einfach eine Methode ist, wo du quasi durch Fragestellung dem Coachee hilfst? Wie muss man sich das vorstellen?
Bianca Lampart: Genau. Es geht um eine spezielle Fragetechnik, d. h. inhaltlich muss ich mich nicht mit dem Thema auskennen und letztendlich ist es eine Methode, dem Coachee tatsächlich selbst zu helfen. Dieser Coachingansatz geht davon aus, dass der Coachee sein eigener Experte ist für sich selbst. D. h. hat er im Grunde die Lösung oder Teile von der Lösung bereits in sich, aber du weißt ja wie das manchmal ist, man sieht den Wald vor lauter Bäumen nicht und man vergisst vielleicht die Lösung oder die Ressourcen, die man für die Lösung des Problems in sich trägt. Ich als Coach unterstütze halt mit gezielten lösungsfokussierten Fragen dabei, wieder Zugang zu den eigenen Ressourcen und Stärken zu finden.
Dominik Josten: Spannend.
Bianca Lampart: Im Grunde ist es ja so, eine eigene Lösung ist ja irgendwie einprägender und nachhaltiger als, ich sage jetzt mal, Ratschläge von außen.
Dominik Josten: Absolut. Sich selbst geholfen zu haben, fühlt sich a) besser an und b) lernt man natürlich auch viel mehr. D. h. es könnte jetzt quasi, wenn jetzt irgendeiner unserer Kollegen das hier hört und sagt „ich habe hier auch ein Problem, wo ich gerade nicht weiter weiß“, dich sozusagen mal anpingen und fragen „hey, Bianca, hast du mal dann und dann eine Stunde Zeit?“ und dann könntest du ihm quasi helfen?
Bianca Lampart: Genau so. Würde mich freuen.
Dominik Josten: Da bin ich mal gespannt. Liebe Kollegen, falls das jemand hört, ein Wink mit dem Zaunpfahl. Nein Spaß, aber freut mich ja, ist ja mega, was wir für Talente hier alles im Unternehmen haben.
Nun gut, lass uns vielleicht zum eigentlichen Thema kommen, HR Trends 23. Dein Artikel dazu ist Anfang Dezember erschienen und ich würde vorschlagen, wir gehen einfach so ein bisschen der Reihe nach durch, welche Themen es eben letztlich in deine Top 5 geschafft haben.
Trend 1 – Umgang mit Gehaltserwartungen durch Inflation
Dominik Josten: Trend Nummer 1, das betrifft ein Thema, das aktuell sehr präsent ist und in vielen Köpfen ist und dessen Auswirkungen HR im nächsten Jahr wahrscheinlich mit zu kämpfen haben wird, es geht um Inflation.
Bianca Lampart: Genau und das liebe Geld.
Dominik Josten: D. h. was ist der HR Trend dann für nächstes Jahr?
Bianca Lampart: Was du gerade sagtest, also wir erleben eine sehr starke Inflation, steigende Lebenshaltungskosten, die Energiepreise und all das treibt natürlich auch die Gehaltserwartung der Beschäftigten aktuell in die Höhe. Das Ganze wird dann noch befeuert durch die signifikanten Tarifabschlüsse, die es gerade gibt, sei es jetzt IG Metall oder auch in der Chemie- und Pharmaindustrie und das strahlt natürlich auch auf den außertariflichen Bereich aus, d. h. Arbeitgeber sind in Zugzwang.
Dominik Josten: Hast du auch dann mal Tipps, Vorschläge, wie man damit umgehen kann? Es kann sich ja vielleicht nicht unbedingt jedes Unternehmen mal so eben leisten, die Gehaltskosten entsprechend anzupassen?
Bianca Lampart: Genau das ist nämlich der Punkt, weil viele tatsächlich selbst mit einer Unsicherheit kämpfen, was die eigene Geschäftsentwicklung angeht. Von daher geht’s ein bisschen darum, den goldenen Mittelweg zu finden, der weder die Mitarbeitenden enttäuscht noch die eigene Substanz gefährdet. Viele greifen natürlich erstmal zur steuerfreien Inflationsausgleichprämie, aber auch da muss man ja sagen, die muss ja auch erstmal bezahlt werden. Aber zumindest kommt die voll bei den Mitarbeitenden an und verschafft etwas Luft.
Dominik Josten: Ich glaube du hattest ja auch mal so ein bisschen angesprochen, Geld ist natürlich nicht alles. Erlebst du auch, dass Unternehmen versuchen über andere Faktoren oder sowas einen Mehrwert zu bieten, wenn sie sagen „Cashflow ist gerade nicht so“?
Bianca Lampart: Auf jeden Fall. Tatsächlich ist Kreativität gefragt. Unternehmen könnten bspw. auch den relativen Lohn pro Arbeitsstunde dadurch erhöhen, indem sie vielleicht mehr Urlaub gewähren oder eine Gehaltsreduzierung (gemeint ist Stundenreduzierung, Anm. d. Red.) bei gleichem Gehalt anbieten. Ich meine klar, das ist zwar keine reale Steigerung, aber für viele, zumindest Besserverdienende, kann das trotzdem eine sehr reizvolle Alternative sein.
Festzuhalten ist auch, dass natürlich auch Maßnahmen, die sich so gar nicht auf den Gehaltszettel auswirken, auch die Mitarbeiterbindung nach wie vor unterstützen. Nicht für jeden sind die Inflationsraten tatsächlich ein Problem. Von daher bleiben weiche Faktoren wie Weiterbildung, Karriereperspektiven und zeitliche und räumliche Flexibilität total wichtige Argumente.
(Wieder) mehr Spaß und Freude am Job finden
Job Crafting: Wie Mitarbeitende die eigene Arbeit proaktiv gestalten und Personaler sie dabei unterstützen können.
Trend 2 – (Rückkehr der) Zeiterfassung
Dominik Josten: Kommen wir zu Trend 2, wahrscheinlich das Aufreger-Thema. Die eigentlich ja wenig überraschende Erkenntnis, dass ein EuGH-Urteil nicht einfach ignoriert werden kann. Die Rede ist natürlich vom Thema Zeiterfassung. Nimm uns doch nochmal kurz mit, was passiert ist und was das jetzt für HR bedeutet.
Bianca Lampart: Genau, seit September gibt es ja ein aktuelles BAG-Urteil zu dem Thema und der Gesetzgeber ist jetzt gefragt, das EuGH-Urteil, was ja schon aus dem Jahr 2019 stammt, nun endlich in nationales Recht umzusetzen. Das heißt für die Praxis: Arbeitgeber werden sich jetzt um die systematische Erfassung von Arbeitszeit kümmern müssen.
Zeitwirtschaft mit SAP SuccessFactors oder SAP HCM?
Gute Nachrichten: Effiziente Arbeitszeiterfassung ist sowohl mit SAP HCM als auch mit SAP SuccessFactors möglich. Doch welche Lösung ist am besten geeignet?
Dominik Josten: Ich glaube, was ganz wichtig ist, das habe ich auch in dem Artikel gelesen oder auch selber geschrieben, der BAG hat ja auch gesagt „das gilt ab sofort“. Es gibt keine Übergangsfrist.
Bianca Lampart: Genau, keine Schonfrist, keine Übergangsfrist, es gilt ab sofort.
Dominik Josten: D. h. würdest du jetzt sagen, guter Rat ist teuer, sollte man jetzt sofort instant anfangen, Zeiten zu erfassen oder was wäre dein kurzfristiger Ratschlag?
Bianca Lampart: Tatsächlich sind Unternehmen angehalten ab sofort Arbeitszeit zu erfassen. Das ist wahr. Allerdings können sie auch erstmal an die Selbstaufzeichnung der Mitarbeitenden appellieren, also dass sie erstmal selbst aufzeichnen, so lange noch kein Zeiterfassungssystem im Einsatz ist. Letztendlich gilt es sich vorzubereiten. Das Thema wird kommen.
Dominik Josten: Man muss die Zeiten erfassen. Komplette Vertrauensarbeitszeit wird nicht mehr funktionieren. Details sind noch unklar. Wir kennen es ja selber auch, wenn dann plötzlich alle danach rufen und sagen „wir brauchen jetzt ein Zeiterfassungssystem“, dann viel Glück bei der verfügbaren Anzahl der Berater dazu. Das haben wir ja schon bei Kurzarbeitern erlebt zu Beginn der Pandemie. Ich glaube diese beiden Trends, das kann jeder nachvollziehen, das wird dieses Jahr kommen und zwar auch relativ bald. Gehaltsrunden sind ja meistens schon am Anfang des Jahres.
Trend 3 – Innovationskraft stärken in Zeiten von Einstellungsstopps
Dominik Josten: Lass uns doch vielleicht mal direkt zum nächsten Thema übergehen. Jetzt hatten wir zwei schon sehr klassische HR-Prozesse mit Vergütung und Zeitwirtschaft, die trotzdem zurecht unter den Trends sind. Bei dem Trend 3 geht es um etwas anderes. Es geht um Agilität, um Innovationskraft, um individuelle Entwicklung. Was ist da deine Erkenntnis oder deine Prognose für das nächste Jahr?
Bianca Lampart: Wenn man sich anschaut Fachkräftemangel, drohende Rezession, mögliche Gefahr von Einstellungsstopps, da steht HR ja schon vor der zentralen Frage „wie Innovationen garantieren, wenn von außen tatsächlich halt weniger frisches Blut ins Unternehmen fließt?“. Auch hier ist wieder Kreativität gefragt. Mehr rauszuholen aus dem, was man hat, ohne allerdings die Organisation zu überfordern. Deswegen glauben wir, dass 2023 auch im Zeichen von betrieblicher Weiterbildung stehen wird. Insbesondere mit dem Fokus auf internen und informellen Kompetenzaufbau und Wissenstransfer, denn, das kennen wir ja auch schon, in Krisenzeiten wird halt meist das externe Weiterbildungsbudget als Erstes gestrichen oder gekürzt, ähnlich wie Reisekosten.
Dominik Josten: Absolut. Es ist ja ohnehin teilweise durchaus diskussionswürdig, ob jetzt jedes Seminar, jede Schulung, wo man da irgendwo so hingeschickt wird, ob die jetzt wirklich so viel bringt. Da ist wahrscheinlich die Verankerung im Alltag wahrscheinlich ohnehin besser. Jetzt hast du irgendwann mal zwischendurch erzählt, du hast ja auch mit ein paar anderen Unternehmen gesprochen und es war auch dieses Thema weiches Jobrotation, Jobsharing ist wieder da irgendwie, oder?
Bianca Lampart: Genau, also gab es ja immer schon, aber tatsächlich habe ich beobachtet, dass Unternehmen wieder häufiger zu internen Jobrotationen oder auch einer Art Jobsharing greifen, um Innovation und Kreativität zu fördern und dass sie die Stellen noch mehr an den Stärken und Kompetenzen der Mitarbeitenden ausrichten. Ich habe letztlich wieder verstärkt gehört, dass Mitarbeitende bspw. nur zu 70 Prozent ihren eigentlichen Kernjob machen und dann ihre Stärken zu 30 Prozent an anderer Stelle einbringen, z. B. in speziellen Task Forces. Und andere wiederum sind mit ihren Kenntnissen der ergänzende Counterpart und es erfordert gute Kommunikation, Koordination, aber es ist durchaus machbar.
Dominik Josten: Also weg von diesem ganz starren „Personalerjob ist ein Personalerjob“ und dann ist man 100 Prozent Abrechner oder sowas, sondern auch ungewöhnliche Kombinationen, keine Ahnung „50 Prozent Abrechner, 50 Prozent Vertriebler“, wenn man da ein Vertriebsgen dafür hat oder sowas. Das ist so ein bisschen das, was da rauskommt, oder?
Bianca Lampart: Genau, agilere Aufgabenverteilung und, ich nenne es jetzt mal, fluidere Stellenbeschreibung. Einfach um den volatilen Rahmenbedingungen gerechter zu werden, den Unternehmensanforderungen gerechter zu werden und wer weiß, vielleicht kann man ja mit solchen Formaten helfen, Entlassungen zu verhindern.
Dominik Josten: Absolut. Eigentlich ist es ja total naheliegend, wenn man so drüber nachdenkt. Viele Menschen haben einen Job, wo sie 60-70 Prozent von mega gut finden und halt einen anderen Teil halt nicht. Wenn man das ein bisschen gut hinkriegt und man findet jemanden, der den anderen Teil mega gut findet, dann kann man das ja durchaus ein bisschen wild kombinieren. Man muss sich nur manchmal trauen. Lösen von diesem starren Korsett, Abteilungskorsett. Am Ende sind wir doch alle ein Unternehmen, ob jetzt die Personen offiziell auf einer Marketingkostenstelle, auf einer HR-Kostenstelle, auf einer Controllingkostenstelle ist, wenn in Summe der maximale Benefit für das Unternehmen erreicht wird. Mega spannend und kann ich auch total nachvollziehen, dass gerade auch diese besondere Konstellation, die wir jetzt haben, du hast es ja erwähnt, auf der einen Seite Fachkräftemangel etc., das bleibt ein Problem und gleichzeitig mit der ganzen wirtschaftlichen Situation, erlebt man ja durchaus, dass nicht alle sagen „stellt 20 neue Leute ein“.
Trend 4 – Resilienz stärken
Dominik Josten: Jetzt kommen wir schon direkt zum nächsten Thema. Das ist jetzt eins, das finde ich auch sehr spannend. Wir haben ja gefühlt drei Jahre Dauerkrise hinter uns, erst Pandemie, dann Homeoffice, Isolation, zwischendurch gab es die Lieferkettenprobleme, die sind schon fast vergessen, dann natürlich jetzt den schlimmen Krieg, die Inflation, das Thema Energiekrise. Ganz zuletzt verstärkt die Gesundheitskrise, jetzt betrifft es gerade vor allem Kinderkliniken. Das ist ja wirklich auch erschreckend zu sehen. Ich glaube, wenn das alles uns eines gelehrt hat, dann, dass man als Unternehmen dringend an der eigenen Resilienz, du hast das Wort vorhin schon mal in den Mund genommen, arbeiten muss. Vor allem der Mitarbeitenden, weil die müssen das ja alles irgendwie aushalten und bewältigen im Privaten und als Menschen einfach und trotzdem ja noch irgendwie ihrer Arbeit nachgehen. Von daher, dein Trend 4.
Bianca Lampart: Du hast es gerade gesagt, Resilienzstärkung für das Unternehmen, für die Mitarbeitenden und viele Unternehmen haben ja schon angefangen, ein Gesundheitsmanagement breit gefächert aufzubauen mit Angeboten zu Sport, Entspannung, Ernährung.
Ich glaube es gilt das weiter auszubauen und aufzubauen. Wichtig für diesen Trend war mir aber auch zu sagen, es gibt halt kein Patentrezept für Resilienz. Wie soll ich sagen? Kein „one size fits all“-Modell. Menschen gehen unterschiedlich mit Krisen um und jeder reagiert auf Stressoren auch anders.
Von daher werden HR und auch die Führungskräfte gefragt sein, noch mehr Bewusstsein für das Individuum zu schaffen und auch noch individueller auf die einzelnen Mitarbeitenden einzugehen, indem HR und Führungskräfte jederzeit ein offenes Ohr für ihre Mitarbeitenden haben, aktiv auf sie zugehen und auch bereit sind, bei Bedarf noch persönlicher Gespräche mit den Mitarbeitenden zu ihren Sorgen und Nöten zu führen.
Dominik Josten: Ein wichtiges Wort dabei ist auch Emotion, oder?
Bianca Lampart: Ja, total.
Dominik Josten: Das ist nicht nur ein Prozess, wo man sagt „das hat einen Input und einen Output“, sondern im Endeffekt...
Bianca Lampart: Tatsächlich geht es in diesem Zusammenhang auch darum, einen neuen Zugang zu Emotionen zu finden und tatsächlich auch das Führungsverständnis generell zu überdenken. Sind wir mal ehrlich, die Zeiten sind ja vorbei, ich sage es mal etwas überspitzt, in denen die Führungskräfte unbeirrt und mit fast allen Antworten im Gepäck voranschritten. Das ist ja ein Führungsirrglaube, den man ja heute so nicht mehr aufrechterhalten kann und sollte. Heute versammeln Führungskräfte Menschen um sich, indem sie menschlich und nahbar sind. Das bedeutet auch, dass sie ihre eigenen Emotionen zeigen und gleichzeitig regulieren und regulieren können. Ich glaube beides ist total essenziell für moderne Führung. Genauso wie es darum geht, Mitarbeitenden ihre eigenen Emotionen zuzugestehen und diese als Führungskraft auch mal auszuhalten.
Dominik Josten: Absolut. Beides Menschen. Deswegen nicht so tun, als ob es nicht so wäre. Emotionen gehören dazu. Dass man sich mal Sorgen macht und sich als Mitarbeiter genauso Sorgen macht wie man sich als Führungskraft über Dinge Sorgen macht, das dürfen glaube ich auch ruhig beide wissen und hilft wahrscheinlich beiden, wenn sie es voneinander wissen, dass sie nicht alleine sind.
Bianca Lampart: Absolut.
Dominik Josten: Spannendes Thema. Ich finde es zeigt auch wieder die Vielfalt von HR, von administrativen Themen wie der Zeiterfassung über ein bisschen klassische Businessthematiken wie Gehaltserwartungen, Inflationsumgang, die menschliche Seite, die Emotionen, die Resilienz, aber natürlich auch so diese Förderungsstärkenseite durch das ganze Thema Weiterbildung, Konzepte da zum Wissenssharing. Mega spannend.
Empathische Führung
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Trend 5 – HR "Burn-Out" verhindern
Dominik Josten: Jetzt hattest du gerade schon mal das Thema Resilienz, Emotionen. Da ist der Punkt 5, das ist, „krönender Abschluss“ ist vielleicht das falsche Wort, aber es passt so richtig schön rein. Für mich hat das eine Erinnerung geweckt wie die Pflegekräfte zum Höhepunkt der Pandemie wirklich Unmenschliches geleistet haben und den Laden irgendwie zusammengehalten haben, sich aufgeopfert haben, als die meisten anderen sich im Homeoffice verkriechen konnten und dann irgendwann verständlicherweise auch nicht mehr konnten. So ein ganz kleines bisschen erlebst du im HR ein Gefühl von einem HR-Burnout, habe ich das richtig verstanden?
Bianca Lampart: Ja genau, ich habe es so genannt. Wie du es schon gesagt hast, die haben ja auch wirklich etwas durchgemacht. Wenn wir uns mal die Pandemie angucken: Kurzarbeit organisieren, Regeln für Remote Work schaffen, Infektionsschutzgesetz umsetzen, Expatriates aus dem Ausland zurückholen. Jetzt vielleicht wieder ob der aktuellen Gegebenheiten: Kurzarbeit, Einstellungsstopps, vielleicht Lücken mit Personal aus dem Ausland stopfen. Die Liste der außergewöhnlichen To-Dos für HR ist echt lang.
Dominik Josten: Das stimmt. Wir hatten ja auch mal darüber gesprochen, es geht gar nicht darum, auch in meinem Beispiel gerade, das jetzt, was die machen, mit dem gleichzusetzen, was Ärzte und Pflegekräfte geleistet haben. Ich glaube, Entschuldigung liebe HR-ler, was die da getan haben oder leisten mussten und auch immer noch leisten müssen, das ist nochmal auf einem anderen Level. Aber trotzdem, du hast es richtig gesagt, für engagierte HR-Abteilungen, die sich irgendwie verantwortlich fühlen für die Mitarbeitenden im Unternehmen, waren die nicht ohne. Was ist denn jetzt quasi deine Diagnose, dein Trend, was muss da jetzt passieren? Was ist die Herausforderung?
Bianca Lampart: Was du schon sagtest, liebe Personaler, überwindet eure Burnoutphase (lacht). HR hat ja tatsächlich eine Vorbildfunktion seit eh und je. Wenn es HR schlecht geht, hat es automatisch Auswirkungen auf die gesamte Organisation. Gerade wenn der Personalbereich klein ist, besteht die Gefahr, dass man sich gegenseitig mit negativen Gefühlen ansteckt oder mit so einer Art Weltuntergangsstimmung. Ich glaube der Schlüssel liegt darin, neue Inspiration zu suchen, die Fühler auszustrecken und offen für frische Ideen zu sein und zwar von innen, aber auch von außen.
Dominik Josten: Ich meine das klingt jetzt natürlich so „überwindet euren Burnout“, uns ist völlig klar, dass das nicht so einfach geht, sondern was damit gemeint ist in dem Fall für Abteilungen ist ja so ein bisschen „vergesst euch auch nicht selbst“.
Bianca Lampart: Genau.
Dominik Josten: Bei aller Fürsorge für die anderen Abteilungen, für das Unternehmen als Ganzes, für die Mitarbeitenden, man muss sich auch als HR und nächstes Jahr, bin ich total bei dir, nach drei Jahren Dauerkrise ist das sicherlich erst recht ein Thema, auch sich um sich selbst kümmern. Sich selbst schützen. Mega spannend, Bianca. Ganz herzlichen Dank schon mal für diesen kleinen Überflug. Das waren ja schon eigentlich diese fünf, oder? Hast du noch irgendwas, wo du sagst, das ist dir im Nachhinein nach dem Schreiben des Artikels noch eingefallen, das wäre vielleicht auch noch ein Thema?
Bianca Lampart: Es gibt so viel. Was wir gerade gesagt haben, die Aufgaben von HR sind so vielfältig, aber ich glaube, was mir tatsächlich aus meinem eigenen Tun im HR-Bereich noch wichtig ist, das ist Teil des Trends auch gewesen, das ist so diesen leider immer noch vorzufindenden Grabenkampf zwischen HR-Businesspartnern und Personalsachbearbeitern aufzulösen. Gefühlt gibt es da noch eine endlose Diskussion, wer von beiden welche Aufgaben macht, wer was exklusiv macht, ob es da überhaupt ein Exklusivrecht gibt. Ich glaube es gilt jetzt endlich ein gemeinsames Verständnis zu finden und ein auf Gleichberechtigung basierendes Selbstverständnis innerhalb des Personalbereichs.
Dominik Josten: Absolut. Das passt ja auch sehr gut zu deinem Punkt 5. HR muss sich auch irgendwie um sich selber kümmern. Wenn sie sich selber aufreiben und noch zusätzliche Frustmomente intern schaffen als das, was sie eh schon haben, dann können sie auch niemand anderem helfen.
Bianca Lampart: Ja.
Dominik Josten: Du, ich hoffe, dass auch jeder andere merkt, es sind wie auch in den Vorjahren wirklich Gedanken reingeflossen in die Auswahl vor allem auch. Ich glaube da steckt wirklich viel Leidenschaft in dir, vor allem wenn es da um diese HR-Themen geht. Ich hoffe, das merkt man den Artikeln, nicht nur den Trendartikeln, auch allen anderen an, weil gerade seitdem du mit an Bord bist, werden wir unserem Anspruch da immer mehr auch gerecht, nicht einfach nur Content, um der Content Willen zu produzieren, man so viel im Internet findet, ohne jetzt irgendwen einzeln kritisieren zu wollen, sondern halt wirklich mit Herzblut und Gedanken für bessere HR-Arbeit sich einzusetzen.
Bianca Lampart: Absolut. Ich freue mich und ich setze auf die Einladung im nächsten Jahr, Dominik.
Dominik Josten: Absolut, ja. Erst haben wir das noch eben angeteaserte Recruitingthema vor uns, aber trotzdem auch an der Stelle mal vielleicht ein ganz herzliches Danke an dich, aber auch an alle Kollegen, insbesondere Janette und Ben für den Einsatz da im letzten Jahr für diese Plattform. Aber danke auch an alle Leserinnen und Leser, Podcasthörer, Videoschauer, egal ob jetzt auf HR Heute oder auch meinem persönlichen Kanal, wer ihn noch nicht kennt, dem HR Flüsterer auf YouTube. Es freut uns alle im Team auch sehr, dass sie, dass ihr alle so viel geworden seid in den letzten Jahren. Ihr merkt, ich bin ein bisschen in Weihnachtsstimmung. Als wir das hier aufnehmen, es ist so vorweihnachtliche Zeit, da ist man in dieser Jahresabschlussstimmung. Man freut sich über alles, man guckt so zurück. Ganz herzlichen Dank. Wir werden weiterhin mit viel Leidenschaft und Spaß an der Sache für euch, für Sie weiter hilfreiche, inspirierende Inhalte versuchen zu liefern.
Bianca Lampart: Auf jeden Fall.
Dominik Josten: In diesem Sinne würde ich sagen, beenden wir diesen Podcast hier an dieser Stelle. Wir hören uns bald wieder für das Thema Recruitingtrends. Ich wünsche allen ein spannendes und tolles, erfolgreiches Jahr 2023. Herausforderungen gibt’s genug und ich hoffe wir werden sie alle gemeinsam und jeder für sich meistern. Vielen Dank, Bianca, für die Zeit.
Bianca Lampart: Gerne.
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