3 Personen am höhenverstellbaren Schreibtisch

Arbeitsplätze gesundheitsfördernd gestalten

Betriebliches Gesundheits­management - Gewinn für alle

Ein gesunder Geist wohnt in einem gesunden Körper. Wie Unternehmen das Wohlbefinden seiner Beschäftigten mit gezieltem Gesundheitsmanagement fördern können.

Jeder vierte Deutsche fühlt sich gestresst. Das ist ein zentrales Ergebnis der aktuellen TK-Studie „Entspann dich, Deutschland“. Im Beruf gehören eine hohe Arbeitslast, Termindruck, Informationsflut, ständige Unterbrechungen und schlechte Arbeitsplatzbedingungen zu den größten Stressoren. Während positiver Stress dazu führt, dass Menschen leistungsfähiger und Aufgaben als spannend empfunden werden, kann ein Zuviel auf Dauer krank machen.

Unternehmen bekommen die Effekte durch einen steigenden Krankheitsstand von jährlich durchschnittlich 18,5 Tagen zu spüren. 2020 hatten die psychisch bedingten Fehlzeiten mit 20 Prozent erneut den höchsten Anteil; gerade psychische Leiden verursachen besonders lange Ausfallzeiten. Laut dem iwd belaufen sich die Kosten der Unternehmen für Lohnfortzahlungen im Krankheitsfall auf insgesamt 67,5 Milliarden Euro. Dauerstress ist zudem ein wesentlicher Kündigungsgrund. Beides, Arbeitsunfähigkeit und Kündigung, ist in Zeiten des demografischen Wandels und Fachkräftemangels immer schwerer zu kompensieren.

Prävention reduziert Fehlzeiten erheblich

Nun lässt sich Stress nie ganz vermeiden, aber es lässt sich erlernen, gesünder damit umzugehen. Manchmal helfen schon einfache Mittel, um das Arbeitsumfeld individuell zu verbessern. An dieser Stelle sind die Arbeitgeber gefragt – sie sollten in langfristig und nachhaltig gesunde Arbeitsstrukturen und -verhältnisse und in die Unternehmenskultur investieren.

Denn: Menschen, die nie, selten oder nur manchmal gestresst sind, sind im Job und insgesamt mit ihrem Leben zufriedener (laut TK-Stressstudie 2021). Und damit einsatzbereiter, engagierter, belastbarer und loyaler – auch in Krisenzeiten. Untersuchungen zeigen zudem, dass durch präventive Maßnahmen krankheitsbedingte Fehlzeiten um ein Viertel sinken (laut iga Report aus 2015). Gleichzeitig kann ein Wohlfühlen am Arbeitsplatz die Identität und das Selbstwertgefühl stärken, zu sozialer Anerkennung und zum Aufbau von Kompetenzen führen.

Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) trägt damit entscheidend zur Lebensqualität sowie zu Arbeitgeberattraktivität und Unternehmenserfolg bei.

Saskia Rudolph über Achtsamkeit

Die 3 Säulen des BGM

Betriebliches Gesundheitsmanagement umfasst alle Maßnahmen zur gesunden Gestaltung und Entwicklung betrieblicher Strukturen und Prozesse. Sie sollen den Beschäftigten – von der obersten Führungsebene bis hin zum einzelnen Mitarbeitenden – wie dem Unternehmen gleichermaßen zugutekommen. Nachhaltig wird Betriebliches Gesundheitsmanagement, wenn es systematisch auf diesen drei sich ergänzenden Säulen aufbaut:

  1. Gesundheits- und Arbeitsschutz: Der Schutz der psychischen Gesundheit hat in der heutigen modernen Arbeitswelt einen hohen Stellenwert, nicht nur in rechtlicher Hinsicht. Die Gestaltung von Arbeitstätigkeiten, Arbeitsintensität, Arbeitszeiten, Pausen und Erholung sowie Führung und Zusammenarbeit – auch im Homeoffice – trägt dazu bei, diese auf Dauer zu erhalten. Ziel des Arbeitsschutzes ist zudem die Arbeitssicherheit, sprich Arbeitsunfälle zu verhindern.
  2. Betriebliches Eingliederungsmanagement: Unternehmen sind seit 2004 gemäß § 167 SGB IX gesetzlich verpflichtet, Beschäftigten nach einer mehr als sechswöchigen ununterbrochenen oder wiederholten Arbeitsunfähigkeit Maßnahmen zur Wiedereingliederung anzubieten sowie Maßnahmen zu treffen, die einem erneuten Ausfall vorbeugen.
  3. Betriebliche Gesundheitsförderung: Sie zielt darauf ab, das Verhalten von Mitarbeitenden positiv zu beeinflussen und umfasst gesundheitsfördernde Maßnahmen seitens der Unternehmen. Hier bieten sich auf Grundlage der krankheitsbedingten Fehlzeiten zum Einstieg folgende Themen an: arbeitsbedingte körperliche Belastungen und Rückengesundheit, Ernährung und Betriebsverpflegung, psychosoziale Belastungen (Stressbewältigung, gesundheitsgerechte Mitarbeiterführung) sowie Suchtmittelkonsum.

Wichtige Bereiche eines aktiven BGM

Die Möglichkeiten, betriebliche Strukturen und Prozesse gesund zu gestalten, sind vielfältig. Grundsätzlich empfiehlt sich eine Orientierung an den Bedürfnissen sowie der individuellen Lebenssituation der Beschäftigten. So sind die Garanten für Zufriedenheit am Arbeitsplatz einer EY-Studie zufolge klassische Kriterien wie Vergütung und Arbeitszeiten, aber vor allem die Sinnhaftigkeit der Arbeit und der Teamspirit. Außerdem flexibles, eigenverantwortliches und ortsunabhängiges Arbeiten.

Folgende Maßnahmen sind in Unternehmen weit verbreitet:

  • Verbesserungen des Arbeitsplatzes und der -umgebung (höhenverstellbare Bürotische oder Tische mit integriertem Laufband/Pedal, Spazierwege, Fitnesszonen im Treppenhaus, (Outdoor-)Fitnessgeräte, Pausenräume mit Tischkicker, Stehtische für die Kantine etc.)
  • Verbesserung der Arbeitsabläufe (Pausenzeiten, telefonfreie Stunden, Jobrotation)
  • Mitarbeiterschulungen, z. B. zu ausgewogener Ernährung
  • Gesundheitszirkel (z. B. nach dem Düsseldorfer oder Berliner Modell) zum Austausch von Mitarbeitenden und Experten und zur Entwicklung von Lösungsansätzen und Maßnahmen für das betriebliche Gesundheitsmanagement
  • Führungskräfteschulungen, etwa zum gesunden Führen
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Mindful Leadership: Gesundheit als Leitmotiv

Gerade in kleinen und mittleren inhabergeführten Betrieben steht und fällt der Erfolg von Gesundheitsprojekten mit der persönlichen Haltung der Geschäftsführung. Diese sollte Gesundheit als Wert in der Unternehmenskultur und im Handeln aller verankern. Das Leitmotiv: Gesundheit fördern statt Krankheit vermeiden.

Auch das Engagement und der Führungsstil von Führungskräften spielen eine große Rolle. Denn Führungskräfte sind bekanntermaßen ein Vorbild. Gesundes Führen bedeutet, Mitarbeitenden offen, vertrauensvoll, wertschätzend und verständnisvoll zu begegnen, ihre Bedürfnisse zu berücksichtigen, sie zu unterstützen und einen konstruktiven Umgang mit Feedback und Fehlern zu pflegen.

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BGM aufbauen - Tipps zur Umsetzung

Am Aufbau von Betrieblichem Gesundheitsmanagement sind in der Regel verschiedene Stellen beteiligt. Je größer der Betrieb, desto häufiger wird der Bereich vom Personalwesen übernommen. Es empfiehlt sich ein Vorgehen in fünf Schritten:

  1. Ist-Analyse von Zielgruppen, Tätigkeitsprofilen, Bedarf.
  2. Bilden eines Projektteams unter Beteiligung möglichst aller Akteure. Eine Auftaktveranstaltung zu Projektstart stellt die Initiative vor.
  3. Maßnahmenentwicklung in Workshops und durch Begehung der Arbeitsplätze – dies dient der Inspiration und gibt Mitarbeitenden die Chance, Ideen beizusteuern.
  4. Vergabe von Arbeitsaufträgen an einzelne Personen oder kleine Arbeitsgruppen, welche die Ergebnisse ausarbeiten/umsetzen sowie die Kommunikation ins Unternehmen übernehmen.
  5. Evaluation der Wirksamkeit von Maßnahmen.
Wichtig bei der Einführung ist, rechtzeitig Strategien zur Bewältigung typischer Hürden, wie zum Beispiel fehlende finanzielle, personelle und zeitliche Ressourcen und fehlendes Know-how, zu entwickeln. Unterstützung bieten dabei einerseits Mitarbeiterbefragungen, Daten- oder Arbeitsplatzanalysen und andererseits der Rat von Krankenkassen und Unfallversicherungsträgern. Letztere können gute Praxisbeispiele und Kooperationen/Netzwerke, Infos über steuerliche Vorteile und betriebswirtschaftlichen Nutzen sowie fachliche Beratung zu Maßnahmen beisteuern.
Ebenfalls wichtig bei der Umsetzung: der Einsatz smarter Tools. Ob in den Sitzflächen des Stuhls, im Bildschirm oder in der Arbeitskleidung – die heutige Technik macht es möglich, Bewegungsmangel zu erfassen und Betroffene über simultanes Biofeedback zu informieren. So können über den PC oder das Smartphone gezielte Übungen angeboten werden.
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Mitarbeiter motivieren, Angebote attraktiv gestalten

Angebote zum Betrieblichen Gesundheitsmanagement sollten allen Beschäftigungsgruppen zugänglich, aber individuell auf den einzelnen Mitarbeitenden abgestimmt sein. Dadurch wird sichergestellt, dass die Teilnahme freiwillig, nach eigenen Zielen erfolgt und kein Gruppenzwang und keine Überforderung entstehen. Unternehmen sollten zudem klären, inwiefern die Teilnahme offiziell genehmigt werden muss und bestimmte Maßnahmen als Arbeitszeit gewertet werden – niedrige Hürden sind hier vorteilhaft.

Wer Mitarbeitende beteiligt, zum Beispiel in Projektteams, durch regelmäßige Infoveranstaltungen, Bedarfsabfragen und Bewertungen von Maßnahmen, erzielt zudem eine deutlich höhere Wahrnehmung, Akzeptanz und Nutzung gesundheitsfördernder Maßnahmen. Auch E-Learning-Tools, Apps, soziale Netzwerke, Blogs und Chats können Maßnahmen in Bereichen wie Stress- und Suchtprävention, Sport/Fitness und Ernährung attraktiver machen. Diese fördern zudem das Gruppenerleben.

Unser Fazit: Ob Laufgruppe, Ernährungsberatung, Stresspräventionskurse, gesundes Kantinenessen oder Schrittzähler-Wettbewerbe – Betriebliches Gesundheitsmanagement ist ein Gewinn für alle im Unternehmen. Sensibilisieren Unternehmen ihre Beschäftigten für die Themen Gesundheit und Lebensstil am Arbeitsplatz und im Privaten, erhöhen sich die Chancen auf ein langes (Arbeits-)Leben.

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