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Recruiting von morgen: Wie New Hiring in der Praxis funktioniert

Weg von starren Bewerbungsprozessen und faktenbasierten Entscheidungen ist „New Hiring“ die Lösung?

Weg von starren Bewerbungsprozessen und faktenbasierten Entscheidungen ist „New Hiring“ die Lösung?

Der War for Talents ist das bestimmende Thema auf dem Arbeitsmarkt. Fast die Hälfte der deutschen Unternehmen hat Schwierigkeiten bei der Suche nach neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Dabei ist die Positionierung als attraktiver Arbeitgeber für viele Unternehmen eine größere Herausforderung als noch vor ein paar Jahren. Einfacher fällt ihnen, Beschäftigte umzuschulen oder intern zu versetzen. Insgesamt stehen deutsche Unternehmen damit schlechter da als die europäischen Wettbewerber. Kira Niklas, Head of Onlyfy TalentService, gibt wertvolle Tipps für Personaler, wie es besser geht. 

Unser Interview-Gast

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Kira Niklas

Kira ist New Hiring Ambassador der NEW WORK SE und Head of TalentService von Onlyfy bei XING. Aus ihrer Praxis als Recruiterin, Trainerin und als Führungskraft, u. a. bei Kühne + Nagel, ABOUT YOU und aktuell bei der NEW WORK SE, weiß Kira, wie wichtig es ist, Talente nicht nur als Lebenslauf zu sehen, sondern als Menschen mit allen Facetten. Diese mit den wirklich passenden Unternehmen zusammenzubringen und weiterzuentwickeln, ist ihr Antrieb. Daneben ist Kira zertifizierte Coachin und Speakerin für die Themen Active Sourcing, Employer Branding, New Work und Diversity.

Klassische Recruitingansätze haben ausgedient

Jeanette Goebes: Warum hat Recruiting so, wie wir es kennen, ausgedient?

Kira Niklas: Zum einen liegt das daran, dass die Baby Boomer nach und nach in Rente gehen und dem Arbeitsmarkt demografisch bedingt weniger Fachkräfte zur Verfügung stehen. Zum anderen haben die Generationen Y und Z andere Ansprüche: So gab es früher den Wunsch nach einem sicheren Arbeitsplatz und ein Leben lang im gleichen Unternehmen zu bleiben. Heute geben junge Menschen den Job auf, sobald er ihnen nicht mehr gefällt. Dazu muss man aber auch sagen, dass das Angebot auf dem Arbeitsmarkt in vielen Bereichen so gut ist, dass ein Wechsel auch recht einfach möglich ist. Das befeuert die Wechselwilligkeit ungemein.

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Was kommt nach?

Jeanette Goebes: Was bedeutet das fürs Recruiting? Welche Maßnahmen sollten jetzt ergriffen werden?

Kira Niklas: Die Stellenanzeige bleibt wichtig, denn es gibt immer noch Talente, die sich gerne klassisch bewerben. Aber oft reicht das nicht mehr. Die meisten wollen aktiv angesprochen werden, sonst bewerben sie sich gar nicht erst. Außerdem geht es um das, was in der Anzeige steht.

Heißt: Unternehmen sollten sich über die „Must-haves“ Gedanken machen, statt eine Liste an Fähigkeiten zu fordern, die nicht zwangsläufig erforderlich ist, um den Job erfolgreich auszuüben. Wen suchen wir, welche Qualifikationen sind für den Job relevant, und was können wir Menschen bieten beziehungsweise jenen beibringen, die diese Fähigkeiten noch nicht haben.

Viele Unternehmen scheitern daran, dass sie nach wie vor das „perfekte“ Profil fordern – das wirkt abschreckend. Erst recht nicht zu dem Einstiegsgehalt, das dafür geboten wird. Stattdessen sollten Unternehmen ihre Kultur bewerben. Dabei geht es aber nicht um Benefits wie Tischkicker und Obstkorb, sondern darum, den Berufsalltag erlebbar zu machen. 

Die perfekten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind nicht immer die mit dem perfekten Lebenslauf!

Kira Niklas

Welcher Recruitingkanal macht das Rennen?

Jeanette Goebes: Auf welche Recruitingkanäle sollte man Deiner Meinung nach nicht verzichten?

Kira Niklas: Da kann man (leider) keine pauschale Aussage treffen – es gibt nicht den einen Kanal für alle. Wichtig ist, sich mit der Zielgruppe zu beschäftigen und herauszufinden, wo sich diese aufhält und informiert. Für Social Media bedeutet das, nicht nur das Unternehmensprofil zu nutzen, sondern die Beschäftigten als Geschichtenerzähler einzubinden – das ist viel authentischer und nahbarer.

Recruiting der Zukunft – ein neues Verständnis muss her

Jeanette Goebes: Ein neuer Begriff in diesem Zusammenhang ist „New Hiring“. Was hat es damit auf sich? 

Kira Niklas: Die Rolle des Recruiters hat sich in den vergangenen Jahren stark verändert und erfordert ein Umdenken. Bei New Hiring geht es um eben dieses neue Mindset rund um das Thema Einstellung von Talenten. Wir müssen über verschiedene HR-Disziplinen hinweg offener und mutiger werden, alte Strukturen und Prozesse verlassen, um weiterhin erfolgreich zu bleiben. Das bezieht sich auch auf die grundlegenden Fragen:

  • Wie suche ich neue Mitarbeitende,
  • wie wähle ich Kandidaten aus,
  • wie führe ich Jobinterviews,
  • wie mache ich als Unternehmen auf mich aufmerksam,
  • wie schaffe ich es, Talente zu halten,
  • und viele mehr ...
Antworten finden sich häufig in den eigenen Reihen, bei Führungskräften und Mitarbeitenden in den Fachabteilungen.

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New Hiring in der Praxis

Jeanette Goebes: Welche Tipps hast Du für Recruiter, um New Hiring umzusetzen?

Kira Niklas: Ein Tipp im Bereich Employer Branding wäre, in Zukunft wirklich authentisch über das Unternehmen zu sprechen. Die Zielgruppe ist es gewohnt, sich innerhalb von Sekunden zu informieren. Zum Beispiel auf Plattformen wie kununu. Dort schreiben Menschen ganz transparent über ihre Eindrücke. Stimmt das nicht mit den Angaben des Unternehmens oder den eigenen Erfahrungen vor Ort überein, kann es schnell zum Kulturschock kommen – und der Mitarbeitende ist wieder weg. Daher ist die klare Empfehlung, offen und ehrlich auch die Schwächen zu kommunizieren. 

Ein weiterer Tipp bezieht sich auf eine aktuelle forsa-Umfrage. Aktuell wechselt jeder vierte Beschäftigte seinen Job – selbst dann, wenn er oder sie noch keine neue Stelle hat. Die häufigsten Gründe für die Kündigung sind, dass das Arbeitsumfeld nicht mehr stimmt, das „Why“ fehlt oder der Draht zur Führungskraft. Um das zu verhindern, sollten Unternehmen regelmäßig mit allen Beschäftigten sprechen: Wie wohl fühlen sich die Mitarbeitenden noch und wie können sie sich weiterentwickeln. Erfolgreiche Beispiele zeigen, dass man mit wertschätzenden Mitarbeitergesprächen Personen innerhalb des Unternehmens weiterentwickeln kann. Das senkt nicht nur die Fluktuation, sondern hat auch eine Strahlkraft auf Kolleg*innen: Hier kann ich bleiben, auch wenn ich mit meiner aktuellen Stelle nicht mehr zufrieden bin.

Wenn das „Why“ fehlt

Jeanette Goebes: Du hast eben das Thema Purpose angesprochen – hast Du Tipps, wie Unternehmen sinnstiftend wirken können? 

Kira Niklas: Hier ist das Thema Werte von großer Bedeutung. Unternehmen sollten sich fragen, wen sie in der Vergangenheit eingestellt und gefördert haben – und ob das zur Diversität heute passt: Sind Frauen in Führungspositionen gleichberechtigt? Wie stark sind Menschen mit Behinderung oder aus dem Ausland vertreten? Letztendlich kommt es darauf an, offen zu sein und versteckten, auch fachfremden Talenten eine Chance zu geben. 

Jeanette Goebes: Ja, das ist ein guter Punkt. Und ich würde noch ergänzen, dass „Sinn“ sehr individuell ist, jeder Einzelne entscheidet aufgrund seiner Situation, Perspektive und Prägung, ob seine Arbeit sinnstiftend ist. Da liegt es natürlich auch an der Führungskraft, ein Umfeld zu schaffen, in welchem sich die Mitarbeitenden entfalten können. 

Danke, Kira – für das Interview und Deine Zeit. Bis bald!

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