Wenn der Haussegen schief hängt
Von HR HEUTE-Redaktion · 3 Minuten Lesezeit
Nicht jeder Streit im Büro ist gleich Mobbing. So beugen Sie vor, erkennen systematisch destruktives Verhalten und reagieren im Ernstfall richtig.
Mobbing ist kein eigenständiger Rechtsbegriff. Mit dieser Begründung wies das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein im Oktober 2023 die Klage einer Zahnarzthelferin gegen ihren Arbeitgeber ab.[1] Dieser hatte zwar versucht, Unstimmigkeiten zwischen den Kolleginnen und der Klägerin anzusprechen. Die Zahnarzthelferin selbst konnte aber nicht nachweisen, worüber sie ihren Chef im Einzelnen informiert hatte. Das Gericht entschied, der Arbeitgeber könne nicht haftbar gemacht werden für Vorfälle, die er gar nicht kennt.
Was ist Mobbing?
Auch wenn Mobbing juristisch schwer greifbar ist, liegt es im Interesse des Arbeitgebers, Mitarbeitende vor psychischen Belastungen zu bewahren und ein Klima zu schaffen, in dem sich alle wohlfühlen. Doch was verstehen wir eigentlich unter Mobbing? Dabei handelt es sich um „ein systematisches und wiederholtes Fehlverhalten mit dem Ziel, eine Person zu schädigen oder zu isolieren. Es kann sich in Form von Beleidigungen, Bedrohungen, Schikanen oder anderen Verhaltensweisen äußern, die die Würde des Betroffenen verletzen oder seine Gesundheit gefährden“[2].
Nicht jede Äußerung, die negativ aufgefasst werden könnte, ist also Mobbing. Anhand eindeutiger Kriterien lassen sich Feedback, Kritik und Mobbing unterscheiden:
Feedback
- sachlich und konstruktiv
- zielt auf Weiterentwicklung und Verbesserung ab, idealerweise mit konkreten Vorschlägen
- nicht die Person, sondern die Leistung oder das Verhalten stehen im Mittelpunkt
- wird in einem angemessenen Rahmen, etwa einem Mitarbeitergespräch, geäußert
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Kritik
- negativ, aber nicht destruktiv
- Absicht, auf Fehler oder Probleme hinzuweisen
- kann negativ empfunden werden
- kann emotional ausfallen, bleibt aber bei der Sache
- wird problematisch, wenn sie unbegründet und nicht mit Verbesserungsvorschlägen verbunden ist oder abwertend formuliert wird
Mobbing
- zielt darauf ab, eine Person zu schädigen oder sie auszugrenzen
- wiederholt und systematisch
- abwertend und persönlich
- Formen können auch Ignorieren, Gerüchte und Demütigungen sein
- führt zu psychischer Belastung und kann rechtliche Folgen haben
Als Arbeitgeber sollten Sie auch einschreiten, wenn das Mobbing zwar außerhalb der Arbeit stattfindet, aber das Klima beeinträchtigt. Die Kolleginnen sind zwar nicht verpflichtet, die eingangs erwähnte Zahnarzthelferin einzubeziehen, wenn sie sich in ihrer Freizeit verabreden. Nutzen sie dies allerdings als Mittel der Ausgrenzung, geht das auch den Arbeitgeber an.
So schadet Mobbing dem Arbeitgeber
Mobbing wirkt sich in verschiedener Hinsicht negativ aus. Nicht von der Hand zu weisen sind die wirtschaftlichen Folgen. Leiden Mitabreitende unter Mobbing, entwickeln sie psychische und physische Beschwerden. Die Folge: höhere Fehlzeiten. Außerdem sinken Motivation und damit Produktivität, wenn einem die Kolleginnen den Arbeitsplatz zur Hölle machen. Doch nicht nur die Betroffenen selbst, sondern das gesamte Team beeinträchtigt Mobbing. Ein vergiftetes Klima lähmt alle Beteiligten. Wenn Sie das Thema nicht in den Griff bekommen, droht zudem eine erhöhte Fluktuation. Wer außer den Täterinnen und Tätern arbeitet schon gerne in einem Klima der Angst und Frustration.
Auch die rechtlichen Folgen können erheblich sein. Von Mobbing betroffene Mitarbeitende können Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche geltend machen und sich dabei gleich auf mehrere Paragrafen beziehen:
- Weisen Geschädigte dem Arbeitgeber nach, dass er nicht eingeschritten ist, können sie gemäß § 823 BGB Schadenersatz fordern.
- Die Fürsorgepflicht ist in § 241 BGB geregelt. Es drohen Bußgelder und arbeitsrechtliche Konsequenzen.
- Zu Klagen kommen kann es auch, wenn das Opfer wegen des Mobbings kündigt oder der Täter gekündigt wird.
Zudem wirkt sich Mobbing auf das Betriebsklima aus. Schaffen Sie es nicht, Ihre Mitarbeitenden zu schützen, verspielen Sie das Vertrauen in die Führungsebene. Zudem entsteht eine negative Stimmung im Team, die die gesamte Unternehmenskultur belasten kann.
Schließlich kann durch negative Beurteilungen auf Bewertungsplattformen oder gar Medienberichte der Ruf des Unternehmens leiden. Das wirkt sich auf das Arbeitgeberimage aus.
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So beugen Sie Mobbing vor
Geringe Krankheits- und Fluktuationsraten, eine hohe Motivation, der gute Ruf: Viele Gründe sprechen dafür, Mobbing sehr ernst zu nehmen und sich bewusst um ein Klima zu bemühen, das Kolleginnen und Kollegen schützt. Klare Unternehmensrichtlinien – beispielsweise eine Anti-Mobbing-Richtlinie, wie sie der Baukonzern Hochtief erstellt hat,[3] oder der Verhaltenskodex der Allianz-Versicherung[4] - schaffen einen verbindlichen Rahmen und sensibilisieren für Mobbing. Auch Schulungen für Führungskräfte und Mitarbeitende leisten einen wertvollen Beitrag. Bewährt haben sich Anlaufstellen wie Vertrauenspersonen, Betriebsräte oder Mediatoren. Personen können sich vertraulich an sie wenden und schon ihre Existenz gibt Sicherheit. Schließlich gilt: Je besser die Unternehmenskultur, desto weniger Raum haben Mobber: Ein respektloser Umgang fällt schneller auf und in einer offenen Atmosphäre fällt es Betroffenen leichter, sich Unterstützung zu holen.
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So begegnen Sie Mobbing
Sollten Sie dennoch von einem Fall erfahren, gilt es, schnell zu handeln und die Vorgänge möglichst umfassend und unparteiisch aufzuklären. Dazu gehören auch neutral – am besten extern – moderierte Gespräche der Konfliktparteien. Lässt sich Mobbing klar nachweisen, werden die Täter abgemahnt. In schweren Fällen sollten Sie eine Versetzung oder fristlose Kündigung erwägen. Wichtig ist, dass Sie die Opfer nicht aus dem Blick verlieren. Bieten Sie psychologische Unterstützung an und prüfen Sie arbeitsrechtliche Möglichkeiten wie eine Versetzung oder Beurlaubung, um sie zu schützen. Denken Sie auch daran, sich rechtlich abzusichern, indem Sie den gesamten Vorgang detailliert dokumentieren und sich mit dem Betriebsrat abstimmen. Wenn Sie Mobbing früh erkennen und mit den oben skizzierten Präventionsmaßnahmen arbeiten, sollte es allerdings gar nicht erst so weit kommen.
[1] https://ag-arbeitsrecht.de/de/leistungen/presseservice/mobbing-am-arbeitsplatz-eine-schwierige-grenzziehung
[2] Ebd.
[3] file:///C:/Users/User/Downloads/HOCHTIEF_Richtlinie_Anti-Diskriminierung.pdf
[4] https://www.allianz.com/content/dam/onemarketing/azcom/Allianz_com/about-us/strategy-values/compliance/code-of-conduct/de-Verhaltenskodex-Allianz-SE-210428.pdfHören und lesen Sie mehr zum Thema
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