Wie viel Luft hat die Sozialversicherung?
Von Bianca Lampart · 4 Minuten Lesezeit
Einmalzahlungen am Jahresanfang unterliegen einer Besonderheit: der Märzklausel. Was gilt es bei der Abrechnung zu beachten – und wie hilft SAP HCM dabei?
Ihr Geschäftsführer kommt Mitte Januar freudestrahlend in Sachen Entgeltabrechnung auf Sie zu:
Das letzte Geschäftsjahr, das am 31.12. endete, war ausgesprochen erfolgreich. So erfolgreich, dass allen Mitarbeitenden als Dank eine einmalige Prämie mit der Februar-Abrechnung ausgezahlt werden soll. Kein Problem für Sie als Abrechner oder Abrechnerin, richtig?
Unser Tipp: Denken Sie an die Märzklausel!
Was besagt die Märzklausel?
Kommt es im Zeitraum vom 01.01. bis 31.03. eines Jahres zur Auszahlung einer einmaligen Sonderzuwendung, dann gibt es für die Sozialversicherung eine Besonderheit in Bezug auf die Frage, wie die Einmalzahlung behandelt wird:
- Zuordnung der Einmalzahlung zum Auszahlungsmonat oder
- Zuordnung zum letzten Gehaltsabrechnungszeitraum des Vorjahres
Die Zuordnung ist wichtig, denn davon hängt auch ab, welche Beitragssätze und Beitragsbemessungsgrenzen anzuwenden sind.
Über die korrekte Zuordnung der Einmalzahlung entscheidet die sog. Märzklausel. Verankert ist sie im § 23a Abs. 4 SGB IV. Sie besagt:
Einmalzahlungen und Sonderzuwendungen, die in der Zeit vom 01.01. bis 31.03. eines Jahres gezahlt werden, sind beitragsrechtlich dem Vorjahr zuzuordnen, wenn die Einmalzahlung im Monat der Auszahlung nicht in vollem Umfang beitragspflichtig ist.
Klingt irgendwie kompliziert und wirft Fragen auf? Wir versuchen mal, es etwas verständlicher zu machen.
Um welche Zahlungen geht es bei der Märzklausel genau?
Um Einmalzahlungen oder einmalige Sonderzuwendungen, die im ersten Quartal eines Jahres ausgezahlt werden. Dies können sein:
- 13. Monatsgehalt
- vertraglich vereinbarte variable Vergütungsbestandteile (z. B. Provisionen, MBOs, Zielvereinbarungen usw.)
- Jubiläumszuwendungen o. ä.
- Urlaubs- und Weihnachtsgeld
- individuell begründete Sonderzahlungen etc.
Warum gibt es die Märzklausel überhaupt?
Ausschlaggebend für die Ermittlung der Sozialversicherungsbeiträge für Sonderzahlungen ist die so genannte „SV-Luft“. Dies ist die Differenz zu einem bestimmten Zeitpunkt zwischen der anteiligen, jährlichen Beitragsbemessungsgrenze und den erhaltenen laufenden Zahlungen zu diesem Zeitpunkt (Beispiel siehe unten).
In den ersten Monaten eines Jahres ist diese Differenz oft noch eher gering, so dass sie relativ schnell ausgereizt würde, wenn zum laufenden Gehalt noch eine Einmalzahlung hinzukommt. Als Konsequenz würden für die Einmalzahlung unter Umständen kaum oder keine SV-Beiträge anfallen.
Um dies zu verhindern, hat die Gesetzgebung die Märzklausel ins Leben gerufen. Einer Verschiebung von Einmalzahlungen vom Jahresende ins nächste Jahr zur Einsparung von SV-Beiträgen soll damit vorgebeugt werden.
Welche Voraussetzungen gelten für die Märzklausel?
Einmalzahlungen müssen Sie für die Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge dem letzten Entgeltabrechnungszeitraum des Vorjahres zuordnen, wenn
- die Einmalzahlung vom 01.01. bis 31.03. eines Jahres gezahlt wird,
- der/die Mitarbeiter/-in bereits im Vorjahr versicherungspflichtig in Ihrem Unternehmen beschäftigt war und
- die Einmalzahlung zusammen mit dem laufenden Arbeitsentgelt die anteilige Jahresbeitragsbemessungsgrenze übersteigt.
Die Zuordnung gilt übrigens für alle Versicherungszweige (auch für die Insolvenzgeldumlage), allerdings mit einer Ausnahme: der Unfallversicherung. Für diese findet die Märzklausel keine Anwendung. Hier gilt das Zuflussprinzip.
Achtung:
- Bei krankenversicherungspflichtigen Beschäftigten stellen Sie bei der Beurteilung der Märzklausel für jeden Versicherungszweig auf die Beitragsbemessungsgrenze in der Krankenversicherung ab.
- Anders bei krankenversicherungsfreien (freiwillig oder privat versicherten) Mitarbeitenden: Hier ist die Beitragsbemessungsgrenze der Renten- und Arbeitslosenversicherung für die Zuordnung maßgebend.
Was ist unter der Zuordnung von Einmalzahlungen zum Vorjahr zu verstehen?
Greift die Märzklausel, werden die auf den beitragspflichtigen Teil der Einmalzahlung entfallenden Sozialversicherungsbeiträge so berechnet, als seien sie im Dezember des Vorjahres ausgezahlt worden (in der Regel ist es der Dezember, ansonsten der letzte abgerechnete Monat des Vorjahres).
Hat das Beschäftigungsverhältnis mit Ihnen als Arbeitgeber nicht im gesamten Vorjahr bestanden, so ordnen Sie die Einmalzahlung dem letzten Monat des Arbeitsverhältnisses zu.
Heißt konkret: Für die Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge wenden Sie
- die Beitragssätze und
- die Beitragsbemessungsgrenze
des Monats an, dem die Sonderzuwendung zuzuordnen ist.
D. h., greift die Märzklausel, gilt beispielsweise auch der alte Beitragssatz der Krankenkasse aus dem Vorjahr, selbst wenn diese ihre Beiträge zum Jahreswechsel erhöht hat.
Es bleibt bei der Zuordnung der Einmalzahlung zum Vorjahr auch dann, sollte die Einmalzahlung vollständig beitragsfrei sein. Das kann z. B. vorkommen, wenn die Beitragsbemessungsgrenze im Vorjahr für alle SV-Zweige bereits ausgeschöpft ist.
Wie wird die Zuordnung zum Vorjahr oder zum Abrechnungsmonat ermittelt?
Ein Beispiel zur Veranschaulichung:
Ihre Mitarbeiterin Frau Müller ist krankenversicherungspflichtig und war im gesamten Jahr 2022 bei Ihnen (Westdeutschland) beschäftigt. Aktuell beläuft sich ihr Monatsgehalt auf 4.300 €. Ihr Jahresgehalt in 2022 betrug 56.000 €.
Werte für 2023
- Jahres-Beitragsbemessungsgrenze KV/PV: 59.850 €
- Jahres-Beitragsbemessungsgrenze RV/ALV: 87.600 €
Werte für 2022:
- Jahres-Beitragsbemessungsgrenze KV/PV: 58.050 €
- Jahres-Beitragsbemessungsgrenze RV/ALV: 84.600 €
Besonderheiten
Ihre Mitarbeiterin Frau Müller war nicht das gesamte Vorjahr bei Ihrem Unternehmen beschäftigt:
- Beispiel: Eintritt zum 01.07.2022:
Dann berechnen Sie die anteilige jährliche BBG: In der Regel dividieren Sie die monatliche Beitragsbemessungsgrenze durch 30 und multiplizieren das Ergebnis mit der Anzahl der insgesamt abgerechneten Sozialversicherungstage.
Heißt: Monatliche BGG KV 4.837,50 € / 30 x 180 (die 180 Tage ergeben sich wie folgt: 6 Monate x 30 Tage).
- Beispiel: Eintritt zum 15.07.2022:
Volle Kalendermonate werden bei der Ermittlung der Sozialversicherungstage immer mit 30 Tagen angesetzt. Teilmonate werden mit den tatsächlichen Kalendertagen als Sozialversicherungstage berücksichtigt.
Bedeutet: Monatliche BBG KV 4.837,50 € / 30 x 167 (die 167 Tage errechnen sich wie folgt: 5 Monate x 30 = 150 plus 17 Kalendertage vom 15.07. bis einschließlich 31.07).
Im laufenden Kalenderjahr ist kein Arbeitsentgelt angefallen, da Frau Müller z. B. Krankengeld bezogen hat:
- Einmalzahlungen im ersten Quartal ordnen Sie in diesem Fall dem Vorjahr zu.
Welche Korrekturen sind für die Sozialversicherung erforderlich?
Greift die Märzklausel, müssen Sie für den beitragspflichtigen Teil der Einmalzahlung eine Sondermeldung mit dem Abgabegrund 54 (Meldung von einmalig gezahltem Arbeitsentgelt) übermitteln.
Bleiben wir beim obigen Beispiel:
Im Februar 2023 werden die SV-Beiträge für die Einmalzahlung auf Grundlage vom Dezember 2022 berechnet. Daher muss der bisherige Beitragsnachweis für Dezember 2022 korrigiert werden. Dafür ergänzen Sie im Rahmen der Sondermeldung (Abgabegrund 54) die bereits erfolgte Jahresmeldung für das Jahr 2022 in Höhe von 56.000 € um die Einmalzahlung von 5.000 € für den Zeitraum 01.01. bis 31.12.2022.
Somit beträgt das für die Sozialversicherung zu meldende Arbeitsentgelt für 2022 nun 61.000 € (56.000 € plus 5.000 €).
Externer Link:
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Wie läuft das mit der Märzklausel in SAP HCM?
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Denn sofern Sie SAP HCM als HR-Software für die Entgeltabrechnung einsetzen, müssen Sie sich um nichts weiter kümmern. Wenn Sie die Zahlung korrekt als Einmalzahlung klassifizieren, kümmert sich die Software automatisch darum.
Fazit
Seien Sie bei Einmalzahlungen und Sonderzuwendungen, die im ersten Vierteljahr zur Auszahlung kommen, besonders wachsam. Jeder Fall ist individuell zu prüfen.
Wird die Märzklausel aus Versehen übersehen, werden unter Umständen zu niedrige Sozialversicherungsbeiträge ermittelt und abgeführt. Das kann spätestens bei der Betriebsprüfung auffallen und Ihnen unschöne Beitragsnachforderungen bescheren.
Nutzen Sie daher eine professionelle Abrechnungssoftware, um Fehler und Unachtsamkeiten zu vermeiden. SAP HCM, das beispielsweise in den mittelstandsoptimierten Lösungspaketen von EMPLEOX zum Einsatz kommt, deckt nicht nur Standardentgeltprozesse ab, sondern auch abrechnungstechnische Besonderheiten.
So wird auch die Märzklausel mit wenigen Klicks für Sie zum Kinderspiel.
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