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Podcast

Episode

25

Pro & Contra - Recruiting unter Ehemaligen

Ex-Mitarbeitende - Aus und vorbei - oder Zielgruppe fürs Comeback?

Macht es Sinn, sich um die Rückkehr ehemaliger Mitarbeitender zu bemühen? Oder ist das keine gute Idee? Kommt vielleicht drauf an.

HR kann mehr - Folge 25 - Über das Für und Wider von Wiedereinstellungen

Dominik Josten: Hallo und herzlich willkommen im HR HEUTE Podcast. Heute geht es um ein Thema, dass ich gar nicht so leicht in einem Wort zusammenfassen kann. Es geht um die Frage, ob ehemalige Mitarbeitende nicht eine attraktive Zielgruppe für die eigenen Recruiting-Bemühungen sind. Oder ob doch zu viel dagegenspricht.

Einerseits gelten für diese Personen eigentlich viele der gleichen Vorteile, weswegen sich viele Unternehmen „interne Beförderungen“ auf die Fahne schreiben. Die Mitarbeitenden kennen das Unternehmen und haben vielleicht sogar schon Netzwerke und damit viele Vorteile gegenüber völlig neu einzuarbeitenden Kandidaten vom Bewerbermarkt.

Trotzdem ist mein Eindruck, dass es bisher kaum verbreitet ist, sich gezielt um diese Ehemaligen zu bemühen. Natürlich passiert es manchmal, doch dann aus meiner Wahrnehmung eher so ein bisschen „zufällig“ durch individuelle Netzwerke beispielsweise. So „halb-privat“ eher, nach dem Motto „hey, hast gesehen, da ist jetzt eine neue Stelle bei uns frei, wie die, die Du gerne haben wolltest“ oder auch einfach dieses typische „ja, wenn Du nicht glücklich bist, komm doch einfach zurück, bei uns hat sich einiges positiv geändert.“ Halt so ein bisschen informell.

Es bleiben dann aber doch meistens eher Ausnahmen. Stattdessen scheinen viele Personaler und Führungskräfte sich hier nicht näher Gedanken über Ehemalige zu machen. Berufliche Trennungen werden so ein bisschen behandelt wie private Trennungen, also wie gescheiterten Beziehungen oder auseinandergelebte Freundschaften oder so. “Ja, ist jetzt halt vorbei, Blick nach vorne”. Wie im Privaten spielt wahrscheinlich auch ein bisschen „Stolz“ eine Rolle, von der anderen Seite für nicht mehr „gut genug“ befunden worden zu sein und dem „Ex“-Mitarbeitenden jetzt nicht „hinterherlaufen“ zu wollen, so nach dem Motto „wer nicht will, der hat schon“.

Aber auch emotionslose Pragmatiker, wo man erwarten müsste, dass sie nüchtern auf den Nutzen schauen würden, argumentieren gefühlt eher, man hätte es doch versucht und es hätte nicht geklappt, und man will nicht noch mehr Zeit verschwenden. Fair enough. Und überhaupt, es gäbe bestimmt genug, die gerne und mit Überzeugung fürs Unternehmen arbeiten würden. Sprüche die man aus Fußballstadien kennt, wo auch erwartet wird, Spieler haben mit Stolz das Trikot zu tragen und wären mehr als nur Angestellte.

Nur, und damit erzähl ich nun wirklich keine Geheimnisse, in vielen Jobs gibt es die eben immer häufiger gerade nicht, die Schlange-stehenden Alternativen. Und, mal ehrlich, ein Arbeitsvertrag ist eben keine Ehe. Es ist keine 1:1 Beziehung zwischen zwei Menschen, und wenn es nicht klappt dann klappts nicht, sondern ein “ Unternehmen“ besteht aus vielen Personen, Abteilungen, Aufgaben und so weiter. Und auch wenn man überzeugt ist, dass sich Menschen nicht wirklich ändern können, heißt das ja nicht, dass sich Unternehmenskulturen nicht entwickeln können, etwa durch Personalwechsel, oder sogar einfach nur in anderen Abteilungen oder Standorten die Welt schon wieder anders aussieht. Oder umgekehrt sich die Situation der Mitarbeitenden geändert hat, ihre Lebensumstände, Ziele, vielleicht auch Kompetenzen, und damit vielleicht inzwischen eben dennoch passen kann, was vorher nicht gepasst hat.

Aus meiner Sicht lohnt es sich also, darüber mal nachzudenken. Vielleicht mal zu unterscheiden, was für „Trennungssituationen“ es eigentlich so gibt, was diese für einen potenziellen „zweiten Versuch“ bedeuten und was man tun kann, um die vielleicht lohnenswerten „Rehiring Ziele“ zu identifizieren und dann auch zurückzugewinnen.

Jubiläum ohne Gast

Dominik Josten: An diesem Punkt stell ich normalerweise meine Gäste vor. Doch heute ist die 25. Folge und damit Jubiläum, das ich zum Anlass nehme, mal etwas Neues auszuprobieren. Eine „Solo-Folge“. Nicht, weil es nicht bestimmt interessante Experten zu dem Thema geben würde, sondern einfach weil ich öfter danach gefragt wurde, doch auch mal meine eigenen Gedanken zu teilen, so wie ich es schon in vielen Artikeln und E-Books auf HR HEUTE getan habe. Und ehrlich gesagt wollte ich auch einfach mal ausprobieren, wie das so ist, quasi laut mit sich selbst reden, wie es in so vielen Podcasts und Videos üblich ist und gut funktioniert.

Von daher reden wir heute mal über Kündigungen, Abschiedsschmerz, zweite Chancen und Pros und Contras von Wiedereinstellungen in Zeiten eines umkämpften Arbeitsmarkts.

Über Dominik

Dominik Josten: Vielleicht aber zunächst ein paar Worte zu mir, und wen das nicht interessiert, ich hinterlege Kapitelmarker, mit denen man den Teil auch überspringen kann, aber ich hab mich hier noch nie so richtig vorgestellt und bin bisher ja hier im Podcast vor allem als Interviewer und nicht selbst als Experte aufgetreten. Tatsächlich beschäftige ich mich aber schon seit fast 20 Jahren intensiv mit Personalarbeit, der Psychologie in der Führung, innovativen Prozessen und Ansätzen für HR-Herausforderungen und der Frage, warum Personalarbeit sich immer noch oft schwertut, aus der reaktiven Verwaltungsecke rauszukommen.

Angefangen hat meine HR-Leidenschaft schon zu Zeiten des BWL-Studiums in Köln Anfang der 2000er, als ich beim damals neu besetzten Personallehrstuhl gearbeitet habe. Grüße gehen raus an der Stelle an Prof. Dirk Sliwka. „Dirk, wenn Du das hörst, meine Einladung in den Podcast steht nach wie vor, also würd mich freuen von Dir zu hören!“

Nach dem Studium bin ich dann im Personalbereich eines großen amerikanischen Mischkonzerns eingestiegen, unter anderem zur Unterstützung der ERA-Einführung. Hab aber recht schnell gemerkt, dass mich das operative Personalwesen nicht wirklich glücklich gemacht hat. Ich hatte nicht das Gefühl, hier wirklich etwas zu bewirken.

Außerdem hatte ich schon immer eine große IT-Affinität, und hab gemerkt, dass die Mischung aus Leidenschaft für Personalthemen, und gleichzeitig viel Freude an IT, gar nicht so häufig ist. Ohne Klischees zu verbreiten, aber aus ganz persönlicher Erfahrung sind das meistens doch zwei Welten. Diejenigen, die gerne im Personal arbeiten, machen das meist nicht, weil sie so gerne Teil von IT-Projekten sind oder sich Gedanken über optimale Mensch-Maschine-Prozesse machen wollen, oder das Wort überhaupt hören.

Und umgekehrt sind viele ITler sehr auf ihre Systeme fixiert, auf die Konfiguration von Prozessen, und weniger auf Fragen, welche Auswirkungen bestimmte Entscheidungen auf die Motivation von Mitarbeitenden haben, auf die Psyche, Stichwort „Vertrauen“ vs. „Kontrolle“ und solche Themen. Ein “Prozess” ist dann schnell eine Abfolge von Systemschriften, und nicht so sehr die ganze, auf den Menschen fokussierte Interaktion.

Ich hab dann jedenfalls diesen “Zwischenbereich” als meine „Nische“ erkannt und bin in die Transformationsberatung bei SAP gewechselt. Hab also keine Systeme implementiert, aber Kunden bei der Veränderung unterstützt, die oft durch die Systeme ausgelöst wurde. Oder die vielleicht der Grund für neue Systeme war. Meine Rollen waren dann unterschiedlich, von Projektmanagement bis Change-Management Begleitung, oder strategische Beratung etwa zu Shared Service oder Business Partner Konzepte oder auch einfach Prozessdesign, etwa zu Talentmanagement, Nachfolgeplanung oder Mitarbeitergesprächen.

Das hab ich dann viele Jahre gemacht, unzählige Unternehmen kennengelernt, auch weltweit, viele spannende Projekte, aber irgendwann hatte ich das Gefühl, jetzt genug anderen Unternehmen geholfen zu haben, und irgendwie mehr selbst in die Verantwortung gehen zu wollen. Und bin dann ins Führungsteam der heutigen EMPLEOX gewechselt, was ja ein HR- und IT-Dienstleistungs- und Beratungsunternehmen ist, um die hier damals anstehende eigene Transformation zu unterstützen, um den veränderten Herausforderungen der Personalwelt gerecht zu werden. Ich hab über die Jahre ganz unterschiedliche Dinge vorangetrieben oder unterstützt, von Traineeprogrammen über Fusionen und Kooperationen, Produktentwicklungen und vielem mehr.

Im Zuge dessen hab ich seit einigen Jahren eben auch die Verantwortung für den Bereich Marketing und hab mit meinem Team dann HR HEUTE ins Leben gerufen, unser inzwischen ziemliches großes HR-Portal mit rund 200 Artikeln, Videos, diesem Podcast und fast 40 verschiedenen E-Book Ratgebern zu allen möglichen HR- und HR-IT-Themen. Und da schließt sich wieder ein bisschen der Kreis zur Beratertätigkeit, denn wir betreiben HR HEUTE in erster Linie, um HR-Abteilungen zu inspirieren und zu helfen, und nicht um über unsere Produkte und Services zu reden. Und das scheint auch ganz gut anzukommen, sonst hätten wir wahrscheinlich keine 20.000 Visits im Monat.

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Start ins Thema

Dominik Josten: Das soll jetzt aber auch reichen zu meiner Person. Von daher herzlich willkommen zurück an die Vorspuler, denn viel lieber möchte ich tatsächlich über das heutige Thema reden, also über die Frage, ob Kündigungen wirklich ein Abschied für immer sein müssen oder ob „aufgewärmte Beziehungen“ im Arbeitskontext nicht durchaus ein Erfolgskonzept sein können.

Zunächst macht es vielleicht Sinn, die verschiedenen Trennungsszenarien mal so ein bisschen zu gruppieren. Denn die Gründe für eine Kündigung, egal ob durch den Arbeitgeber oder den Arbeitnehmer, können natürlich enorm vielfältig sein. Zwischen Extremfällen wie fristlosen Kündigungen wegen Straftatbeständen an einem Ende bis zum tränenreichen Abschied geschätzter Kollegen aus gesundheitlichen, familiären oder auch betriebswirtschaftlichen Gründen ist alles möglich. Und wie und warum es auseinander ging, ist würde ich sagen durchaus ein großer Einflussfaktor bei der Frage, wie sinnvoll und vielversprechend ein „zurück“ möglicherweise ist.

Trennungstyp 1 - Die Alternativlosen

Dominik Josten: Ich würde sagen man kann so drei größere Cluster unterscheiden. In dem ersten, und das ist auch der, wo man die Frage einer späteren Fortsetzung am einfachsten beantworten kann, würde ich all solche Fälle zusammenfassen, bei denen eine Trennung praktisch „alternativlos“ war. Bei der also mindestens eine der beiden Parteien schwerwiegende Gründe hat, die für eine Trennung sprechen und sich auch nicht mehr beheben lassen. Etwa gravierendes Fehlverhalten, egal ob durch den Mitarbeitenden bei der Tätigkeitsausübung, oder umgekehrt durch Führungskräfte oder Kollegen, die ein Umfeld erzeugt haben, aus dem die Arbeitnehmerseite einfach nur noch „flüchten“ wollte.

Es kann aber auch harmloser einfach eine klare Inkompatibilität zwischen der Unternehmenskultur und der Persönlichkeit des Mitarbeitenden sein. Ist etwa hohe Agilität, Flexibilität und Veränderungsbereitschaft essenziell in ihrem Unternehmen, weil sie im ständigen Wandel sind, in einem hoch dynamischen Markt, kann es durchaus sein, dass jemand, dem Stabilität und Konstanz wichtig sind - oder einfach keine Motivation mehr hat, sich nochmal völlig umzustellen - einfach nicht passt.

Oder die Leistung stimmt ganz erheblich nicht, und der Mitarbeitende hat auch nicht die Arbeitseinstellung und Entwicklungsbereitschaft, hier ernsthaft etwas zu ändern.

Gemein haben all diese Fälle, dass die Trennung, egal wer sie dann letztlich ausgelöst hat, eigentlich unvermeidbar war. Eine Fortführung würde ja bedingen, dass sich eine Seite stark ändern muss, und das wird eher nicht dauerhaft funktionieren. Von daher ist es wahrscheinlich besser, das Thema abzuhaken und nicht zu versuchen passend zu machen, was einfach nicht passt. Das würde am Ende vermutlich mehr schaden als nutzen.

Ich denke viele, die Wiedereinstellungen eher skeptisch gegenüberstehen, denken dabei an solche Fälle, wo eine der beiden Parteien einfach froh war, als es endlich vorbei war. Oder sogar beide.

 

Was sich aber lohnt, ist, meiner Meinung nach, mal darüber nachzudenken, was man aus solchen Trennungen lernen kann. War das Entstehen der späteren Probleme irgendwie absehbar? Gab es frühzeitige Warnsignale? Nicht selten lassen sich rückblickend durchaus Muster erkennen. Etwa, dass schon in Bewerbungsgesprächen Zweifel aufkamen, aber aufgrund von dringendem Bedarf oder auch persönlichen „Empfehlungen“ die Einstellung trotzdem durchgeführt wurde. So einen Fall hatte ich mal im Traineeprogramm, wo wir uns eigentlich unsicher waren, aber eine vertrauenswürdige Person uns davon überzeugt hat, die Kandidatin wäre wirklich total super und würde perfekt zu uns passen. Hinterher ist man immer klüger.

Auch ein nicht seltener Fall ist der, dass übliche Prozesse umgangen wurden, und etwa eine neue, wichtige Führungskraft, die man unbedingt haben wollte „eigene Leute“ unbedingt mitbringen wollte, und diesen Wünschen entsprochen wurde, ohne dass diese “mit eingestellten” Personen den gleichen Prüfungen unterzogen werden, wie es sonst passieren würde. Ohne diese Führungskraft hätte man sie vielleicht nie eingestellt.

Und apropos Führungskraft: manchen fehlt einfach das „Händchen“ dafür, die sprichwörtliche Spreu vom Weizen zu trennen, und liegen mit ihren Einschätzungen immer wieder daneben. Fallen vielleicht immer wieder auf den gleichen Typ “Blender” herein oder so.

Natürlich lässt sich nicht jede Fehleinstellung verhindern, aus meiner Erfahrung muss man sich rückblickend aber doch oft eingestehen, dass es Warnsignale gab. Von daher, wann immer sie froh und erleichtert sind, ein bestimmtes Mitarbeiterkapitel endlich hinter sich gebracht zu haben, würde ich empfehlen, bevor Sie innerlich feiern und die Akte erleichtert zu den “Ehemaligen” umheften, machen Sie noch den einen Schritt und schauen nochmal selbstkritisch darauf, was Sie als Unternehmen aber auch Sie persönlich als Personaler vielleicht daraus lernen können, und beim nächsten Mal anders machen.

Trennungstyp 2 - Die Freundschaftlichen

Dominik Josten: Kommen wir damit zur zweiten Gruppe an Kündigungsszenarien. Hier würde ich all die Fälle zusammenfassen, in denen es zwar ebenfalls gute Gründe für eine Trennung gab, Gründe die sich kurzfristig nicht beheben ließen, die aber auch nicht von ewiger Dauer sein müssen und es durchaus auch Argumente gegen einen Abschied gab.

Etwa wenn die zuvor erwähnte Inkompatibilität nur zwischen Einzelpersonen ist, etwa zur eigenen Führungskraft oder Kollegen, während der Job und die Unternehmenskultur selbst Spaß gemacht hat. Sowas passiert, ohne dass eine Seite daran unbedingt „schuld“ ist. Genau wie manchmal die Leistung nicht stimmt, ohne dass es an mangelnder Einstellung liegt, sondern es schlicht an Wissen oder Erfahrung fehlt, um einen bestimmten Job zu machen. Beide haben sich das zugetraut, beide müssten feststellen, klappt halt doch nicht.

Natürlich ist bei beiden gerade genannten Fällen die bessere Option, lieber auf Weiterbildung zu setzen oder auf interne Versetzungen, aber nicht immer steht die Option oder die Zeit dafür zur Verfügung, und dann kommt es eben manchmal zur Trennung, weil Mitarbeitende vielleicht auch nicht warten wollen, bis sie soweit sind.

Ebenfalls in diese zweite Gruppe zählen würde ich all die Fälle, bei denen Lebensumstände der Auslöser waren, die sich auch wieder ändern können. Seien es Umzüge, um dem Partner oder der Partnerin zu folgen, sich um Kinder oder Angehörige zu kümmern oder was auch immer.

Es gibt sicherlich noch viele weitere vergleichbare Situationen, aber ich glaub es wird auch so deutlich, worum ich so ein bisschen hinaus will. Die Fälle dieser zweiten Gruppe zeichnen sich dadurch aus, dass man oft durchaus „freundschaftlich“ auseinander gehen kann. Mit dem berühmten lachenden und weinenden Auge.

Hier lohnt es sich aus meiner Sicht also absolut, Kontakt zu halten. Denn grundsätzlich spricht ja nichts gegen eine Wiedereinstellung, wenn sich etwa an den Trennungsgründen etwas geändert hat.

Aufgrund des positiven Auseinandergehens sollte es hier meistens kein Problem sein, eine Zustimmung dazu zu bekommen, diese Personen in einer Art Talent-Datenbank zu sammeln, in der man vielleicht auch ein paar Worte notieren kann, wieso es nicht 100% geklappt hat. Hier kann bei Bedarf an entsprechenden Profilen eben wieder reingeschaut werden, sie kann und sollte aber auch genutzt werden, um diese Ehemaligen-Gruppe informiert zu halten. Etwa durch einen Newsletter, Einladungen zu Netzwerktreffen auf Messen oder was auch immer, da sind ihrer Kreativität keine Grenzen gesetzt. Das Ding ist halt, diese “Pro Argumente” geraten mit der Zeit vielleicht in Vergessenheit, es hilft also durchaus, die Ehemaligen hin und wieder daran zu erinnern, wie toll das Unternehmen doch als Ganzes eigentlich war und ist.

 

Aber, wichtig ist aus meiner Sicht auch, die Erinnerungen hier nicht zu verklären. Diese Gruppe ist dafür nämlich prädestiniert. Denn dieses Gefühl „es wäre alles so gut gewesen, WENN….“ ist eben auch gefährlich. Denn dieses WENN kann zwar vergänglich sein, es kann aber auch mehr dahinter stecken, als im ersten Moment geglaubt oder vorgegeben wird. Vielleicht war es gar nicht die konkrete Führungskraft, die das Problem war, sondern Autoritäten im Allgemeinen. Nicht der eine Kollege, sondern ganz grundsätzlich mangelnde Teamfähigkeit. Vielleicht der Umzug aus vermeintlich familiären Gründen doch auch ein bisschen Flucht. Oder der neue Teamverantwortliche will nur glauben, dass es an seinen Vorgängern gelegen hat, und die oft vorhandene Selbstüberschätzung von Führungskräften lässt sie glauben, den Mitarbeitenden bestimmt diesmal “hinzubekommen”.

Sowas hat bestimmt jeder schonmal im Privaten erlebt. Man war sich sicher, die Probleme lägen „nur an diesem einen Grund“, aber dieser war dann eben doch nur ein Symptom einer tieferliegenden Inkompatibilität.

Daher meine Empfehlung für diese zweite Gruppe: Den Blick nicht durch die berühmte Rosa-Erinnerungsbrille machen, sondern nüchtern mit etwas Abstand bewerten, ob sich die Trennung nicht vielleicht nachher doch als größerer Glücksfall erwiesen hat, als im ersten Moment erwartet. Weil das Team unter einer neuen Führungskraft plötzlich aufgeblüht ist. Oder weil andere aus dem Schatten treten konnten und sich beweisen. Oder vielleicht auch einfach, weil sich in der Folgezeit Umstände geändert haben, und die Person, die man vor 3 oder 4 Jahren noch gerne gehalten hätte, heute eigentlich nicht mehr so richtig passt, weil sie nicht so wirklich zu der Kultur passt, zu der man das Unternehmen entwickeln will.

Teamzusammenstellung ist halt, im kleinen wie im großen, eine dynamische Herausforderung, da muss immer wieder dafür sorgen, dass der menschliche und fachliche Fit stimmen und gut ausbalanciert ist. Und ja, zu sehr „Zurückholung der Vergangenheit“, weil es halt ein “einfacher Ausweg” in schwierigem Markt sein kann, kann auch ein negatives Zeichen an die Menschen der Gegenwart sein.

Eine mögliche Rückkehr von Ehemaligen dieser Gruppe sollte daher nicht so selbstverständlich behandelt werden, wie es vielleicht im ersten Moment attraktiv wirken mag. Sie aber auf dem sprichwörtlichen „Schirm“ zu haben, lose Kontakt zu halten und im Blick zu behalten, ob die ehemaligen Trennungsgründe inzwischen nicht mehr existieren, lohnt sich auf jeden Fall. Und bei guter Dokumentation ist das erheblich einfacher, als völlig neue Kandidaten zu bewerten, zu prüfen, ggfs. anzulernen usw.

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Trennungstyp 3 - Die Grundlosen

Dominik Josten: Zeit für die dritte Gruppe an Trennungsszenarien, und das ist die Spannendste aus meiner Sicht. Dies sind die, ich sage mal „grundlosen“ Kündigungen. Das klingt vielleicht erstmal absurd, damit meine ich nicht, dass die Beteiligten keine Begründungen angegeben haben. Es gab aber keine wirklich harten Argumente, die einen auseinandergetrieben haben. Es war kein bewusstes “Weggehen”. Vielleicht haben Sie als Unternehmen sogar alles richtig gemacht, Perspektiven geboten, fair bezahlt, in Weiterentwicklung investiert, haben eine tolle Unternehmenskultur und auch von der Führungskraft hätte man sich kaum besseres wünschen können. Und trotzdem hat der oder die Mitarbeitende die Kündigung eingereicht und lässt sie ein bisschen ratlos bis enttäuscht zurück.

Diese Trennungen sind sicher diejenigen, die die größten negativen Emotionen bei Personalern und Führungskräften auslösen. Denn wer mit Leidenschaft dabei ist, etwa eine tolle Employee Experience zu bieten oder die eigenen Mitarbeitenden zu entwickeln, zu coachen, sie bei Fehlern in den Schutz nimmt, der fühlt sich eben auch ein bisschen “hintergangen“ oder „ausgenutzt“, wenn diese dann trotz allem plötzlich kündigen. Natürlich nicht ganz so stark, aber doch ähnlich wie man sich fühlt, von Freunden oder sogar Partnern im Stich gelassen zu werden, auf die man eigentlich dachte sich verlassen zu können. Bevor man diese Menschen aber alle verdammt, sollte man aus meiner Sicht ein bisschen unterscheiden.

Ja, es gibt sie leider, diese schlicht und einfach sehr egoistischen Menschen. Die ausschließlich an sich selbst denken und Werte wie Gegenseitigkeit, Loyalität oder Fairness irgendwie nicht kennen. Die alles Gute, was ihnen widerfährt oder andere für sie tun, für selbstverständlich und gerechtfertigt halten. Beispielsweise besondere Förderung oder Freiheiten, die sie in Ihrem Unternehmen bekommen haben. Und daher dann, wenn mal etwas nicht in ihrem Sinne geschieht, sei es eine Beförderung, Gehaltserhöhung oder sie auch einfach Aufgaben übernehmen sollen, die wichtig sind, ihnen aber keinen Spaß machen, dann fangen sie einfach an, sich ohne schlechtes Gewissen umzuschauen und dann eben auch kündigen. In ihrer speziellen Logik sehen sie sich dann auch durchaus “im Recht”, aber eigentlich, wenn man es ehrlich nimmt, haben sie Ihr Unternehmen einfach nur ausgenutzt zum eigenen Vorteil. Dies zu erleben als ausgenutzte Partei, Führungskraft, Personaler, kann einen in seinem Weltbild erschüttern aus eigener Erfahrung. Weil man eigentlich nichts falsch gemacht hat, und dann trotzdem vor dem sprichwörtlichen Scherbenhaufen steht.

Ich glaub man fragt sich dann leicht, wieso hat man das nicht früher erkannt, und es kommen sehen, müsste man doch merken, dass die Leute so sind. Ich glaube, das liegt einfach daran, dass man dem cleveren Egoisten den Egoismus nicht unbedingt immer gleich anmerkt, vor allem nicht sofort. Weil das “systematische ausnutzen” würde ja schnell auffallen, wenn es allzu plump geschieht. Und anders als etwa Narzissten, Choleriker oder andere zweifelhafte Persönlichkeitstypen, können Egoisten aus meiner Erfahrung durchaus erstmal wie nette Menschen wirken. Denn solange ihnen etwas nutzt, ist ja alles gut. Sie können super gesellig sein, wenn sie halt ungern alleine sind. Vielleicht sogar hilfsbereit wirken, wenn die Art von „Hilfe“ das ist, was sie ohnehin gerne tun, und das, was sie im Gegenzug bekommen, ihnen eben mehr wert ist.

Von daher ist es glaub ich schwer zu sagen, was könnte man draus lernen, beim nächsten Mal anders machen, um nicht wieder auf die falschen reinzufallen. Ich glaube, hin und wieder gibt es dann doch Anzeichen, die man rückblickend als Warnsignal hätte betrachten sollen. Wenn vielleicht im Bewerbungsgespräch sehr viel gefragt wird, was man alles bekommen kann, aber sehr wenig Interesse an Kultur, Zwischenmenschlichem und solchen Dingen zu bestehen scheint. Wenn Mitarbeitende schon in der Probezeit immer wieder Diskussionen beginnen, woanders würde man dies oder jenes bekommen, ohne dem, was sie dafür bei Ihnen bekommen, irgendeinen Wert beizumessen. Auch wieder ein reales Beispiel aus unserem Traineeprogramm übrigens. Eines der vielleicht umfangreichsten, besten Trainee-Programme, aber wir hatten mal eine Kandidatin, die hat immer nur gejammert „ja, bei dem anderen, da kriegen sie voll das Zertifikat und so“, wo irgendwann klar war, da geht es gar nicht darum, langfristig mit uns gemeinsam irgendwie zu arbeiten, sondern eigentlich nur darum, dass möglichst wertvolle Zertifikat zu bekommen, was man danach wieder für mehr Geld irgendwie eincashen kann.

Ich denk einfach ein Unternehmen ist Teamwork, und auch wenn es verständlich ist, dass jeder auch an sich denkt, wenn es praktisch NUR noch der eigene Nutzen ist, würde ich persönlich solche Leute eher auf die “Blacklist” setzen als für eine Wiedereinstellung in Betracht zu ziehen. Getreu dem Motto “fool me once, shame on you, fool me twice, shame on me”?

 

Aber zurück zum Positiven. Auch wenn es solche Menschen gibt, zum Glück sind sie aus meiner Erfahrung doch eher die Minderheit. Stattdessen stecken oft harmlosere Auslöser hinter den unerwarteten, “grundlosen” Kündigungen. Auslöser entlang des Spektrums von „Naivität“ oder „Unerfahrenheit“, über „FOMO“ bis „Neugier“. Falls Sie den Begriff „FOMO“ nicht kennen, dazu komm ich gleich.

So ist es ja irgendwo nachvollziehbar, dass Mitarbeitende, die noch nicht viel gesehen und erlebt haben im Arbeitsleben, gar nicht einschätzen können, wie gut es ihnen vielleicht bei Ihnen geht. Gerade die Generation Social Media, die permanent mit einer manipulierten, vor-gefilterten „alles ist super“-Online-Scheinwelt konfrontiert wird, könnte hier leicht glauben, alles was sie bisher haben sei „normal“. Schließlich sehen sie doch überall, wie toll es auch bei anderen vermeintlich läuft, so dass die eigene Ist-Situation nicht besonders wirkt. Ist auch schwer, quasi die Qualität einer Führungskraft zu vergleichen im Dialog.

Wenn dann ein fremdes Angebot daherkommt, wo das einzige, was man objektiv vergleichen kann, also das Gehalt, spürbar höher ist, lässt man sich dann leicht verführen von dem Glauben, beim neuen Arbeitgeber gäbe es alles, was man bisher hatte, plus eben mehr Geld. Das dies in der Realität nur selten wirklich stimmt merken die Meisten eben erst später.

In die gleiche Richtung geht auch das Thema „FOMO“. Diese Abkürzung steht für „fear of missing out“, und damit das Gefühl, auch wieder angestiftet durch die moderne Online-Welt und Echtzeit-Kommunikation, dass immer irgendwo noch was tolleres passieren würde, was man gerade verpasst. Noch eine tollere Party, ein noch unglaublicheres Urlaubsziel, noch besseres Essen, ein noch schickeres Handy, oder um eben zurück zum Arbeitskontext zu kommen, ein noch tollerer Job oder Arbeitgeber oder Führungskraft. Eben immer höher, schneller, weiter.

Wenn eben, um ein Beispiel zu machen, bei irgendwelchen Vergleichsperson von einem 16 Stunden-Flug, einem sofort anschließenden anstrengenden Workshop, in dem man vom Kunden beschimpft wurde, einem lauten Hotel mit Pappbrötchen, auf der Rückreise verlorenem Gepäck und anschließenden 3 Tagen Jetlag nur ein paar Selfies vor irgendeiner exotischen Sehenswürdigkeit im Hintergrund übermittelt werden, fällt es leicht zu glauben, in anderen Jobs würde man einfach das coolere Leben führen. Die Welt sehen, statt deutsche Kleinstädte. Und das Gefühl „hätte ich nicht vielleicht…“ kann an einem nagen. Was man früher aus der Midlife-Crisis kannte, ist dank Social-Media heute deutlich häufiger anzutreffen.

 

Und dann gibt es eben auch noch diejenigen, die sich dieser Faktoren oben vollkommen bewusst sind. Auch des Risikos eines Wechsels. Die 100% wertschätzen, was Sie bei Ihnen haben. Und trotzdem für sich selbst wissen wollen, ob etwas anderes vielleicht doch noch besser zu ihnen passt.

 

Nun, worauf will ich hinaus. Diese dritte Gruppe, die „grundlosen“ Trennungen, sind, von den im Abgang als Egoisten geouteten mal abgesehen, eine nahezu perfekte Zielgruppe für Ihre Arbeitgebermarketing-Bemühungen. Denn sie sind eigentlich längst überzeugt von Ihrem Unternehmen, sie müssen gar nix ändern. Man muss die obigen Mechanismen nur wieder umdrehen. Den Ehemaligen vermitteln, was sie jetzt alles verpassen. Durch Erfolgsmeldungen, Instagram-Stories von tollen Firmenparties und dergleichen. Sie bewusst drauf stoßen, ihr „neues Ist“ mal mit dem vorherigen zu vergleichen. Zum Beispiel in dem man den Kontakt sucht, und vielleicht auch unter dem Vorwand „wir wollen besser werden“ die Ehemaligen mal ausfragt, was denn der tolle neue Arbeitgeber soviel besser macht. Und wie er Dinge löst, bei denen man selbst besonders gut ist. Einfach den menschlichen Verdrängungseffekt - denn wer will sich schon gerne schlecht fühlen und einsehen, eine falsche Entscheidung getroffen zu haben – ein Stück weit durchbrechen und die Ex-Mitarbeitenden dazu bringen, mal mit etwas mehr Abstand zu vergleichen. Zu erkennen, dass das Gras eben doch nicht grüner ist beim anderen Unternehmen.

Denn egal, ob diese bewusst nur mal neues ausprobieren wollten, oder naiv und von „FOMO“ getrieben sicher waren, es könne immer nur besser werden, früher oder später wird sich die Erkenntnis schon durchsetzen, wie gut sie es bei Ihnen hatten. Immer vorausgesetzt, sie hatten es bei ihnen gut, aber das ist ja die Definition dieser Gruppe. Sonst gäbe es ja harte Gründe, und dann wären sie ja in einer anderen. Und dann sind solche Ehemaligen die berühmten „low-hanging-fruit“.

Von daher würde ich hier immer sagen, auch wenn der eigene Stolz dem Impuls entgegensteht, die ehemaligen Mitarbeitenden wieder anzurufen, anzuwerben, neu einzustellen, es dürfte sich lohnen, diesen zu überwinden, vor allem bei dieser dritten Gruppe.

Und nicht vergessen, den Ehemaligen geht es doch genauso. Wieder „zurück zu kommen“ fühlt sich auch für diejenigen, die auszogen um noch größeres, tolleres, besser bezahlteres zu finden, auch nicht nach einem Triumphzug an. Und das ist doch „Strafe“ genug dafür, dass sie das Unternehmen im ersten Anlauf nicht richtig wertgeschätzt haben.

Fazit

Dominik Josten: Kommen wir daher zum Fazit. Ich bin überzeugt, gerade in unserer immer schnelllebigeren Zeit, in dem tolle Versprechungen schnell gemacht, aber nur schwer einzuhalten sind, steigt der Anteil der Kündigungen, die keinen Abschied für immer bedeuten müssen, stetig an. Denn anders als früher vielleicht ist eine Kündigung heute nicht mehr nur Endstation einer langen Qual. Es gab sicher Zeiten, da hat man viel ertragen, etwa an Vorgesetzenverhalten, bis man einen sicheren Job verlässt. Heute passiert es dafür glaub ich viel häufiger etwas voreilig, oder vielleicht sogar von vornherein temporär, weil man erstmal irgendwelchen Lebensträumen nachjagen möchte. Gar nicht despektierlich gemeint. Ich bin auch nach dem Abi mit einer gewonnenen Greencard in die USA gegangen, ich weiß wie das ist.

Aus meiner Sicht macht es daher absolut Sinn, gezielt Prozesse und Kompetenzen zur „Rückgewinnung“ von ehemaligen Mitarbeitenden aufzubauen. So wie es viele Unternehmen zur Kundenrückgewinnung längst haben. Ja, es müssen einige Herausforderungen gelöst werden. Vom Datenschutz angefangen über menschlichen Stolz oder Enttäuschung bis zu der Frage, ob man dann später einem möglichen Rückkehrer nur das alte Gehalt anbietet, das neue der Konkurrenz zum Maßstab nimmt oder irgendwo einen Kompromiss findet. Aber die Zielgruppe und das Potenzial ist in Zeit abgegraster Arbeitsmärkte zu attraktiv, um sich nicht mit diesen Fragen zu beschäftigen.

Das heißt nicht, dass es nicht auch weiterhin Ehemalige gibt, die man am liebsten nie wieder sehen will und froh ist, dass sie weg sind, aber auch diese Sortierung braucht eben jemanden, der sich damit beschäftigt. Die richtigen Fragen stellt, analysiert und dann auswählt, wen es sich lohnt, anzusprechen, und wen nicht. Denn am Ende ist ein Arbeitsvertrag eben keine Ehe, und der zweite Versuch mit der oder dem Ex kann viel erfolgreicher werden als der erste. Denn, dass ist der Punkt, jetzt wissen alle Beteiligten, was sie am anderen haben.

In diesem Sinne, lassen Sie mich gerne wissen, wie Sie das Thema sehen! Fanden sie die Überlegungen und Argumentationen interessant? Wie finden Sie solche Solo-Folgen? Schreiben Sie mir gerne an feedback@hr-heute.com oder kontaktieren sie mich auf LinkedIn.

Danke fürs Zuhören und bis zur nächsten Folge! Dann erstmal wieder mit Gast und dem Thema “Purpose”!

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Ratgeber: Wettbewerbsvorteil HR?

E-Book: Talent Management – Teil 1 - Die richtige Führungskultur