Joggerin überquert gepflasterten Platz

Wo laufen sie denn?

Warum Fluktuation auch Vorteile mit sich bringen kann

Nicht immer sind die Folgen der Fluktuation für ein Unternehmen von Nachteil. Der Einstieg neuer Mitarbeitenden kann positive Veränderungen bringen.


Wenn sich Personalabteilungen, Fachmagazine oder Softwarehersteller in einem einig sind, dann ist es meistens „Fluktuation ist schlecht“. Klingt ja auch zu logisch, denn neue Mitarbeitende zu finden, ist schwierig und kostet Geld, also ist es besser, die vorhandenen zu halten.

Wie so oft ist die Realität komplexer. Häufig finden Führungskräfte Fluktuation erstmal nicht schön, denn es bedeutet das Wegfallen vertrauter AnsprechpartnerInnen. Es ist komfortabel, genau zu wissen, wer was am besten kann. Sich darauf verlassen zu können, dass die Mitarbeitenden wissen, was zu tun ist und das Team im Prinzip von alleine funktioniert. Kündigt eine Leistungsträgerin, befällt uns als Führungskraft mitunter Panik. Wer übernimmt jetzt die Aufgaben? Nimmt die Mitarbeiterin unseren Wissensvorsprung jetzt mit zur Konkurrenz? Was bedeutet das fürs Team und enge Vertraute der scheidenden Mitarbeiterin? Wirft die Kündigung ein schlechtes Licht auf mich als Führungskraft?

Sachliche Argumente gegen Fluktuation

Natürlich gibt es auch jede Menge sachliche Argumente, warum Fluktuation den Personalverantwortlichen schwer zu schaffen macht:

  • Kosten
    Wir alle kennen die hohen Kosten für die Einstellung von neuen Mitarbeitenden. Personalmarketingkosten, Werbungskosten, Kosten für Zeitaufwand, Kosten durch Onboarding anstelle voller Produktivität und noch viel mehr erwarten Sie bei der Suche nach geeigneten Mitarbeitenden. Lesen Sie hier, welche Kennzahlen im Recruiting wichtig sind.

  • Verlust von Know-how
    Erst recht kennen wir alle die Probleme, die es bereitet, einen eingeführten Prozess zu ändern, weil wichtige LeistungsträgerInnen weggefallen sind. Neue WissensträgerInnen aufzubauen ist die Chance beim Offboarding. Lassen Sie niemanden gehen, ohne spezifisches Wissen weitergegeben und/oder dokumentiert zu haben.

  • Vertrauensverlust und sinkende Kundenzufriedenheit
    Sie kennen die Diskussionen mit Kunden, weil die bekannte und oftmals beliebte Ansprechpartnerin wegfällt oder ein Produkt nicht mehr von derselben Person gewartet werden kann. Kundenbindung ist oft Vertrauenssache und mit dem Wegfall eines Mitarbeiters kann leider auch schnell die Kundenzufriedenheit schwinden. Hier ist es von Vorteil, wenn mehrere Mitarbeitende eine/n Kunden/-in betreuen und eine große Produktzufriedenheit vorherrscht. 
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Aber es gibt auch die andere Seite, die in vielen Artikeln eher leise und am Rande behandelt wird, denn Fluktuation bringt auch Vorteile mit sich. Warum die Vorteile von Fluktuation sogar überwiegen:

  • Fluktuation schafft Chancen für Entwicklung
    Selbstverständlich hinterlassen Menschen einen leeren Raum, wenn sie ein Unternehmen verlassen. Aber genau dieser leere Raum ist auch wieder ein Freiraum, den andere Kolleginnen und Kollegen nutzen können und auch nutzen werden. Dies gilt insbesondere für die Weiterentwicklung von jüngeren Mitarbeitenden, die gerade in diesen Situationen Chancen erhalten, sich zu zeigen und zu beweisen. Nutzen Sie freie Positionen, Aufgaben und Verantwortlichkeiten, um sie gezielt Talenten anzubieten und somit attraktiv für ihre verbleibenden Mitarbeitenden zu sein. Internes Recruiting und Nachfolgeplanung bieten tolle Entwicklungschancen und können das Zünglein an der Waage sein, damit sich nicht weitere Mitarbeitende von Ihnen abwenden und ebenfalls kündigen.

  • Fluktuation bringt Bewegung
    In eingefahrenen Strukturen bewegt sich häufig nur noch wenig. Es ist klar, wer welche Aufgaben hat, was jemand kann und was nicht, wo jemand Vorlieben hat und was er bzw. sie ablehnt. Raus aus der Komfortzone? Lieber nicht! All das ändert sich, wenn jemand den eingefahrenen Weg verlässt und ausbricht. Denn das bringt auch andere zum Nachdenken. „Will ich das wirklich so weitermachen? Warum geht meine Kollegin und ich nicht?“. Viele dieser Überlegungen sind natürlich auch riskant, bedeuten sie doch eventuell, dass noch jemand ausbricht und neue Wege geht. Aber ganz ehrlich: Das ist nichts anderes als die Disruption, über die wir uns an anderen Stellen immer wieder unterhalten. Und nur diese Disruption bringt uns weiter. Sie eröffnet neue Wege und Möglichkeiten.
Gründe für den Jobwechsel
LinkedIn
  • Fluktuation ist normal
    Menschen in Unternehmen mit sehr geringer Fluktuation können es oft nicht fassen: Es gibt ganze Branchen, da ist Fluktuation vollkommen normal. So sind bspw. im Bereich von Marketingagenturen oder auch Beratungsfirmen Fluktuationsraten von 10 % nicht ungewöhnlich, sondern selbstverständlich. Daher sind auch die Prozesse im Unternehmen darauf angepasst. Sie sind so konzipiert, dass unterstellt wird, dass ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin das Unternehmen jederzeit verlassen könnte. Diese Person im Einzelfall zu ersetzen mag einfach, schwierig oder auch unmöglich sein. Trotzdem müssen die im Unternehmen vorhandenen Prozesse so aufgebaut sein, dass jemand morgen ausfallen kann, ohne dass der Prozess stehen bleibt. Das ist natürlich schwierig, aber es funktioniert in diesen Unternehmen. Denn höhere Fluktuation kann auch Normalzustand sein.

  • Fluktuation erhöht die Kreativität
    Denken Sie an Ihre Marketingabteilung oder Ihr Recruitingteam im Unternehmen. Stellen Sie sich vor, dort wären seit 15 Jahren die gleichen Personen beschäftigt. Denken Sie gleichzeitig darüber nach, wie massiv sich die Arbeitsweise gerade in diesen Bereichen in diesem Zeitraum verändert hat. Vor 15 Jahren haben wir uns die besten Besetzungsquoten von Stellenanzeigen in Zeitungen versprochen. Nach Messebesuchen hatten die Menschen Tonnen von Papier in Werbetaschen, das zu Hause wieder weggeworfen wurde. Heute schalten wir Anzeigen online auf Jobbörsen oder in sozialen Netzwerken, beschäftigen für die Suche nach EntwicklerInnen ganze Heerscharen von Headhuntern und durchforsten in mühseliger Arbeit die sozialen Netzwerke auf der Suche nach potenziellen Kolleginnen und Kollegen.
    Dieser Wandel hat in den Unternehmen rasant Einzug gefunden. Meist sind neue Mitarbeitende neugieriger darauf neue Wege zu gehen und neue Dinge auszuprobieren im Vergleich zu denen, die seit mehreren Jahren den Job ausüben. „Das haben wir doch früher auch schon so gemacht“ kommt ihnen nicht über die Lippen, weil es für sie kein „früher“ gibt. Und diese Neugier bringt ganz neue Anreize in ein eingefahrenes bzw. eingespieltes Team. Das fordert auch die alteingesessenen Kolleginnen und Kollegen wieder heraus, Neues zu entwickeln und anzunehmen. Durch diese Herausforderung entsteht Kreativität.

Fazit: Fluktuation birgt grundsätzlich Positives

Fluktuation birgt grundsätzlich etwas Positives, denn sie schafft jede Menge neuer Möglichkeiten. Wir müssen sie nur richtig anpacken und „managen“. Genau hier unterscheiden sich Unternehmen:

Die einen fördern geradezu eine Kultur der Hilflosigkeit, bei der Fluktuation quasi wie eine Naturkatastrophe unvorhersehbar das Unternehmen beschädigt und Führungskräfte sich davon lähmen lassen. Andere Unternehmen sehen und planen hingegen Fluktuation als Chance für Neues ein. Gleichzeitig überlegen sich Führungskräfte solcher Unternehmen aber auch bereits im Vorfeld, ob vielleicht ein*e Mitarbeiter*in in absehbarer Zeit so unzufrieden sein wird, dass er oder sie den Schritt aus der Komfortzone ins Ungewisse wagt, und suchen das Gespräch. Offene Ohren, ernstgenommene Entwicklungsgespräche und echte Entwicklungschancen zeigen Mitarbeitenden eine Zukunft im jetzigen Unternehmen auf. Eine Zukunft, die es locker mit einem externen Jobwechsel aufnehmen kann, da hier das Umfeld und die Kultur bereits bekannt sind. Ein echter Pluspunkt für Mitarbeitende und Unternehmen so hat auch die potentielle Fluktuation ihr Gutes!

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