In trockenen Tüchern
Von HR HEUTE-Redaktion · 5 Minuten Lesezeit
In Zeiten von Remote Work wichtiger denn je: Betriebsfeiern. Rechtlich gilt es dabei einiges zu beachten. Unsere Rechtstipps für Weihnachtsfest & Co.
Ob Frühling-, Sommer- oder Herbstfest oder das gemütliche Beisammensein um die Weihnachtszeit: Betriebsfeiern stärken den Zusammenhalt. Je seltener sich Ihre Mitarbeitenden im Büro sehen, weil sie viel remote von zuhause aus arbeiten oder über viele Standorte verteilt sind, desto wichtiger wird die gemeinsam verbrachte, gesellige Zeit. Mit unseren Tipps umschiffen Sie gefürchtete Rechtsklippen elegant.
1. Freibetrag
Obwohl Betriebsveranstaltungen eine wichtige soziale Funktion erfüllen, wurde die Anhebung des Freibetrags auf 150 Euro in letzter Minute aus dem Wachstumschancengesetz [1] gestrichen, als es am 22. März 2024 den Bundesrat passierte. Sie müssen also nach wie vor mit 110 Euro brutto pro Mitarbeiter rechnen. Sonst müssen die Kolleginnen und Kollegen Lohnsteuer zahlen, was der Feierlaune eher abträglich sein dürfte. Doch wie ermitteln Sie eigentlich, ob Sie noch im Rahmen sind? Sie summieren alle Kosten, die für die Veranstaltung anfallen, inklusive Umsatzsteuer und teilen sie durch die Zahl der anwesenden Mitarbeitenden.
Ob Sie dabei mit Partnerinnen und Partnern feiern, darüber gibt es unterschiedliche Philosophien. Manche bevorzugen die reine Mitarbeitendenveranstaltung, um das berufliche Netzwerken untereinander zu fördern, andere sehen gerade in der Familienbegleitung das Verbindende. Ein Freibetrag gibt es für diese auf jeden Fall nicht, so dass die Kosten steuerlich auf die jeweiligen Mitarbeitenden umgelegt werden, die die Begleitperson mitgebracht haben. So werden Freibeträge schnell überschritten. Apropos, die Anzahl der Feiern, auf die dieser angerechnet werden kann, ist auf zwei im Jahr limitiert.
2. GEMA-Gebühren
Wirklich beliebt ist die GEMA nicht, aber sie ist praktisch: Stellen Sie sich vor, Sie möchten auf einer öffentlichen Veranstaltung Musik spielen und müssten alle Künstler einzeln um Erlaubnis bitten. Dann doch lieber die GEMA als einzige Ansprechpartnerin. Doch was sagt das Urheberrecht zur öffentlichen Wiedergabe? „Die Wiedergabe ist öffentlich, wenn sie für eine Mehrzahl von Mitgliedern der Öffentlichkeit bestimmt ist. Zur Öffentlichkeit gehört jeder, der nicht mit demjenigen, der das Werk verwertet, oder mit den anderen Personen, denen das Werk in unkörperlicher Form wahrnehmbar oder zugänglich gemacht wird, durch persönliche Beziehungen verbunden ist.“
Wenn Sie nur die Belegschaft einladen, haben Sie einen abgegrenzten Personenkreis. Schwierig wird es allerdings mit den „persönlichen Beziehungen“: „Nur, weil man sich kennt, weil man Kunde ist oder weil man zusammen im selben Betrieb arbeitet, besteht noch lange keine innere Verbundenheit. Ganz grob kann man sich merken: Übersteigt die Teilnehmerzahl 100, wird es schwierig (nicht unmöglich) nachzuweisen, dass hier allseits eine innere Verbundenheit bestehen soll.“[2] Geht es nach dem BGH (und um den kommen Sie nicht herum), haben Sie schlechte Karten, wenn Sie bei der Betriebsfeier um die GEMA-Gebühr herumkommen wollen:
„Eine Betriebsveranstaltung ist nicht deshalb privat, weil die Teilnehmer alle aus einem Betrieb stammen. Die Anbringung von Schildern bspw. mit dem Hinweis ‚Geschlossene Gesellschaft‘ spielt keine Rolle. Die Lebenserfahrung spricht bei einem großen Kreis von Betriebsangehörigen dagegen, dass ein vertrauterer persönlicher Kontakt zwischen den einzelnen Belegschaftsmitgliedern besteht. Das Gefühl der Zusammengehörigkeit, das in der Regel zwischen den einzelnen Betriebsangehörigen während ihrer Zugehörigkeit zum gleichen Betrieb gegeben sein wird, sagt nichts darüber aus, ob die Betriebszugehörigkeit über die gleichgerichteten Arbeitsinteressen und die Werkverbundenheit hinaus zu einem so engen persönlichen Zusammenschluss der einzelnen Betriebsangehörigen untereinander führt, dass die Voraussetzung für Privatheit erfüllt wäre. Unentgeltlichkeit ist kein Indiz für Nicht-Öffentlichkeit. Wenn Familienangehörige, Verlobte oder Freunde der Betriebsangehörigen teilnehmen spricht dies für Öffentlichkeit (da es dann an dem Merkmal abgrenzbarerer Personenkreis fehlt).“[2]
Sie müssen die Musiknutzung also anmelden. Dazu bietet die GEMA ein Onlineportal[3], über das Sie sowohl den Preis ermitteln als auch Ihre Veranstaltung anmelden können.
Versäumen Sie die Anmeldung, kann Ihnen die GEMA das Doppelte der fälligen Gebühren in Rechnung stellen – sicher die schlechtere Alternative. Und außerdem wollen Sie doch die Künstler nicht um ihre wohlverdiente Entlohnung bringen, wenn deren Werke ihre Feier zu einem Erfolg gemacht haben.
3. Teilnahmepflicht
Rein rechtlich können Sie niemanden zur Teilnahme an einer Betriebsfeier zwingen. Es besteht keine Teilnahmepflicht. Laden Sie außerhalb der Arbeitszeit ein, müssen Sie die Zeit auch nicht vergüten: Entweder die Kolleginnen und Kollegen bringen ihre Freizeit ein oder sie verzichten auf die Feier. Anders sieht es während der Arbeitszeit aus. Dann vergüten Sie die Zeit regulär. Haben Mitarbeitende keine Lust teilzunehmen, müssen sie in diesem Fall arbeiten, denn Sie befreien nur für die Teilnahme am Event von der Arbeitspflicht. Da Betriebsfeiern die Mitarbeiterbindung erhöhen und auf die Employee Experience einzahlen sollen, kommen Konflikte dieser Art idealerweise nicht vor. Sollte es dennoch zu Unstimmigkeiten kommen, kennen Sie nun Ihre Rechte. Verabreden sich übrigens Mitarbeitende während der regulären Arbeitszeit etwa zum Fußball schauen, z.B. bei großen Fußballturnieren, ist das Freizeit, die im Rahmen etwaiger flexibler Arbeitszeitmodelle genutzt werden kann.
Alles was Sie über "Employee Experience" wissen müssen
Definition und Ziele von Employee Experience, Vorteile von Employee Experience Management, Bedeutung von Employee Engagement und Employee Life Cycle etc.
4. Fürsorgepflicht
Ihre generelle Schutz- und Fürsorgepflicht gegenüber Ihren Beschäftigten gilt in vollem Umfang für Firmenfeiern und Betriebsausflüge. „Grundsätzlich gilt […], dass die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers auch den Schutz vor sexuellen Übergriffen und Belästigungen umfasst.“[4] In ausgelassener Stimmung kann die Hemmschwelle für übergriffiges Verhalten sinken. Die Herausforderung für Sie als Verantwortliche besteht nun darin, einvernehmliche Flirts von einseitigen Grenzverletzungen zu unterscheiden. So sollten Sie bei Annäherungsversuchen des Abteilungsleiters gegenüber der jungen Kollegin besonders aufmerksam sein, da sie wegen ihrer niedrigeren Position auf der Karriereleiter Ihres besonderen Schutzes bedarf.
5. Kündigung nach Totalausfall
Zur Fürsorgepflicht zählen auch Sanktionen nach einschlägigen Vorfällen. Im schlimmsten Fall kann die Betriebsfeier eine Kündigung des Übeltäters nach sich ziehen. „Voraussetzung für eine fristlose Kündigung ist, dass dem Arbeitgeber nicht mehr zugemutet werden kann, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen. Bei körperlichen Übergriffen, sexueller Belästigung oder auch Beschimpfungen ist dieses Kriterium durchaus erfüllt.“[5] Darüber hinaus müssen Sie auch ungebührliches Verhalten sowie eine massive Störung des Betriebsfriedens nicht hinnehmen. Ob Trinkgelage im Weinkeller der Winzerei nach Partyschluss, Sprung in den Rhein vom Partyschiff oder Table Dance in Unterwäsche: Für Mitarbeitende wird es nach derartigen Entgleisungen eng. Die Konsequenzen können von der Abmahnung bis zur fristlosen Kündigung reichen.
6. Unfallversicherung
Während einer Betriebsfeier oder eines Betriebsausflugs sind Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer über die Unfallversicherung geschützt. Das Bundessozialgericht hat Kriterien für Firmenevents definiert[6]:
- Sie fördern Zusammenhalt und Verbundenheit.
- Sie werden vom Unternehmen initiiert.
- Sie sind offen für alle Betriebsangehörigen.
Beachten Sie dabei, dass der Versicherungsschutz nur für den offiziellen Teil gilt. Doch woran erkennen Mitarbeitende den Übergang zum inoffiziellen Teil? „Die offizielle Feier und damit der Versicherungsschutz enden, wenn die Unternehmensleitung die Veranstaltung für beendet erklärt oder sich das Veranstaltungsende aus anderen Umständen mit der erforderlichen Eindeutigkeit ergibt. Dafür genügt es nicht, dass der Dienstvorgesetzte die Feier verlassen hat. Vielmehr kommt es insbesondere auf das weitere Handeln der vom Dienstvorgesetzten beauftragten Personen an. In der Rechtsprechung wird das Veranstaltungsende überwiegend dann angenommen, wenn jedenfalls eine deutliche Mehrzahl der Teilnehmenden die Veranstaltung bereits verlassen hat.“[7] Dabei sind nur Mitarbeitende, nicht jedoch Gäste geschützt, wobei sich der Schutz auch auf den direkten Hin- und Rückweg erstreckt. Vorsicht allerdings bei Alkoholkonsum: Bei Unfällen unter Alkohol- und Drogenkonsum haftet die Versicherung nicht. Und auch, wenn es ein alter Hut ist: Es kann nicht schaden, frühzeitig an Fahrgemeinschaften und Shuttle Services zu denken sowie an die Mitarbeitenden zu appellieren, für einen sicheren Heimweg zu sorgen.
6. Bildrechte
Die Party war ein voller Erfolg und Sie wollen gleich ein paar Fotos auf der Website hochladen? Schließlich zahlt das nicht nur auf das Image ein, sondern stärkt auch die Arbeitgebermarke des Unternehmens im Recruiting. Fotos Ihrer Kolleginnen und Kollegen dürfen Sie nur hochladen, wenn sie eingewilligt haben. Arbeitgeber behelfen sich oft mit Hinweisen wie: „Mit der Teilnahme an dieser Feier erklären Sie sich mit der Aufnahme und Veröffentlichung von Fotos einverstanden.“ Das reicht nicht aus, weil Sie für die Veröffentlichung im Internet eine schriftliche Einverständniserklärung benötigen.
Weniger strenge Regeln gelten für eine Veröffentlichung im Intranet, im Kundenmagazin und so weiter. Hier können Sie sich auf das „berechtigte Interesse“ laut DSGVO berufen, wenn Sie folgende Aspekte beachten:
- „Transparenz und Offenkundigkeit wahren Die Beschäftigten sind per Einladung und Aushang über die Anwesenheit des Fotografen zu informieren. Heimliches Fotografieren ist zu vermeiden. Informationspflichten sind zu beachten.
- Hinweis auf Widerspruchsrecht Die Beschäftigten sind darauf hinzuweisen, dass sie den Aufnahmen und einer Veröffentlichung jederzeit widersprechen können.
- Ausübung des Widerspruchs berücksichtigen Durch organisatorische Maßnahmen sollte garantiert werden, dass ein bereits ausgeübter Widerspruch hinreichend berücksichtigt wird.
- Fotos mit Bedacht fertigen Diffamierende oder diskriminierende Fotos z. B. sind natürlich zu vermeiden. Kinder dürfen nur mit Zustimmung ihrer Eltern fotografiert werden.
- Art der Veröffentlichung beachten Strengere Maßstäbe gelten für eine Veröffentlichung im Internet, hier geht es nicht ohne Einwilligung.“ [8]
Ist der rechtliche Rahmen einmal geklärt, feiert es sich für alle entspannter. Nun gilt es, ein schönes Programm zusammenzustellen und Raum für ungezwungene Begegnungen zu schaffen. Zur guten Stimmung tragen Ihre Gäste genauso bei wie Sie als Veranstalter.
Quellen
[2] Öffentlichkeit von Veranstaltungen
[3] GEMA Tarifrechner für Veranstaltungen
[4] Betriebsfeier: Was Unternehmer wissen müssen
[5] Rechtliches zur Betriebsfeier
[6] Betriebliche Gemeinschaftsveranstaltungen und Versicherungsschutz
[7] Versicherungsschutz bei Betriebsveranstaltungen
[8] Veröffentlichung von Mitarbeiterfotos nur mit Einwilligung
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