Recruiter - eine ersetzbare Berufsgruppe?
Von Iris Seithel · 2 Minuten Lesezeit
Beim Robot Recruiting übernehmen Algorithmen die Suche nach geeignetem Personal. Haben Recruiter:innen bald ausgedient?
Die Technik hält mehr und mehr Einzug in unser Leben. Dabei werden enorme Innovationssprünge gemacht. Das kann manchmal geradezu beängstigend sein. Vor allem, wenn Computer die eigenen Aufgaben eventuell sogar besser bewerkstelligen können als man selbst. Diese Angst dürfte seit Neuestem auch die einen oder anderen Mitarbeitenden im Recruiting haben. Doch ist sie begründet? Übernimmt die Software bald die Aufgaben von Recruiterinnen und Recruitern?
Robot Recruiting: Mitarbeitersuche per Algorithmus
Technische Unterstützung hat bei der Personalbeschaffung einen hohen Stellenwert. Ohne ein computergestütztes Bewerbermanagementsystem geht in den meisten Unternehmen nichts mehr. Doch nun geht die Unterstützung durch die Technik noch einen Schritt weiter: Beim Robot Recruiting werden mit Hilfe von Algorithmen neue Mitarbeitende rekrutiert. Eine datenbasierte Software analysiert dabei die Bewerbungsunterlagen hinsichtlich verschiedener Kriterien. Dafür müssen die Kandidatinnen und Kandidaten nur ihre Bewerbungsunterlagen hochladen und einen Fragebogen ausfüllen. Das Scannen von Bewerbungsunterlagen schafft ein Computer deutlich schneller als jede/r Personaler/-in. Gerade bei großen Datenmengen spart das enorm Zeit. Außerdem kann eine Maschine eine Auswahl, basierend auf vorgegebenen Kriterien, absolut objektiv treffen. Absolute Objektivität kann ein Mensch nie gewährleisten, selbst wenn er sich noch so viel Mühe gibt. Doch nicht nur die eigenen Bewerberinnen und Bewerber können durch eine solche Analysefunktion bewertet werden, auch das Thema Active Sourcing wird mit einem solchen Algorithmus völlig neu überdacht. Sucht man Spezialistinnen mit bestimmten Kenntnissen, lässt man einfach eine Software in den entsprechenden Karriereportalen nach geeigneten Profilen suchen und diese anschreiben. Hier ist die Zeitersparnis vermutlich noch größer als bei der Auswahl von Bewerberinnen.
Robot Recruiting bedeutet auch Veränderungen für den Bewerber
Sobald sich Unternehmen zur Nutzung einer solchen Analysesoftware entscheiden, hat dies natürlich auch Auswirkungen für die Bewerbenden. Wenn sich keine reale Person mit den eigenen Bewerbungsunterlagen beschäftigt, ist eine persönliche Note oder eine besondere Aufmachung der Unterlagen, ebenso wie durchdachte Formulierungen, absolut überflüssig. Die Software konzentriert sich nur auf die Fakten. Auch ein Bewerbungsbild wird dann nicht mehr benötigt. Bewerbende wird diese Nachricht im ersten Moment vermutlich freuen, immerhin ist es meist viel Arbeit, die eigenen Bewerbungsunterlagen entsprechend zu formatieren und ihnen eine eigene Note zu verleihen. Doch auf den zweiten Blick dürften auch die Bewerberinnen und Bewerber nicht mehr so glücklich über diesen technischen Fortschritt sein. Immerhin können sie dann nur noch mit den harten Fakten ihres Lebenslaufs punkten, was es für die meisten schwierig machen dürfte, dem Screening standzuhalten. Es ist doch oft ein Gesamtpaket aus Persönlichkeit und Können, das eine Bewerberin oder einen Bewerber ausmacht.
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Technische Analyse der Bewerbung birgt Risiken
Wie eben angesprochen, sind zukünftige Mitarbeitende nicht nur eine Ansammlung aus Fakten und Qualifikationen. Die Suche nach neuen Mitarbeitenden ist deutlich vielschichtiger. So spielen auch die Persönlichkeit, das Auftreten und manchmal eben auch die Bauchentscheidung der erfahrenen Personalerinnen und Personaler eine wichtige Rolle im Bewerbungsprozess. RecruiterInnen dürften nur zu gut wissen, dass Bewerbende, die auf dem Papier exzellent zu einer Stelle passen, nicht immer auch die Richtigen sein müssen.
Ein zusätzlicher wichtiger Aspekt ist, dass eine Analysesoftware nur so gut sein kann, wie die Informationen, die ihr zur Verfügung gestellt wurden. Die Kriterien, auf Basis derer die Bewerbenden für eine Stelle gescannt werden sollen, müssen schließlich erst einmal definiert werden. Unterläuft hier ein Fehler oder werden nicht genug Kriterien festgelegt, kann das, ohne eine überprüfende Zwischeninstanz aus Fleisch und Blut, zu fatalen Fehleinstellungen führen.
Robot Recruiting als Zukunftsmodell der Personalsuche
Basierend auf den eben genannten Risiken kann nicht davon ausgegangen werden, dass Recruiterinnen und Recruiter bald komplett von Algorithmen ersetzt werden. Ein Mensch kann Zusammenhänge herstellen oder herausfiltern, ob Bewerbende zu einer Unternehmenskultur passen oder nicht. Und manchmal eben auch nach dem Bauchgefühl entscheiden. Die Frage ist aber auch nicht, ob Computer überhaupt jemals soweit sein werden, sondern wann. Zusätzlich muss die Erwartung der Kandidatinnen und Kandidaten mit einbezogen werden, schließlich will sich ein Unternehmen im Bewerbungsprozess auch von seiner bestmöglichen Seite zeigen (lesen Sie dazu: 7 Tipps für Ihre Mitarbeitersuche). Dazu gehört es, den potenziellen Talenten zuzuhören, sie wertzuschätzen und klar und verbindlich mit ihnen zu kommunizieren. Auch das kann ein Computer nicht leisten.
Trotzdem ist es nicht zu verleugnen, dass Computer immer mehr Aufgaben im Recruiting übernehmen können und werden. Gerade für die Vorselektion eingegangener Bewerbungen oder für das Thema Active Sourcing sind Algorithmen eine große Hilfe und Bereicherung in der Personalarbeit. Automatisierte Vorselektion nimmt Recruiterinnen und Recruitern große Mengen an Arbeit ab. Und darüber sollten sie sich erst einmal freuen, denn so haben sie mehr Zeit, sich um die gut geeigneten Talente für ihre Vakanzen zu kümmern.
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