Lasset die Spiele beginnen!
Von Dominik Josten · 4 Minuten Lesezeit
Was können Sie von Sport-Manager-Spielen und Aktien für Ihre Personalentwicklungsmaßnahmen lernen?
Es könnte so einfach sein. Mitarbeitende wollen gefördert werden, Unternehmen wollen die eigenen Arbeitnehmenden entwickeln. Sogar die Gründe dahinter sind ähnlich: neue Fähigkeiten erlangen, größere, wichtigere Aufgaben und mehr Verantwortung übernehmen und so die Motivation und den Spaß am Job erhalten.
Warum viele Personalentwicklungsmaßnahmen nicht funktioneren
Die wenigsten Mitarbeitenden sind mit der Personalentwicklung in ihrem Unternehmen zufrieden, obwohl praktisch alle Unternehmen die Wichtigkeit bestätigen. Das zeigen einige Studien, die wir Ihnen in unserer Infografik zusammengefasst haben. Der Grund dahinter ist einfach: „Das Unternehmen“ kann weder Feedback geben noch Wissen teilen. Das können nur Kolleginnen, Kollegen oder Führungskräfte. Nur haben die keinen spürbaren Vorteil davon oder sehen sogar Nachteile. Denn Kolleginnen und Kollegen stehen - gefühlt oder tatsächlich - in Konkurrenz zueinander um den nächsten Karriereschritt. Führungskräfte wiederum werden an der Leistung ihrer Mitarbeitenden gemessen, die sich in der Regel auf Ist-Aufgaben bezieht. Gerade die perspektivische Entwicklung jenseits der aktuellen Tätigkeit hat niedrigere Priorität. Denn sie könnte den Verlust von Leistungstragenden aus dem eigenen Team bedeuten. Andere als der eigene Manager oder die Managerin, die weitere, wichtige Kompetenzen vermitteln könnten, brauchen sie schon viel Idealismus, um ihre begrenzte Zeit für anderer Leute Mitarbeitende aufzuwenden.
Es bräuchte einen Ansatz, den jeweiligen Rollen einen Anreiz zu bieten, anderen zum langfristigen Erfolg im Unternehmen zu verhelfen. Leichter gesagt als getan.
Was Talente und Aktien gemeinsam haben
Lassen wir mal etablierte Denkmuster bei Seite und denken neu. Könnte man die anderen Rollen am Erfolg der zu entwickelnden Mitarbeitenden beteiligen? Karrieren von Mitarbeitenden quasi „investierbar“ machen, so wie man es mit Aktien am Unternehmenserfolg kann?
Der Mehrwert liegt auf der Hand. Wer in die Karriere eines anderen investieren und an einer durch Personalentwicklung erzeugten Wertsteigerung teilhaben kann, dürfte stärker motiviert sein, zu dieser aktiv beizutragen.
Was ist der Wert von Personalentwicklung?
Aber wie bemisst man diese Wertsteigerung? Aktien zeichnen sich dadurch aus, dass sie eine vergleichsweise transparente Anlageform sind. Bilanzen, frühere Dividenden, Ausblicke und einiges mehr können eingesehen werden. Die Marktteilnehmenden bilden sich daraufhin eine Meinung darüber, wie viel ihnen ein Anteil wert ist. Aus diesen unterschiedlichen Einschätzungen und Zahlungsbereitschaften entsteht der Marktpreis und dessen ständige Veränderung.
Grundsätzlich gilt: Wächst das Unternehmen und wird erfolgreicher, steigt auch der Kurs. Dies könnte man durchaus auf Mitarbeitende und ihre Karriere übertragen.
Die Frage ist nur, woran man den Wert und mögliche Auszahlungen bemisst? Nimmt man das Gehalt der Mitarbeitenden als Marktwert? Oder eher als Gewinn, und die Dividenden wären dann Anteile am Gehalt der investierten Mitarbeitenden?
Theoretisch denkbar ist das schon, aber die Konsequenz wäre vollständige Gehaltstransparenz und diese ist kaum durchsetzbar. Überhaupt ist die Frage nach dem Wert einzelner Mitarbeitenden moralisch und ethisch schwierig und damit hoch emotional. Diese Bewertung zeichnet jedoch das System Aktieninvestition aus. Vielleicht sollte man daher das Ganze lieber etwas spielerischer angehen, denn zu viel Ernst sorgt im Zweifel nur für neue Konflikte.
Was Sport-Manager-Spiele und Personalentwicklungsmaßnahmen gemeinsam haben
Die passende Inspiration liefern Sport-Manager-Spiele. Bei diesen geht es darum, dass Teilnehmende mit einem virtuellen Budget Avatare real existierender Sportlinnen und Sportler kaufen, etwa Fußballinnen oder Fußballer. Diese Avatare erzielen Punkte, abhängig von der Leistung der echten Sportlerinnen und Sportler. Einsätze, Siege ihrer Mannschaft, erzielte Tore aber zum Beispiel auch Platzverweise und viele weitere Faktoren bringen Plus- oder eben Minuspunkte. Der Marktpreis wird dabei von einer zentralen Stelle (der Bank) auf Basis von in der Vergangenheit erzielten Punkten und Nachfrage festgelegt. Diese kauft und verkauft die Avatare auch, es muss also nicht erst ein Käuferinnen und Käufer gefunden werden. Da die virtuellen Investitions-Budgets begrenzt sind, kann sich niemand ein reines Topstar-Team aus denjenigen, die schon länger hohe Leistung bringen, zusammenstellen. Vielmehr muss auch auf hoffnungsvolle Talente gesetzt werden, die besser als erwartet abschneiden. Also genau das, was man auch mit Personalentwicklungsmaßnahmen erreichen möchte.
Wie Sie mit einem Mitarbeiter-Manager-Spiel die Entwicklungskultur fördern
Es ist gar nicht so schwer, diesen Ansatz im Unternehmenskontext zu nutzen. Es braucht nur ein transparentes Regelwerk, das definiert, wofür die virtuellen Abbildenden der echten Mitarbeitenden Punkte bekommen. Sinnvollerweise für solche Dinge, die die Mitarbeitenden ohnehin tun (oder tun sollen). Etwa die vereinbarten Ziele. Oder auch andere, transparente Erfolge, etwa ein erfolgreich gelöstes Ticket im Support, der Abschluss eines Vertrieblers oder Vertrieblerin oder eine fehlerfreie Charge in der Produktion. Wofür es Punkte gibt, kann sich dabei von Rolle zu Rolle unterscheiden, so wie es beim Fußballbeispiel auch andere Anforderungen an Torhüterinnen, Torhüter oder Stürmerinnen und Stürmer gibt. Wichtig ist, dass die Punktevergabe leicht nachvollziehbar ist und ohne großen Aufwand regelmäßig durchgeführt werden kann (z.B. weil die Information ohnehin im Reporting enthalten sind). Dazu sollte es noch Basispunkte pro Karrierestufe geben. Dadurch erhöhen Beförderungen den Marktwert des Avatars. Außerdem sorgt dies dafür, dass die Avatare von Junior-Mitarbeitenden (die mehr Unterstützung brauchen) deutlich günstiger sind als die von Senior-Managern und gleichzeitig größeres Wachstumspotential bieten. Schon hat man eine Grundlage, die eigenen Personalentwicklungsmaßnahmen spielerisch zu unterstützen.
Mit Gamification unternehmerischen Mehrwert generieren
Verlieren wir aber das ursprüngliche Ziel nicht aus den Augen. Es sollte darum gehen, Anreize für Mitarbeitende zu schaffen, Kolleginnen und Kollegen bei deren Karriere zu unterstützen. Das hier vorgestellte Konzept bietet eine ungewöhnliche und dadurch spannende Basis. Dafür muss es aber in der Unternehmenskultur verankert werden. Die Nutzung solch spielerischer Elemente in ernste Abläufe wird übrigens auch als „Gamification“ bezeichnet. Damit das ganze nicht nur ein spaßiger Zeitvertreib bleibt, könnten Mitarbeitende eine variable Gehaltskomponente bekommen, die an erfolgreiche Investitionen in andere Mitarbeitende gekoppelt ist. Das erzeugt die Anreize, nicht nur auf andere Mitarbeitende zu wetten, sondern die eigenen Gewinnchancen aktiv zu verbessern, in dem man seinen Investitionszielen hilft.
Wenn Sie bis hierhin gelesen haben, haben Sie jetzt vermutlich viele Zweifel. Begünstigt es nicht Insider, die größeren Einfluss auf den Erfolg von Mitarbeitende haben? Würden sich nicht befreundete Mitarbeitende zusammentun und einen unter sich besonders unterstützen? Lenkt es von der eigenen Arbeit ab oder verschiebt Prioritäten?
Alles valide Fragen! Lassen Sie sie uns im Detail anschauen:
Begünstigt es nicht Insider, die Einfluss auf den Erfolg von Mitarbeitenden haben?
Ja, macht es, aber das ist ja sogar ein erwünschter Effekt. Wer sich für die Entwicklung eines Kollegen aktiv engagiert und diesem hilft, SOLL überdurchschnittlich profitieren.
Würden sich nicht befreundete Mitarbeitende zusammentun und einen unter sich besonders unterstützen?
Grüppchenbildung nach Sympathie gibt es auch heute schon. Der obige Ansatz dürfte wenn dann eher dagegenwirken, denn beim eigenen Geld hört für viele bekanntlich die Freundschaft auf. Mehr Gründe, in einen nicht ganz so sympathischen, aber sehr talentierten Kolleginnen und Kollegen Zeit (und virtuelles Budget) zu investieren als heute, gibt es allemal. Und solange es Punkte nur für unternehmerisch sinnvolle Dinge gibt (s.o.), kann ohnehin nicht viel passieren. Es gibt schließlich schlimmeres, als wenn Mitarbeitende sich zusammentun, um z.B. mehr Abschlüsse zu erreichen.
Lenkt es von der eigenen Arbeit ab oder verschiebt Prioritäten?
dem Unternehmen in Summe zu Gute, wenn Mitarbeitende einen Teil ihrer Zeit in die Entwicklung anderer investieren. Dazu kommt, dass für den eigenen Erfolg natürlich nach wie vor die Leistung im eigenen Job zählt, und selber Karriere machen ist dann doch noch attraktiver, als nur an der von anderen teilzuhaben.
Zugegeben, der Ansatz ist sicher unorthodox und es gibt bisher keine Liste innovativer Unternehmen, die dies schon erfolgreich umgesetzt haben. Dass es aber neue Wege braucht, ist angesichts von fast 90% Unzufriedenheit mit gängigen Methoden mehr als offensichtlich. Kreative Personalentwicklung kann so zum Wettbewerbsvorteil werden.
Uns interessiert Ihre Meinung. Halten Sie den Ansatz für umsetzbar? Hätten Sie Interesse an einem Pilotprojekt? Schreiben Sie uns. Wir sind gespannt!
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