Fünf Fehler, die Arbeitgeber teuer zu stehen kommen
Von HR HEUTE-Redaktion · 3 Minuten Lesezeit
Die Lohnpfändung kann für Arbeitgeber teuer werden, da sie sowohl ihren Mitarbeitenden als auch dem Gläubiger gegenüber schadenersatzpflichtig sind.
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Leider geht die Rechnung häufig nicht auf. Eines Tages zog beispielsweise die TikTokerin Leari Cheri die Reißleine und machte ihre Schulden öffentlich. Als eine von sehr vielen verlor sie den Überblick und damit die Kontrolle über ihre finanzielle Situation. Selbstverständlich sind nicht nur Social-Media-Profis, sondern Beschäftigte in allen Branchen von Überschuldung betroffen. Sie als Arbeitgeber geht es dann etwas an, wenn es zu einer Lohnpfändung kommt. Sie sollten die Gefahr von Schadenersatzforderungen nicht unterschätzen. Wir haben fünf Fehler für Sie zusammengefasst, die Sie teuer zu stehen kommen.
1. Den Pfändungsbeschluss erstmal liegenlassen
Landet ein Pfändungsbeschluss auf seinem Schreibtisch, reagiert Christian Pooch sofort. Denn der Payroll Specialist in unserem HR-Outsourcingbereich BPO weiß, dass Arbeitgebern nur zwei Wochen bleiben, um auf eine Lohnpfändung zu reagieren. Leider, weiß der erfahrene Dienstleister, fehlt in den HR-Abteilungen häufig die Sensibilität für die Dringlichkeit, auch deshalb, weil sie übers Jahr nur mit wenigen Fällen in Berührung kommen.
Wenn der Arbeitgeber die Zustellungsurkunde des Pfändungsbeschlusses erhalten hat, darf er dem betroffenen Mitarbeiter nicht mehr den vollen Lohn auszahlen. Außerdem muss er eine Drittschuldnererklärung abgeben. Innerhalb der 14-tägigen Frist hat er mitzuteilen,
- ob er die Forderung als begründet anerkennt und ihr Folge leisten wird,
- ob andere Personen Ansprüche an die Forderung geltend machen
- und ob die Forderung schon für andere Gläubiger gepfändet ist inklusiv der entsprechenden Ansprüche.
2. Sich darauf verlassen, dass Sie den Pfändungsbeschluss schon erkennen
Selbst wenn Sie sich einmal die Finger verbrannt haben und nun akribisch darauf achten, dass Ihnen kein Pfändungsbeschluss mehr durch die Lappen geht, können Sie sich leider nicht in Sicherheit wiegen. Denn eine Vielzahl der Pfändungs- und Überweisungsverfügungen kommt wie ein ganz normaler Brief daher, versendet von Krankenkassen, vom Finanzamt wegen Steuerschulden oder von der Unterhaltsvorschusskasse des Jugendamts. Auch ein Umschlag, der nicht vom Gerichtsvollzieher kommt, kann die Mitteilung enthalten, dass ein Insolvenzverfahren eröffnet ist. Da für alle Fälle dieselben Regeln gelten, drohen unnötige Kosten.
3. Die Zuständigkeit nicht klar klären
Häufig geben Unternehmen die Drittschuldnererklärung nicht rechtzeitig ab, weil nicht klar ist, wer eigentlich dafür zuständig ist. Wenn Sie administrative HR-Prozesse an einen Dienstleister ausgelagert haben, sollten Sie die Folgeprozesse einer Lohnpfändung und die Verantwortlichkeiten klar definieren. Es empfiehlt sich, das Thema einem Dienstleister zu überlassen. Denn Lohnpfändungen kommen zwar flächendeckend vor, aber bei einem Unternehmen in der Regel so selten, dass die Routine fehlt. Zwar kann es sein, dass übers Jahr deutlich weniger als zehn Pfändungen bei Ihnen eintrudeln, aber die Prozesse, die dann angestoßen werden, sind sehr kompliziert. Es gibt zahlreiche Spezial- und Sonderfälle. Christian Pooch: „Im Grunde muss das Thema bei jeder Lohnart mitgedacht werden: Was ist pfändbar, was nicht und welche Regeln gelten im Detail?“ Dabei sind viele Einzelheiten zu bedenken:
- Inflationsausgleich,
- Jubiläumszahlungen,
- Mehrarbeit,
- Zuschläge für die Arbeit an Sonn- und Feiertagen sowie in der Nacht,
- Zulagen für besonders schwere und gefährliche Arbeiten (Erschwernis- oder auch Gefahren- beziehungsweise Schmutzzulage).
Vieles ist nicht im Gesetz geregelt und wird über Gerichtsverfahren entschieden (Richterrecht). Um Klagen zu vermeiden, muss man die Urteile kennen. Außerdem sollte sich eine Mitarbeiterin oder ein Dienstleister ständig auf dem Laufenden halten, was es für Arbeitgeber Neues zu Lohnpfändung gibt. Was sich beispielsweise noch nicht vollständig herumgesprochen hat: Der Ausschluss von Lohnabtretungen ist in allen Arbeitsverträgen, die nach Oktober 2021 geschlossen wurden, unwirksam und sollte daher gestrichen werden.
4. Das HR-System einfach machen lassen
In SAP HCM und anderen Systemen muss die Lohnpfändung bewusst eingerichtet werden. Große Anbieter wie SAP halten ihre Kunden zwar über Neuerungen auf dem Laufenden. Darüber hinaus sollte es aber mindestens eine Expertin fürs Thema geben, denn bei jeder neuen Lohnart (Inflationsausgleich, Jubiläumsgelder und so weiter) muss der pfändbare und der nichtpfändbare Teil ausgewiesen werden. Je weiter vom Standard weg, desto schwieriger wird es.
Es kommt häufig vor, dass die Gläubiger Zweifel an der Richtigkeit der Berechnungen hegen. Dann ist es gut, eine zertifizierte Abrechnungssoftware einzusetzen. Allerdings geben sich viele nicht damit zufrieden und wollen sich das Ergebnis nochmal vorrechnen lassen. Auch dazu braucht es Experten im Haus. Wenn Sie wissen wollen, ob die Software, die Sie einsetzen, noch up to date ist, hat Christian Pooch einen Tipp: Alle zwei Jahre im Juli gibt das BMJ eine Tabelle mit den Pfändungsfreigrenzen für Arbeitseinkommen heraus, die sogenannte Pfändungstabelle. Der Payroll Specialist nutzt die Berechnungen, um zu prüfen, ob SAP noch zu den richtigen Ergebnissen kommt.
Bei jeder neuen Lohnart muss der pfändbare und der nichtpfändbare Teil ausgewiesen werden!
5. Das machen, was Gläubiger und Schuldner wollen
Zwar muss der Arbeitgeber bei Lohnpfändungen die Fristen im Blick behalten. Christian Pooch warnt allerdings vor blindem Aktionismus: „Prüfen Sie genau, ob beim Arbeitgeber gepfändet wird, und geben Sie nur dann eine Drittschuldnererklärung ab.“ Außerdem rät er davon ab, die Vordrucke der Gläubiger auszufüllen. Denn diese schießen mit ihrem Informationshunger regelmäßig weit übers Ziel hinaus. Damit geraten Sie als Personaler in Gefahr, gegen den Datenschutz zu verstoßen. Setzen Sie stattdessen eigene Schreiben auf und prüfen Sie genau, welche Auskünfte berechtigterweise zu erteilen sind.
Differenzen gibt es immer wieder bei der Unterhaltspflicht, die in die Berechnung des gepfändeten Einkommens einbezogen wird. Unterhaltsberechtigt sind
• Ehepartner,
• frühere Ehepartner,
• Lebenspartner,
• frühere Lebenspartner,
• Verwandte in gerader Linie
• und Elternteile mit einem Unterhaltsanspruch.
Letztlich sind die Unterhaltsberechtigten schwer zu ermitteln. Um das Haftungsrisiko zu minimieren, sollten Sie vom Arbeitnehmer eine schriftliche Erklärung zur Anzahl der unterhaltsberechtigten Personen fordern und als Nachweis in die Lohnunterlagen nehmen.
Wenn es auch schwerfällt und möglicherweise das Verhältnis belastet: Bleiben Sie misstrauisch, wenn Ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Ihnen versichern, dass die Schulden nun abgegolten sind. Zahlen Sie Ihren Mitarbeitenden erst dann wieder ihren vollen Lohn, wenn der Gläubiger Ihnen das bestätigt. Sonst riskieren Sie Schadenersatzforderungen. Gerade die mitunter belastende zwischenmenschliche Seite kann dafürsprechen, die Lohnpfändung auszulagern. „Manches nimmt man auch mit“, sagt Christian Pooch. Fragen Schuldner etwa nach dem Weihnachtsgeld, gilt es mitzuteilen, dass dieses Jahr 750 Euro pfandfrei bleiben. Nicht bei allen kommt da Feierlaune auf.
Verlangen Sie vom Arbeitnehmer eine schriftliche Erklärung zur Anzahl der unterhaltsberechtigten Personen!
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