An die Arbeit, fertig, los!
Von HR HEUTE-Redaktion · 3 Minuten Lesezeit
Flexible Arbeitszeitmodelle sind mehr als nur ein Mittel zum Bürokratieabbau. Sie sind eine Voraussetzung zur Gewinnung & Bindung Ihrer Mitarbeitenden.
"Wenn ich heute noch bei meinem alten Arbeitgeber wäre? Ich wäre erst um 19 Uhr zuhause, hätte noch nicht eingekauft und hätte keinerlei Ausgleich für mich selbst.“ erzählt uns die Mitarbeiterin aus der Personalabteilung.
Von Flexibilität wollte dort niemand etwas wissen. Sie entschied sich für einen Wechsel des Arbeitgebers und genießt heute die Vorzüge flexibler Arbeitszeiten, die ihr das neue Unternehmen bietet.
Der Fall zeigt: Flexible Arbeitszeitmodelle sind weit mehr als nur ein Mittel zum Bürokratieabbau. Sie sind vielmehr eine Voraussetzung zur Gewinnung, Bindung und Motivation Ihrer Mitarbeitenden.
Flexible Arbeitszeitmodelle bieten Mitarbeitenden einen höheren Grad an Selbstbestimmung
Mehr Flexibilität und Freiheit in der Gestaltung ihrer Arbeit – das wünschen sich zunehmend sowohl Jobsuchende als auch Mitarbeitende. Im Kern geht es dabei um eine gute Vereinbarkeit der Arbeit mit dem Privatleben. Die Freiheit zu haben, auch mal am Freitagmittag das Büro zu verlassen, um das verlängerte Wochenende in einer europäischen Metropole verbringen zu können. Oder auch mal mit dem Laptop von der eigenen Terrasse arbeiten zu können und damit für einen Tag dem zeitraubenden Berufsverkehr zu entgehen.
Können es sich Unternehmen leisten, diesem Trend zu widerstehen? Wohl kaum, denn bei der Wahl des Arbeitgebers spielen Arbeitsbedingungen eine immer größere Rolle. Sie sollen den eigenen Lebensstil unterstützen anstatt ihn zu erschweren.
Familiäre Verpflichtungen wollen erfüllt werden
Der Wunsch nach mehr Spielraum bei der Zeiteinteilung ist jedoch nicht nur getrieben vom Bedürfnis nach einer erfüllten Freizeit. Flexible Arbeitszeitmodelle helfen Mitarbeitenden auch, ihren familiären Verpflichtungen nachzukommen. Das wird umso wichtiger, wenn beide Elternteile arbeiten:
- Wenn der Kindergarten anruft, weil das eigene Kind krank ist und früher abgeholt werden muss.
- Wenn die eigenen Eltern erkranken und zum Arzt gebracht werden müssen.
Ereignisse wie diese gehören zum Leben, und sie nehmen keine Rücksicht auf unsere Arbeitszeiten. Der Konflikt zwischen privaten und beruflichen Verpflichtungen kann für Mitarbeitende zermürbend sein und auch ihre Leistung negativ beeinflussen.
Wer jedoch familiäre Verpflichtungen wahrnehmen kann, ohne dafür Urlaubstage opfern zu müssen, hat eine große Sorge weniger. Das zeigt auch der folgende Kommentar einer Mitarbeiterin: „Ich kann allen gerecht werden“, erzählt uns die Kollegin mit Erleichterung und Stolz. Sie pflegt Zuhause ihren dementen Vater und übernimmt im Beruf als Assistentin anspruchsvolle Aufgaben. Das gute Gewissen und der verständnisvolle Umgang ihres Arbeitgebers mit ihrer privaten Situation haben der Mitarbeiterin Auftrieb gegeben: „Ich liebe es, ins Büro zu gehen“.
Im Wettbewerb ganz vorne – dank flexibler Arbeitszeitmodelle
Flexible Arbeitszeiten bieten auch für Unternehmen handfeste Vorteile, und zwar über den Wegfall von administrativen Aufwänden hinaus. Unternehmen, die ihren Mitarbeitenden eine flexible Arbeitszeitgestaltung ermöglichen, bleiben auch langfristig für talentierte Jobsuchende interessanter.
Die Eigenverantwortung bei der Zeiteinteilung stärkt zudem das wirtschaftliche Denken der Mitarbeitenden. Wer nicht auf Basis der Anwesenheitszeit bezahlt wird, überlegt sich schließlich genau, wie er die an ihn gestellten Aufgaben möglichst effizient erledigt.
Flexible Arbeitszeitmodelle unterstützen zudem viel eher die heutigen Tätigkeitsformen in Unternehmen als starre Modelle. Viele Mitarbeitende verrichten vorwiegend geistige Arbeit: Ein Entwickler brütet über einem Algorithmus, eine Ingenieurin entwickelt ein Simulationsmodell, ein Designer macht sich Gedanken zur User Experience. Bei solchen Tätigkeiten ist man nicht jede Stunde gleichbleibend produktiv. Flexible Arbeitszeiten erlauben es den Mitarbeitenden, ihre Tätigkeit in ihre produktivste Tagesphase zu legen.
Typische Stolperfallen bei der Einführung
Der Wechsel von starren zu flexiblen Arbeitszeitmodellen stellt Unternehmen durchaus vor einige Herausforderungen.
Zum einen lassen sich flexible Arbeitszeiten nicht in allen Abteilungen gleichermaßen umsetzen, obwohl dies im Sinne der Gleichbehandlung der Mitarbeitenden wünschenswert wäre. So ist der Kundendienst eines Unternehmens auf feste Anwesenheitszeiten seiner Belegschaft angewiesen. Sind keine oder nicht genügend Support-Mitarbeitende verfügbar, leidet darunter am Ende die Kundenzufriedenheit.
Auch die Team-Zusammenarbeit wird auf die Probe gestellt, wenn Mitarbeitende ihre Arbeitszeiten plötzlich frei wählen können. Gerade in Projektsituationen muss beispielsweise oft schnell reagiert werden. Ist der benötigte Mitarbeitende jedoch nicht im Büro, führt dies nicht selten zu Missstimmung.
Weiterhin müssen sich Unternehmen bei der Einführung flexibler Arbeitszeit auf Akzeptanzprobleme einstellen. Manche Kolleginnen und Kollegen begegnen der Flexibilisierung mit Skepsis. Sie sind besorgt, dass durch den Wegfall der Zeitmessung der unbezahlten Mehrarbeit nun Tür und Tor geöffnet werden. Andere fragen sich: „Wie zeige ich meiner Führungskraft meinen Wert, wenn nicht durch meine Anwesenheit im Büro?“.
All diese Herausforderungen können jedoch überwunden werden. Nachfolgend haben wir einige Tipps für Sie zusammengestellt.
So wird Skepsis zu Unterstützung: 4 Tipps zur erfolgreichen Einführung flexibler Arbeitszeitmodelle
Mit gutem Beispiel vorangehen
Vorgesetzte sollten mit gutem Beispiel vorangehen und selbst von ihrer zeitlichen Flexibilität Gebrauch machen. Verlässt die Führungskraft auch mal um 16 Uhr das Büro, um mit ihren Kindern zu spielen, wirkt dies authentisch und stärkt das Vertrauen der Mitarbeitenden in ihr Unternehmen.
Auf die Lebenssituation der Mitarbeitenden eingehen
Die Skepsis gegenüber zeitlicher Flexibilisierung kann überwunden werden. Dazu müssen die Mitarbeitenden spüren, dass sich ihre Arbeit tatsächlich besser mit ihrer persönlichen Lebenslage vereinbaren lässt. Nicht jeder Mitarbeitende hat jedoch den Mut, die Lebenssituation gegenüber der Führungskraft anzusprechen. Vorgesetzte können das Gespräch anregen und ihre Mitarbeitenden zum offenen Umgang mit den eigenen Lebensumständen ermutigen.
Zusammenarbeit neu lernen
„Wir haben Dich im Meeting vermisst. Wo warst Du denn?“: Mitarbeitende müssen lernen, sich mit ihren Kolleginnen und Kollegen sowie ihren Führungskräften abzustimmen, damit derartige Überraschungen ausbleiben. Dies erfordert jedoch eine gewisse Zeit. Einfache Kommunikationsmittel wie eine E-Mail an das Team oder ein Kalendereintrag über die geplante Abwesenheit genügen jedoch, damit jeder über die Verfügbarkeit des anderen im Bilde ist.
Den Kulturwandel aktiv angehen
Flexible Arbeitszeitmodelle funktionieren nur in Kombination mit einem zielorientierten Führungsstil. Zielorientierte Führung wiederum verlangt von Vorgesetzten ein starkes Vertrauen in ihre Mitarbeitenden. Nicht in allen Unternehmen ist diese Vertrauenskultur gleichermaßen ausgeprägt. Es macht daher Sinn, die Umstellung des Arbeitszeitmodells zu mehr Flexibilität mit Maßnahmen zur Herstellung und Förderung einer Vertrauenskultur zu kombinieren.
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