Mehrere Personen lächelnd in einem Meeting

Der Kandidat ist König

8 ultimative Tipps, wie Sie Ihre Candidate Experience verbessern

Eine positive Candidate Experience beginnt schon beim Bewerbungsprozess. Doch wenn dieser eine Qual ist, bewerben sich Top-Talente eher woanders.

Stellen Sie sich vor, Sie betreten einen Laden und möchten gerne einen Fernseher kaufen. Keiner beachtet Sie. Sie warten. Vielleicht sprechen Sie einen Verkäufer an, bekommen aber keine sehr freundliche Antwort und nach 30 Minuten verlassen Sie frustriert den Laden. Nach diesem negativen Erlebnis gehen Sie zur Konkurrenz. Dort werden Sie freundlich begrüßt, Sie bekommen ein Wasser angeboten und eine kompetente, umfassende Beratung. Leider hat der zweite Händler den gewünschten Artikel nicht vorrätig und Sie verlassen auch diesen Laden wieder, ohne etwas gekauft zu haben.

Trotzdem haben Sie sich hier sehr wohl und gut umsorgt gefühlt. Wenn Sie nach einiger Zeit wieder auf der Suche nach einem bestimmten Artikel sind, zu welchem Laden gehen Sie? Vermutlich würden Sie eher Laden Nummer 2 betreten, als sich nach der negativen Erfahrung nochmal bei Händler 1 blicken zu lassen. Und dasselbe würden Sie auch Ihren Freunden raten, wenn sie ein Elektro-Fachgeschäft suchen.

Bewerber sind wie Kunden

Ähnlich ist es im Recruiting. Denn so geht es den Jobsuchenden, die sich für Ihr Unternehmen interessieren. Sie bewerben sich, möchten wertschätzend und freundlich behandelt werden und sich gut betreut fühlen. Und selbst wenn es mit der angestrebten Stelle nicht klappt, haben sie eine positive Erfahrung mit Ihrem Unternehmen gemacht und schicken vielleicht sogar für eine andere Vakanz mit einer größeren Wahrscheinlichkeit erneut eine Bewerbung los. Was allerdings fast noch wichtiger ist: Bewerberinnen und Bewerber teilen ihre Erfahrungen im Bewerbungsprozess mit Angehörigen und im Freundes- und Bekanntenkreis. Machen sie aber negative Erfahrungen mit Ihrem Unternehmen, werden sie sich nicht noch einmal bewerben und davon auch ihrem Umfeld abraten. Die Erfahrungen eines Kandidaten oder einer Kandidatin mit einem Unternehmen nennt man "Candidate Experience".

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Was ist Candidate Experience?

Candidate Experience kann man mit "Kandidatenerfahrung" übersetzen. Darunter versteht man die gesamten Erfahrungen, die ein Kandidat bzw. eine Kandidatin mit einem Unternehmen während des kompletten Bewerbungsprozesses macht. Dazu gehört die gesamte Kommunikation, der Auftritt im Bewerbungsgespräch ebenso wie der Umgang mit Absagen. Wenn Sie also an der Außenwirkung Ihres Unternehmens auf Kandidatinnen und Kandidaten arbeiten möchten, gibt es zahlreiche Ansatzpunkte, die Sie analysieren und verbessern sollten.

Um einen besseren Überblick zu bekommen, können Sie die "Reise" von Kandidatinnen und Kandidaten im Bewerbungsprozess grob in folgende Phasen untergliedern:

Phasen im Bewerbungsprozess

Der Kandidat bzw. die Kandidatin wird im ersten Schritt auf Ihr Unternehmen aufmerksam und informiert sich dann eingehend über die Möglichkeiten, die Sie bieten, sowie über die ausgeschriebenen Stellen. Anschließend bewirbt er bzw. sie sich und durchläuft dann verschiedene Schritte im Auswahlprozess (Telefoninterview, Einstellungstests, Vorstellungsgespräch) oder bekommt eine Absage. War der Auswahlprozess erfolgreich, bekommt der Kandidat bzw. die Kandidatin letztendlich eine Rückmeldung und durchläuft - wenn Sie sich einig werden - einen Onboarding-Prozess.

Candidate Experience: Hohes Potenzial für Fehlverhalten

In all diesen Phasen könnte sich Ihr Unternehmen nicht angemessen und wertschätzend genug verhalten. Der erste Schritt hin zu einer positiven Candidate Experience lautet also: Erkennen Sie die Stolperfallen und stellen Sie den Bewerbungsprozess auf den Prüfstand.

Wir beobachten immer wieder, dass Unternehmen keine Notwendigkeit sehen, am momentanen, oft deutlich verbesserungswürdigen Zustand etwas zu ändern. Da gehören Sie doch bestimmt nicht dazu, oder? Immerhin lesen Sie diesen Artikel. Damit haben Sie den ersten Schritt schon getan.

Doch viele Personalverantwortliche denken immer noch: "Der Kandidat will bei mir arbeiten, er kommt als Bittsteller zu mir und kann sich glücklich schätzen, wenn ich ihm einen Teil meiner kostbaren Zeit schenke."

Mit dieser Einstellung kommt man auf dem heutigen Bewerbermarkt nicht mehr weit. Stichworte: demografische Lücke und Fachkräftemangel in immer mehr Bereichen. Die guten KandidatInnen haben immer höhere Ansprüche und Erwartungshaltungen gegenüber Unternehmen.

Wenn Sie gute Kandidatinnen und Kandidaten nicht gut behandeln, ziehen Sie weiter. Punkt.

Was können Sie als Personalverantwortliche konkret tun, um die Candidate Experience, also die Kandidatenerfahrung, zu verbessern?

Das Gute ist: Sie haben eine Menge an Möglichkeiten, die Candidate Experience zu verbessern. Hier sind die wichtigsten Alternativen:

1. Anziehung: Die Karriereseite ist sehr wichtig für die Candidate Experience und Ihre Arbeitgebermarke

Der erste Kontaktpunkt zwischen Ihrem Unternehmen als Arbeitgeber und KandidatInnen ist in den meisten Fällen die Karriereseite. Nur wenn diese ansprechend und informativ gestaltet ist, zeigen BewerberInnen tiefer gehendes Interesse und besorgen sich ausführlichere Informationen. Wichtig ist, dass die Karriereseite gut strukturiert ist.

Zu lange Texte sollten Sie vermeiden, da sie die Aufmerksamkeitsspanne von Bewerberinnen und Bewerbern übersteigen und somit keine Beachtung mehr finden. Abwechslungsreiche Informationsquellen wie zum Beispiel Videos kommen gut an. Stil und Kultur Ihres Unternehmens sollten sich in der Aufbereitung der Karriereseite unbedingt wiederfinden. Ist Ihre Organisation eine junges, hippes Start-up oder ein seriöses und traditionsreiches Maschinenbauunternehmen? Sind Talente vom ersten Eindruck Ihres Unternehmens überzeugt, gehen sie zum nächsten Schritt über und holen Informationen ein.

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Typische Fehler auf der eigenen Karriereseite vermeiden

Vermeiden Sie typische Fehler auf der eigenen Karriereseite, damit potenzielle Bewerberinnen und Bewerber nicht die Flucht ergreifen.

2. Informationen: Transparenz für eine positive Candidate Experience

Informationen sind für Kandidatinnen und Kandidaten essenziell, um sich für oder gegen eine Bewerbung zu entscheiden. Das betrifft sowohl Ihr Unternehmen als Ganzes als auch die Stellen, für die sie sich interessieren. Sie sollten die Informationen daher strukturiert und leicht auffindbar zur Verfügung stellen.

Führen Sie alle wichtigen Punkte kurz und prägnant auf. Dabei ist es wichtig, dass potenzielle Mitarbeitende das Gefühl haben, möglichst transparente Informationen zu bekommen. Das schafft Vertrauen. Die Beschreibungen in den Stellenanzeigen sollten eine gute Balance zwischen kurz und prägnant sowie ausreichenden Informationen schaffen. Darüber hinaus ist es ratsam, den Kandidatinnen und Kandidaten hier bereits die Möglichkeit zu geben, sich bei Fragen mit der Personalabteilung auszutauschen. Das können Sie über eine zentrale Telefonnummer oder durch einzelne Recruiterinnen und Recruiter je ausgeschriebener Stelle lösen. Persönliche Kontaktpunkte schaffen Vertrauen. So bleiben keine Fragen offen und BewerberInnen wissen, an wen sie sich wenden können.

Denken Sie bei der Gestaltung der Karriereseite daran, dass sich immer mehr BewerberInnen mobil über Ihr Unternehmen und die offenen Stellen informieren. Daher wird eine mobil nutzbare Unternehmensseite für eine positive Candidate Experience immer wichtiger. Lesen Sie dazu weiterführend den Artikel „Mobiles Recruiting“.

3. Bewerbung: Schnelligkeit ist Teil einer positiven Candidate Experience

Ein wichtiger Punkt für eine positive Candidate Experience ist das Thema Schnelligkeit. Dies gilt vor allem auch für das eigentliche Abschicken einer Online-Bewerbung. Bewerbungen, die zu viel Zeit in Anspruch nehmen, führen zu Frustration und mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem Abbruch vieler Bewerbungsprozesse. Fragen Sie also nicht den gesamten Lebenslauf in vielen kleinen Formularfeldern ab. Eine Möglichkeit stellt beispielsweise die Quick Apply-Funktion von SAP SuccessFactors Recruiting dar. 

Machen Sie es den Kandidatinnen und Kandidaten so einfach wie möglich. Dabei ist es sinnvoll, wenn Sie mehrere Möglichkeiten anbieten sich zu bewerben. Das kann zum Beispiel die Bewerbung mit einem LinkedIn-Profil sein. Damit müssen Bewerberinnen und Bewerber gar keine Informationen mehr in ein Formular eintragen. Auch das Bewerben über ein mobiles Endgerät ist ein wichtiges Thema für die Candidate Experience (siehe Artikel „Mobiles Recruiting“).

Außerdem sollte den Kandidatinnen und Kandidaten genügend Speicherplatz zur Verfügung gestellt werden, damit sie die Möglichkeit haben, ihre vorhandenen Zeugnisse hochzuladen.

Wenn eine Bewerbung eingegangen ist, sollte der Bewerber oder die Bewerberin eine kurze Information bekommen, dass Ihr Unternehmen die Informationen erhalten hat, idealerweise mit einer kleinen Übersicht, wie es jetzt weitergeht, und dem zuständigen Ansprechpartner. Das schafft wieder Transparenz, vermittelt Informationen und hilft dabei, Vertrauen zu Ihrem Unternehmen aufzubauen.

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4. Auswahl: Schnelle Bewerbungsprozesse und respektvolle Antworten sollten für Ihr Recruiting ganz normal sein

Auch beim Auswahlprozess ist Geschwindigkeit ganz entscheidend. Kandidatinnen und Kandidaten, die über 2 Monate keine Rückmeldung erhalten, sind extrem frustriert. In der Bewerberwelt ist das aber keine Seltenheit. Das wirkt sich negativ auf Ihre Employer Reputation und die Arbeitgebermarke aus. Schließlich sind Bewerbungsplattformen wie kununu.de nur einen Klick entfernt.

Wenn es mit dem Auswahlprozess doch einmal länger dauert, dann sollten Sie die Bewerbenden unbedingt darüber informieren, damit sie wissen, an welchem Punkt im Prozess sie gerade stehen. Kommunikation ist also besonders wichtig. Und diese muss höflich und zuvorkommend sein. Behandeln Sie Bewerberinnen und Bewerber mit Respekt und Wertschätzung. Das gilt auch für ein Online- oder Telefon-Interview oder das persönliche Bewerbungsgespräch.

Natürlich dürfen Sie Ihren Talenten auf den Zahn fühlen, aber immer mit dem nötigen Respekt und nicht herablassend. Dazu gehört auch eine gute Vorbereitung des Personalers bzw. der Personalerin auf das Bewerbungsgespräch, ein möglichst pünktliches Erscheinen des Interviewers bzw. der Interviewerin, eine ruhige und angenehme Atmosphäre für das Gespräch und dass dem Talent ein Glas Wasser angeboten wird. Wie gehen Sie mit dem Menschen, der Ihnen gegenüber sitzt, um? Hier wird die Candidate Experience konkret sichtbar.

Bedenken Sie, dass sich nicht nur das Talent bei Ihnen bewirbt. Auch Sie als Unternehmen möchten von sich überzeugen. Denn wenn Sie sich für den Kandidaten bzw. die Kandidatin entscheiden, soll er/sie sich schließlich auch für Sie als neuen Arbeitgeber entscheiden. Sie können das Gespräch also nutzen, mehr über das eigene Unternehmen zu erzählen und dessen Vorzüge zu betonen. Das ist sozusagen Personalmarketing im Verhältnis 1:1. Natürlich sollte dann auch noch genügend Zeit sein, die Fragen des Kandidaten bzw. der Kandidatin in Ruhe zu beantworten.

5. Rückmeldung: Absagen sind eine Chance für Ihr Personalmarketing

Basierend auf allen Informationen, die Ihr Unternehmen über ein Talent gesammelt hat, wird eine Entscheidung für oder gegen den Bewerber bzw. die Bewerberin getroffen. Während Zusagen meist relativ schnell mitgeteilt werden, haben die meisten Arbeitgeber mit den Absagen ein großes Problem. Oft zieht sich das sogar über mehrere Monate. Auch hier gilt wieder: Je schneller Sie als Unternehmen sind, desto besser die Candidate Experience Ihrer Bewerberinnen und Bewerber. RecruiterInnen sollten sich bewusst sein, dass sie über zügige Antworten maßgeblich das Employer Branding mit beeinflussen.

Wenn Sie sich Bewertungsplattformen zur Arbeitgeberattraktivität wie zum Beispiel kununu.de ansehen, wird Ihnen auffallen, dass sich BewerberInnen häufig über das Absageschreiben ärgern. Es sei zu unpersönlich und sie haben das Gefühl, eine*r von vielen zu sein. Das wirkt sich negativ auf die Employer Reputation, den Ruf Ihres Unternehmens und damit auf Ihre Arbeitgebermarke aus. Natürlich können Sie nicht allen BewerberInnen ein persönliches Absageschreiben schicken, doch viele Arbeitgeber haben einen enormen Verbesserungsbedarf, was diese Thematik angeht.

So sollten Sie beispielsweise in den Absagen zumindest unterscheiden, ob einem Kandidaten bzw. einer Kandidatin direkt abgesagt wird oder ob bereits ein Telefoninterview bzw. ein persönliches Gespräch stattgefunden hat, und die Texte der Absagen entsprechend genau prüfen. Wenn der Bewerbungsprozess schon recht weit fortgeschritten war und beispielsweise bereits ein Gespräch im Unternehmen geführt wurde, sollten Sie diesem Talent telefonisch absagen. Er bzw. sie hat sich viel Zeit für Ihr Unternehmen genommen, da kann sich die Personalabteilung ebenfalls die Zeit für ein kurzes Telefongespräch nehmen. Das hat einen enormen Wert für die Außenwirkung auf das Talent. Letztlich ist ein gut gemachtes Absageschreiben sogar eine Chance für Ihr Employer Branding.

6. Personalmarketing bis zum Onboarding ausweiten

Nicht nur bei den Absagen kann ein Unternehmen die Candidate Experience verbessern, sondern auch beim Onboarding. Schließlich sollen die neuen Mitarbeitenden motiviert starten und ihre Entscheidung für das Unternehmen nicht schon vor dem ersten Arbeitstag bereuen. Zwischen der Einstellung und dem ersten Arbeitstag vergehen wegen langer Kündigungsfristen oft mehrere Monate. Nutzen Sie diese Zeit bereits, um mit den Kandidatinnen und Kandidaten regelmäßig in Kontakt zu bleiben. Wenn Sie beispielsweise einen Newsletter im Unternehmen haben, schicken Sie diesen an die neuen Mitarbeitenden. Wichtig ist, dass sie nicht das Gefühl haben, man habe sie über die Zeit vergessen und alle sind ganz überrascht, wenn sie ihren ersten Arbeitstag im Unternehmen haben.

7. Positive Candidate Experience zu etablieren ist ein langer Prozess

Das Thema Candidate Experience ist sehr vielschichtig und umfangreich. Verbesserungen zu ermitteln und einzuführen, funktioniert nicht von heute auf morgen; daran sollten Sie kontinuierlich arbeiten. Doch für das Recruiting von guten Fach- und Führungskräften ist es absolut entscheidend, dass Sie sich damit beschäftigen und die Bewerber wie Kunden behandeln. Nur so können Sie einen Wettbewerbsvorteil auf dem Bewerbermarkt erreichen.

8. Die Candidate Experience ist eine wichtige Stellschraube in Ihrem Personalmarketing

Arbeitgebermarke stärken (Employer Branding), Arbeitgeberattraktivität hervorheben, Employer Reputation verbessern – das schaffen Sie, wenn Sie die Kandidatenerfahrung (Candidate Experience) über alle Kontaktpunkte hinweg analysieren: beginnend bei den Stellenanzeigen über die Karriereseite und die Telefoninterviews sowie Absageschreiben bis hin zum persönlichen Gespräch und dem Onboarding-Prozess.

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