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Interview mit Consulting Director André Schulte
HR & Corona: Podcast-Interview mit Consulting-Director André Schulte über Kurzarbeit, Quarantäne und Sicherung der Entgeltabrechnung.
Von Dominik Josten
Wie funktioniert eigentlich das Kurzarbeitergeld? Worauf ist aus HR Sicht zu achten, um Kurzarbeit beantragen zu können?
Was kann HR machen, wenn Mitarbeiter unter Quarantäne gestellt werden und nicht mehr arbeiten können? Müssen Löhne dann weiter gezahlt werden wie bei Krankheit? Und wie kann man sich helfen, wenn die eigenen Entgeltabrechner ausfallen? Wie kommen Mitarbeiter dann an ihr Geld?
Diese und weitere Fragen beantwortet jemand, der es wissen muss. Der Consulting Director des Personal- und IT-Dienstleisters EMPLEOX, André Schulte, der mit seinem Team seit dem Start der Corona-Krise über 200 Kunden bei der Umsetzung von Kurzarbeitergeld in SAP HCM geholfen hat.
HR-Lösungspaket zur Corona-Krise
Von der Zeiterfassung im Home-Office bis zur Umsetzung von Kurzarbeitergeld, der Abwicklung von „Quarantänegeld“oder sogar dem kurzfristigen Ausfall ganzer Personalabteilungen: das Lösungspaket der EMPLEOX hilft Ihnen!
Über unseren Interview-Gast
André Schulte
André Schulte ist seit mehr als 20 Jahren im SAP HR Umfeld tätig und aktuell Director Consulting bei der Empleox GmbH. Seine SAP Kompetenz reicht bis in R/2 Zeiten zurück, die er noch in der Ausbildung erlebt hat und erstreckt sich über mehrere Stationen bei unterschiedlichsten Beratungshäusern. Heute ist er unter anderem für den Entwicklungsbereich und das HCM as a Service Angebot der EMPLEOX ("inside HCM cloud") verantwortlich. Sein Bereich war die treibende Kraft hinter dem Corona-Sofort-Paket, mit der zu Beginn der Corona-Krise hunderten Kunden bei der extrem kurzfristigen Umsetzung der neuen Kurzarbeitsregeln geholfen werden konnte.
HR kann mehr - Folge 2 - mit André Schulte
Dominik Josten: Andre, herzlich willkommen, schön, dass du da bist. Einstiegsfrage mal direkt: Wie geht’s dir und deiner Familie und wie erlebst du die Situation im Moment?
André Schulte: Ja Dominik, es ist schon echt amüsant, dass man morgens mit seinen Töchtern zusammensitzt beim Frühstück, die eine 13, die andere 15 und wir unterhalten uns darüber, wer wann die nächste Web-Session hat. Die Kinder haben mittlerweile Online-Unterricht via Teams und ich meine Kunden-Meetings mit den gleichen Medien. Aber: Abends versuchen wir uns auch ein Stück weit von der digitalen Welt abzukoppeln und holen doch mal wieder das Brettspiel oder die Kniffel-Würfel aus dem Schrank. Das heißt, es hat nicht nur Nachteile, sondern es hat auch Chancen, sich auch als Familie wesentlich näher zu kommen in Zeiten des digitalen Wahnsinns.
Dominik Josten: Sehr schön. Ich höre heraus: Noch kein Lagerkoller, ihr könnt euch noch abends zusammensetzen und spielen und flüchtet nicht, soweit es geht, voneinander weg, weil ihr euch schon den ganzen Tag gesehen habt.
André Schulte: Nein, durchaus. Der Lagerkoller ist noch nicht eingetreten, aber jeder muss sich ein Stück weit an die Regeln halten und das ist glaube ich halt auch im familiären Umfeld sehr wichtig, dass jeder so ein Stück weit sich an gewisse Gepflogenheiten hält.
Kurzarbeitergeld Voraussetzungen
Dominik Josten: Ja das stimmt. Aber schön, dass es funktioniert. Du erwähntest gerade schon Home-Office. Das ist ja noch eine der vergleichsweise harmlosen Veränderungen für Arbeitnehmer, viel ist ja derzeit auch die Rede von Kurzarbeit. Vielleicht kannst Du erstmal in einfachen Worten erläutern, was das eigentlich ist und was es eben für Arbeitgeber, aber eben auch für ihre Mitarbeiter bedeutet.
André Schulte: Ja, konkret bedeutet das ja für den Arbeitgeber, dass er die Notwendigkeit hat, aufgrund der gesunkenen Nachfrage seiner Produkte oder Dienstleistung, seine Tätigkeiten, sein Tun, seine Produktion zu reduzieren oder sogar teilweise auf null herunter zu fahren. Für den Arbeitnehmer bedeutet das eine Verringerung seiner Arbeitszeit, damit eine Verringerung seines Einkommens oder sogar eine zeitweise Aussetzung seiner Arbeitszeit. Bedeutet: Eine zeitlich befristete Reduzierung auf null kann sogar auch der Fall sein. Der Arbeitgeber hat nun aber die Möglichkeit, das sogenannte Kurzarbeitergeld bei der Arbeitsagentur zu beantragen. Es werden in diesem Kontext Entgeltersatzleistungen aus der Arbeitslosenversicherung abgerufen und das ist dann das sogenannte Kurzarbeitergeld. Das heißt wir als Arbeitnehmer haben in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt und haben für genau solche schwierigen Situationen Vorsorge getroffen. Das ist in kurzen knappen Worten das Thema Kurzarbeit.
Dominik Josten: Heißt für mich als Arbeitnehmer, ich muss nur noch die Hälfte arbeiten, bekomme aber quasi mehr als die Hälfte des Lohns.
André Schulte: Fakt ist: Es gibt eine Obergrenze, die wird ausgerichtet an der Beitragsbemessungsgrenze und in gewissen Fällen kann es sein, dass ich weniger als mein bisheriges Netto erhalte, aber niemand fällt ins Bodenlose, sodass ich mit meiner Familie durch diese schwierige Zeit komme.
Dominik Josten: Das klingt ja jetzt erstmal ziemlich sinnvoll so vom Ansatz des Gesetzes her.
André Schulte: Ja.
Dominik Josten: In der Praxis ist es in Deutschland ja oft sehr bürokratisch und sehr komplex. Wie ist das hier gerade für Personaler, was ja viele unserer Zuhörer sind, was müssen die jetzt machen, was müssen die beachten, damit es auch so funktioniert, wie du es gerade erklärt hast?
André Schulte: Ich mein, wie alles in Deutschland gehen solche Antragsverfahren immer mit viel Bürokratie einher. Hier ist es aber so, dass die Bundesregierung aus der aktuellen Situation gelernt hat und hier kurzfristig auch Besserung bei den Antragsverfahren gelobt hat, sodass man also wesentlich einfacher an das Kurzarbeitergeld als Unternehmen herankommt. Wichtig ist aber, dass man als Arbeitgeber seine Hausaufgaben macht, bedeutet, dass gewisse Parameter beachtet werden müssen. Diese Parameter sind im § 95 ff SGB III geregelt. Hier ist der Anspruch auf Kurzarbeitergeld geregelt, das heißt es muss ein erheblicher Arbeitsausfall vorliegen. Erheblich ist ein Arbeitsausfall entweder aus wirtschaftlichen Gründen oder weil ein unabwendbares Ereignis eingetreten ist. Das heißt, ein saisonaler Tiefpunkt, der jedes Jahr absehbar ist, dann sagt der Gesetzgeber „naja lieber Arbeitgeber, du hättest ja vorsorgen können für diese Phase und hättest Rücklagen bilden können, beziehungsweise deine Produktion für diese Phase umstellen können“. Von daher: Unabsehbare Ereignisse wie dieses Corona-Thema, beziehungsweise wenn es ein Naturereignis wäre, wäre das auch ein unabsehbares Ereignis und ich könnte das Kurzarbeitergeld beantragen, weil meine Produktionsstätte nicht mehr vorhanden ist.
Kurzarbeitergeld Berechnung
Dominik Josten: Das sind jetzt so die Grundlagen, wann man es machen kann. Jetzt sagtest du eben „das muss ja berechnet werden, welche Summen und wie viel man als Kurzarbeitergeld bekommt“. Wie funktioniert die eigentliche Berechnung dann? Ist das kompliziert für die Personaler?
André Schulte: Ja das kann durchaus kompliziert sein. Das steht und fällt im Grunde genommen auch mit der Komplexität der jeweiligen Personalabrechnung im eigenen Haus. Wir kennen es aus der Erfahrung heraus. Stand heute ist es so: Wir haben mehr als 200 Kunden, die momentan bei uns angefragt haben das Kurzarbeitergeld einrichten zu lassen. Viele dieser Kunden haben sehr individuelle Vertriebsvereinbarungen zu Arbeitszeit, zu Über- und Unterzeiten und all diese Themen mit Zuschlägen spielen da letztlich mit rein und diese Themen müssen berücksichtigt werden. Wir raten aber unseren Kunden „geht pragmatisch an dieses Thema heran, führt die Kurzarbeit im Standard ein und im Folgemonat würden wir letztendlich per Rückrechnung Korrekturen vornehmen und die Besonderheiten der jeweiligen Betriebsvereinbarung mit einbauen“. Von daher ist es sinnvoll, wenn sich die Kunden auf der Personalseite professionelle Unterstützung an die Seite holen, um letztendlich das auch sauber zu berechnen. Beziehungsweise pragmatischer Angang des ganzen Themas, dass das Personal nicht ins Bodenlose fällt und dann gegebenenfalls im Folgemonat per Rückrechnung eine Korrektur gemacht wird.
Dominik Josten: Okay ich sehe schon du nutzt es auch direkt für Eigenwerbung, aber das ist ja auch richtig, ich glaube die meisten Zuhörer sind ja auch froh, wenn sie wissen, an wen sie sich wenden können. Denn es kommt ja jetzt über uns alle im Moment und über alle Personaler sehr kurz, sehr heftig und von daher ist es ja immer gut, wenn es Leute gibt, die sich auskennen.
Vielleicht nochmal zurück zum Kurzarbeitergeld als Solches. Man erlebt ja derzeit in der Presse teilweise, dass Großkonzerne Regeln, die eigentlich zum Schutz von Kleinunternehmen, Mittelständlern oder Privatleuten gedacht waren, für eigene Vorteile ausnutzen. Stichwort: Thema Mietzahlung, die so durch die Presse gingen. Da drängt sich natürlich so die Frage auf: Wie ist das eigentlich beim Kurzarbeitergeld und den Managergehältern? Kann auch die hoch bezahlte Führungskraft, der CEO im Extremfall, oder darunter in Kurzarbeiter gehen und der Steuerzahler muss dann Hunderte, Tausende Euro an Gehältern zahlen?
André Schulte: Grundsätzlich gilt für diesen Personenkreis, wenn er sozialversicherungspflichtig ist, denn wie gesagt das Kurzarbeitergeld wird gezahlt aus der Arbeitslosenversicherung, kann er natürlich auch im Rahmen der Regeln und im Rahmen der Beitragsbemessungsgrenze das Kurzarbeitergeld auch für sich selbst beantragen. Durchaus. Das heißt aber auch: Auf der Ebene Teamleiter, Bereichsleiter könnte man durchaus darüber nachdenken, dass Manager oder Geschäftsführer für diese Ebenen dann auch Kurzarbeitergeld beantragen.
Dominik Josten: Aber, wenn ich das eben richtig verstanden habe mit der Beitragsbemessungsgrenze: für die Berechnung einer Ersatzleistung wird eben maximal die Beitragsbemessungsgrenze genommen, das heißt alles darüber hinaus, was er kürzt durch seine Arbeitszeit, also als Beispiel: Er verdient das Doppelte der Beitragsbemessungsgrenze, reduziert seine Arbeitszeit auf 50 %, er bekäme keinerlei Kurzarbeitergeld.
André Schulte: Nein, korrekt. Richtig. Für die Coronakrise wird die Beitragsbemessungsgrenze 2020 herangezogen, in West sind das 6.900 EUR, im Ostbereich sind das 6.450 EUR, sodass wir dann ein Kurzarbeitergeld haben in Summe von 4.623 EUR, das heißt 67 % der Beitragsbemessungsgrenze und in Ost von 4.321,50 EUR. Diese Summen dürfen nicht überschritten werden, das ist das, was seitens des Kurzarbeitergeldes möglich ist.
Dominik Josten: Okay, das heißt es kann aber durchaus nicht nur den Topverdiener, Millionärs-Manager treffen, sondern auch besser bezahlte Ingenieure oder Entwickler, Teamleiter, deren Einschnitte dann ein bisschen größer sind als die eines „normalen“ Arbeitnehmers.
André Schulte: Man muss ein Stück weit von seinem Standard herunter.
Quarantänegeld
Dominik Josten: Sie werden weich fallen, aber trotzdem, Beitragsbemessungsgrenze sind ja nicht alles Millionäre darüber, der Alleinverdiener mit drei Kindern und nicht abbezahltem Haus, der merkt das schon auch, wenn er reduziert wird.
Nun gut, kommen wir zu einem weiteren Aspekt, der derzeitigen Situation, der Coronakrise. In der Coronakrise kommen die meisten Menschen erstmals mit diesem realistischen Szenario in Kontakt in behördlich angeordnete Heimquarantäne zu müssen. Das kannte man ja vorher maximal bei Rückkehr aus einem Malariagebiet oder sowas. Was heißt das denn jetzt eigentlich für den Arbeitgeber und die Personalabteilung, wenn jetzt ein Mitarbeiter in Quarantäne gestellt wird. Sind die Menschen quasi krank?
André Schulte: Das Thema ist natürlich sehr diffizil und schwierig dann auch in verschiedenen Situationen zu bewerten. Ich habe es im eigenen Bekanntenkreis gehabt, dort war es allerdings so gewesen, dass der Kollege dann krankgeschrieben worden ist, das ist dann sehr einfach zu bewerten. Aber ansonsten ist es so, dass es durchaus momentan viele von unseren Kunden getroffen hat, wo die Mitarbeiter nach dem Infektionsschutzgesetz in der häuslichen Umgebung unter Quarantäne gestellt worden sind. Das bedeutet: Die Mitarbeiter stehen somit zeitlich befristet eventuell nicht mehr mit ihrer Arbeitsleistung zur Verfügung. Aber: Hierbei ist zu unterscheiden, ob auch gleichzeitig ein Beschäftigungsverbot ausgesprochen worden ist. Ist das Beschäftigungsverbot seitens des Gesundheitsamtes nicht ausgesprochen und hat der Arbeitnehmer zum Beispiel seinen Laptop, seine Unterlagen auch noch zu Hause in der häuslichen Quarantäne, kann der Arbeitgeber auf die Erfüllung der Arbeitskraft durch den Arbeitnehmer bestehen. Heißt aber: Der Arbeitgeber kann dann die Lohnleistung, die er in Vorleistung leistet, per Antrag beim Gesundheitsamt zurückfordern. Das ist halt entscheidend. Das heißt durchaus ist der Mitarbeiter dann auch noch in gewissen Situationen verpflichtet, seine Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen.
Dominik Josten: Das heißt nur wenn er in behördlich angeordneter Quarantäne ist und nicht arbeiten kann, weil er zum Beispiel keinen Laptop dabei hat, dann kann sich die Personalabteilung das zurückholen vom Gesundheitsamt, ansonsten ist der Mitarbeiter arbeitspflichtig.
André Schulte: Er ist ganz normal arbeitspflichtig, ganz genau.
Dominik Josten: Wie ist der Prozess für Personaler? Angenommen sie haben jetzt so einen Fall, das wird ja wahrscheinlich zunehmend wahrscheinlich, dass es jemanden mal trifft. Ist der Prozess dann vergleichbar mit dem des Kurzarbeitergeldes?
André Schulte: Leider nein. Wie ich das auch schon eingangs erläutert habe, das Thema Infektionsschutzgesetz trifft uns in der Regel als Arbeitgeber nicht allzu häufig. Das Ganze ist letztendlich so geregelt, dass das Antragsverfahren über die Gesundheitsämter läuft. Das ist halt einfach die Herausforderung, dass wir nicht grundsätzlich sagen können „wir haben hier eine Lösung für das Antragsverfahren“, weil man sich einfach über die Bundeslandgrenzen hinweg hier nie einig geworden ist, wie dieses Verfahren dann tatsächlich dann durchgeführt wird, wenn es zur Anwendung kommt.
Dominik Josten: Dazu mal kurz eine Folgefrage: Was greift eigentlich an der Stelle? Das Gesundheitsamt, wo der Mitarbeiter wohnt oder wo das Unternehmen sitzt?
André Schulte: Es greift das Gesundheitsamt, wo der Mitarbeiter wohnt, weil das örtliche Gesundheitsamt letztendlich in die häusliche Quarantäne setzt.
Dominik Josten: Das heißt der Mittelständler auf der Schwäbischen Alb, der einen Vertriebler in Oldenburg hat, der muss sich dann mit dem Gesundheitsamt in Oldenburg auseinandersetzen?
André Schulte: Jawoll, so wird es aussehen.
Dominik Josten: Das klingt nach Spaß.
André Schulte: Das klingt kompliziert und langwierig. Wichtig vielleicht noch an der Stelle: Der Antrag muss innerhalb von drei Monaten nach Einstellung der Quarantäne gestellt werden.
Dominik Josten: Das ist ja immerhin ein bisschen Zeit, um das in Ruhe zu erforschen, wenn es soweit ist.
André Schulte: Richtig, ja.
Dominik Josten: Jetzt nochmal kurz eine Rückfrage zu dem Thema: Jetzt ist er in Quarantäne gewesen, ist eigentlich gesund gewesen am Anfang, hat Quarantäne-Geld bekommen, weil er seinen Laptop nicht dabei hatte, jetzt wird der aber doch tatsächlich krank. Was passiert denn dann?
André Schulte: Dann meldet der Mitarbeiter aufgrund seiner Krankschreibung, also der Prozess ist ganz regulär, das heißt der behandelnde Arzt erstellt letztendlich eine Arbeitsunfähigkeit, die wird eingereicht beim Arbeitgeber und dann entsprechend haben wir die ganzen normale Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Es ist aber auf jeden Fall ratsam, sich hier auch nochmal mit dem Gesundheitsamt abzustimmen, weil wenn dann der Antrag auf Lohnersatzleistung im Rahmen des Infektionsschutzgesetzes gestellt worden ist und jetzt kürzt sich diese Lohnersatzleistung aus Sicht IfSG, dann muss man auf jeden Fall mit dem Gesundheitsamt sprechen, wenn jetzt auf der anderen Seite dann auf einmal die Lohnfortzahlung aufgrund des Krankheitsfalles jetzt zieht. Da ist es ganz wichtig, eng abgestimmt zu bleiben mit dem Gesundheitsamt.
Dominik Josten: Das heißt in dem Fall wird sich der Personaler doppelt ärgern, weil wenn der Mitarbeiter dann doch krank wird, ist er erstens krank, aber zweitens muss das Unternehmen auch mehr erzählen, als er noch gesund war, aber in Quarantäne.
André Schulte: Und das ist ja durchaus auch denkbar, wenn der Mitarbeiter aus begründeten Verdachtsfällen unter Quarantäne gestellt wird, das heißt er war mit einer Person Kategorie 1 oder in einem Risikogebiet unterwegs, dann ist es auch mit einer recht hohen Wahrscheinlichkeit verbunden, dass er im Rahmen der Inkubationszeit letztendlich auch an dem Krankheitsbild erkrankt und dann kommt es ja auch zu einer ärztlichen Betreuung und zu einer Arbeitsunfähigkeit. Heißt aber auch, der Mitarbeiter steht dann nicht mehr dem Arbeitgeber zur Verfügung mit seiner Arbeitskraft.
Ausfall der eigenen Entgeltabrechner
Dominik Josten: Apropos nicht mehr zur Verfügung stehen: Jetzt haben wir schon verschiedene Themen besprochen, was Personaler in der aktuellen Krise tun müssen und wie so oft, wenn es hoch hergeht, ist die HR-Abteilung im Mittelpunkt. Was ist denn jetzt eigentlich, wenn Personaler, zum Beispiel ein Entgeltabrechner, selber ausfällt? Wer sorgt dann für die Gehaltszahlung?
André Schulte: Das ist tatsächlich ein Szenario, du sprichst es gerade an, wir hätten nicht wirklich gedacht, dass wir mal in solch eine Situation kommen, aber wir hatten bei zwei namhaften Kunden aus dem Mittelstand durchaus die Situation gehabt. Ganz normal der eine Mitarbeiter krank geworden und die andere Kollegin unter Quarantäne gestellt worden und schon war der „worst case“ eingetreten. Der Kunde war nicht mehr dazu in der Lage, letztendlich die wichtigsten Prozesse im Rahmen der Personalabrechnung aufrechtzuerhalten. Das heißt die Abrechnung technisch durchzuführen, die Überleitung in Richtung des Finanzwesens durchzuführen, die Folgeaktivität in Richtung der Ämter, geschweige denn die Auszahlung bei der Bank zu veranlassen mit dem Zahlungsdatenträger. Das heißt in dieser Situation bieten wir über unsere Tochtergesellschaft „KWP Professional Services“ (heute EMPLEOX BPO, Anm. d. Red.) für diesen „worst case“ eine sogenannte Entgeltausfallsicherung an. Bedeutet: Der Kunde kann bei uns zeitlich befristet, mindestens aber für 12 Monate, diese Sicherungsdienstleistung in Anspruch nehmen und wir treten dann von jetzt auf gleich mit einer sehr geringen Vorlaufzeit in die Prozesse ein und unterstützen zu 100 % bei Bedarf die Prozesse rund um die Entgeltabrechnung des Kunden. Das heißt: Personalabrechnerin wird krank, wir gehen rein, führen die Abrechnung nach Checkliste durch, der Mitarbeiter erhält sein Geld pünktlich wie immer und der Mitarbeiter merkt nichts davon, dass die Personalabteilung in diesen schwierigen Zeiten zusammengebrochen ist. Das machen wir wie gesagt zeitlich befristet über 12 Monate, aber letztendlich arbeiten wir auch gerne länger und enger mit den Kunden zusammen auf dieser Ebene.
Dominik Josten: Interessanter Ansatz. So ein bisschen „outsourcing light“, also man hat nicht den Entgeltabrechner outgesourct, sondern dessen Vertretung sozusagen. Das Szenario ist jetzt natürlich in der Coronakrise entstanden oder wahrscheinlich jetzt besonders nachgefragt, aber ist das auch was, was allgemein sinnvoll ist, weil gerade Entgeltabrechner sind ja auch einfach so mal krank, unabhängig von Corona oder haben Urlaub. Das heißt wäre das auch eine Option, die ihr dauerhaft anbietet?
André Schulte: Naja es ist nicht nur, dass der Entgeltabrechner krank wird, dass er in Urlaub fährt, sondern wir haben jetzt auch vermehrt das Phänomen in den letzten Monaten beobachtet, dass diese hochqualifizierten Entgeltabrechner gar nicht mehr nachqualifiziert werden auf dem Arbeitsmarkt. Das heißt vielen Unternehmen brechen tatsächlich diese qualifizierten Leute weg, das heißt zum einen können wir unterstützen, dass wir in einem Tandem mit einer vorhandenen Personalabrechnung zusammenarbeiten, das heißt dass man dort sich auch gegenseitig unterstützt beziehungsweise wenn das Unternehmen sagt „ich finde keine geeigneten Personalabrechner mehr“, dass wir letztendlich die gesamten Prozesse rund um die Personalabrechnung im Auftrag des Kunden übernehmen und das kann so weit gehen, dass wir sogar der Ansprechpartner für den Mitarbeiter sind und Rede und Antwort stehen zu allen Themen, die im Rahmen der Gehaltsabrechnung hochkommen. Auch das ist denkbar und das war tatsächlich auch in den letzten 12 Monaten vermehrt der Fall, wo wir genau in solch ein Engagement bei unserem Kunden gegangen sind.
Dominik Josten: Das ist ja auch ein gutes schrittweises Einführen, könnte ich mir jetzt vorstellen. Man ist erstmal Vertreter, lernt die Prozesse kennen und begleitet vielleicht denjenigen, der dann demnächst in Rente geht und kann dann übernehmen, wenn es so weit gekommen ist.
André Schulte: Und auf der anderen Seite: Du darfst nicht vergessen, es ist letztendlich auch ein Kostenblock, der skalierbar ist, das heißt das ist quasi die skalierbare Personalabteilung, die wir hier anbieten. Wir können in einem Tandemverfahren klein starten, wir können in Urlaubs- und Krankheitssituationen mit mehr Kapazität reingehen und können wieder auf das Normalmaß zurückgehen. Das heißt der Kunde hat ein maximales Maß an Flexibilität in der Zusammenarbeit.
Tipps für Umgang mit Mitarbeitern in der Krise
Dominik Josten: Das ist natürlich in der derzeitigen Lage sehr viel wert. Absolut. Kann ich nachvollziehen. Nichtsdestotrotz müssen wir langsam so ein bisschen zum Abschluss kommen.
Wenn jetzt alles gut geht, Mitarbeiter sind gesund, sie sind nicht in Quarantäne und können so wie du ja offenbar durchaus gut gelaunt und produktiv von zu Hause arbeiten, worauf kommt es jetzt aktuell deiner Meinung nach für Unternehmen an um da auch wirklich das Maximum herauszuholen aus der noch verhältnismäßig glimpflichen Situation?
André Schulte: Also ich glaube es ist sehr wichtig, dass die Unternehmen sich nochmal sehr klar werden über die aktuelle Situation. Was macht eine solche Situation mit dem Menschen? Wir alle sind zwar nicht unter die häusliche Quarantäne gestellt worden, aber letztendlich ist unsere Bewegungsfreiheit massiv eingeschränkt worden. Wir hatten vielleicht im Vorfeld sehr viel soziale Interaktion, sehr viele soziale Kontakte. Es ist einfach wichtig, dass die Unternehmen sich Gedanken machen, wie kann ich die soziale Interaktion weiterhin aufrechterhalten? Man muss Mittel und Wege finden, damit die Menschen weiterhin in Kontakt bleiben, dass man sie sieht, dass man einfach nicht den Kontakt zueinander verliert und dass man vielleicht auch Kollegen, die drohen den Halt zu verlieren in solch einer Phase, dass man sie einfach eng zur Seite nimmt virtuell, einfach dran bleibt an den Gefühlen der Menschen. Mein Appell an die Unternehmen ist einfach, dass sie kreativ sind, dass man die Mittagspause, die ich vielleicht zu Hause alleine jetzt durchführen würde, dass man sie in die virtuelle Kaffeeecke führt. Das heißt man trifft sich einmal pro Tag auf einen kleinen Schnack mit einem Kaffee, setzt sich vor seine Videocam, erzählt ein bisschen was – wie ist der Tag gelaufen, was habe ich heute Abend vor, was schaue ich mir an? – einfach um nah dran zu bleiben an den Mitarbeitern. Ein weiterer Faktor ist letztendlich aber auch: Machen Sie sich über die konsequenten Möglichkeiten oder über die konsequente Nutzung der Möglichkeiten, die wir heute in unserer Zeit zur Verfügung haben. Wie kann ich letztendlich zum virtuellen Kaffeetrinken zusammenkommen? Da ist es ganz wichtig: Wir bieten ihnen Möglichkeiten, da schauen sie am besten mal auf unsere Website, hier haben wir Themen, wo wir mit sogenannten „Schnell-Start-Paketen“ das virtuelle Kaffeetrinken unterstützen.
Dominik Josten: Kaffee to go sozusagen.
André Schulte: Kaffee to go oder Kaffee to digital. Es ermöglicht einfach, dass man weiterhin sozial verbunden bleibt mit seinen Mitarbeitern und dass es glaube ich in dieser Phase wichtig, weil nicht jeder hat eine Familie zu Hause, der ein oder andere ist vielleicht gerade aufgrund seiner Lebenssituation alleine zu Hause und dann ist wichtig, dass wir diese Kollegen auch weiterhin auffangen.
Dominik Josten: Ich glaube das ist ein wunderbares Schlusswort. Du hast auch nochmal ein bisschen Werbung untergebracht, aber auch ein wirklich schönes Schlusswort, ich glaube das ist das Entscheidenste im Moment, dass alle weiter das Gefühl haben zusammen zu sein, dazuzugehören und nicht zu vereinsamen in der Isolation. Wenn dann der Arbeitgeber auch noch alles zur Verfügung stellt an Tools und Dingen, die man so braucht, dann kommen wir da glaube ich auch alle durch und auch alle Unternehmen da draußen kommen da sicherlich gut durch.
André Schulte: Ja.
Dominik Josten: Von daher, Andre, wir sind zeitlich schon am Ende. Ich danke dir ganz herzlich für die Zeit und die vielen aufschlussreichen Informationen und Antworten, die du auch unseren Zuhörern geliefert hast und wünsche dir weiter eine schöne Zeit, bleib gesund, das ist ganz wichtig und auch deine Familie natürlich und bis demnächst.
André Schulte: Vielen Dank. Bis dahin, Dominik.
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