Führung ist nicht gleich Führung
Von HR HEUTE-Redaktion · 3 Minuten Lesezeit
Es gibt viele unterschiedliche Führungsstile. Welcher ist gut und welcher kann verbessert werden? Und in welchem Führungsstil erkennen Sie sich wieder?
Ich weiß nicht, wer von Ihnen aktiv reitet – also ich tue das nicht. Ich bin zwar der Sohn eines Reiters (wenn ich auch die aktive Zeit meines Vaters nicht mehr miterlebt habe) und Vater einer Reiterin (deren aktive Zeit ich dagegen sehr bewusst erlebe). Ich kann misten, satteln, trensen und putzen – nur reiten kann ich nicht. Daher bitte ich im Voraus alle Reitenden für die folgenden Überlegungen vielleicht nicht um Entschuldigung, aber um Nachsicht.
Was die Führung von Mitarbeitenden mit dem Reiten zu tun hat
Es gibt ein Reitereignis, dass viele Reitende das „Wimbledon des Reitsports“ nennen, der CHIO in Aachen. Reitende vor 45.000 begeisterten Zusehenden ist sicherlich schon etwas sehr Besonderes, aber darum geht es im Folgenden nicht. Es geht um die Art und Weise, wie die Reitenden mit dem Pferd umgehen, wie sie es über den Parcours „steuern“ und ihm Impulse geben. Da gibt es die einen, die aktiv an den Zügeln zerren, sich mit aller Gewalt im Sattel erheben und allen Zusehenden deutlich zeigen „Seht her, ohne mich wäre dieses Pferd nur zum Einholen der Strohballen gut“. Und es gibt andere – Marcus Ehning zum Beispiel. Wenn Sie sich seinen Ritt im Preis der Nationen 2018 auf YouTube anschauen, könnten Sie – gerade als Nichtreitende – denken, „Der reitet ja spazieren. Ganz großes Kino, der kann sich halt ein Pferd leisten was alles machen muss und der Herr sitzt nur oben und schaut zu.“ Und nichts davon ist wirklich richtig. Natürlich: Marcus Ehning bewegt seine Hände fast überhaupt nicht, und ein reißen an den Zügeln werden sie in den Bildern nicht erkennen können, aber das bedeutet nicht, dass er seinem Pferd keine Hilfen gibt. Er gibt sie deutlich, aber kaum sichtbar – hier ein bisschen zurücknehmen der Zügel, dort eine Gewichtsverlagerung oder ein Druck mit dem Schenkel.
Aber was hat das mit Führungsstilen in Unternehmen zu tun? Ganz einfach: Die verschiedenen Führungsstile in Unternehmen sind vergleichbar mit den unterschiedlichen Arten von Reitenden. Etwas überspitzt kann man sagen: Mitarbeitende zu führen ist nicht viel anders, als erfolgreich eine Parcours zu reiten.
Führungsstil 1: "Ohne mich geht gar nichts!"
Sie alle kennen die Führungskräfte, die sich in Führungsrunden nur darüber auslassen wie unfähig, faul und unbeweglich ihre Mitarbeitenden sind. „Ganz ehrlich, wenn ich nicht wäre, könnten wir den Laden schließen“. Das sind für mich die Reitenden mit dem großen Gehabe. Unter diesem Führungsstil werden Mitarbeitende nie eigenständige Entscheidungen treffen wollen. Denn entweder sie machen etwas falsch – dann sind sie die unfähigen Mitarbeitenden – oder sie machen etwas richtig, dann lag es natürlich nur an der Führungskraft. Warum also sollten die Mitarbeitenden irgendeine Form von Eigeninitiative zeigen? Oder gar Verantwortung übernehmen? Diese Art von Führungskraft macht nie etwas falsch – es sind immer die anderen (also die Mitarbeitenden) Schuld. Kritik wird – auch für andere – deutlich geübt, weil „man“ die Offenheit liebt. Kritik an der eigenen Person wird bestenfalls weggebügelt, schlimmstenfalls niedergebrüllt. Hier gibt es nur einen der etwas kann – die Führungskraft. Alles andere sind Volldeppen.
Führungsstil 2: "Verantwortung übernehmen? Ach, lieber nicht!"
Eine andere Form ist die Art Führungskraft, die mit leicht leidender Miene in den Führungsgremien sitzt und Dinge sagt wie „Ach wisst Ihr, so oft habe ich den Teammitgliedern schon gesagt, dass es so nicht geht. Wie oft habe ich ihm schon Hilfe angeboten, aber es passiert einfach nichts.“ Tatsächlich traut sich diese Art von Führungskraft meistens nur im Duett in jedwede Form von Mitarbeitergespräch, denn „man kann ja nie wissen, ob einem als Führungskraft nachher die Worte im Mund rumgedreht werden“. Verantwortung für das Team übernehmen – nicht doch, sich vor Mitarbeitende stellen – warum denn, sind doch eigenverantwortliche Menschen? Führungskraft? Nebenherlaufende würde ich sie eher nennen. Sie laufen noch nicht mal mit der Gruppe, sie laufen einfach nur nebenher – ohne jede Bindung.
Führungsstil 3: "Wir sind ein Team!"
Anders der dritte Führungsstil. Die dazugehörige Führungskraft gibt Hilfen dort, wo sie nicht auffallen. Sie werden sich in Führungsgremien im Hinblick auf die Mitarbeitenden eher ähnlich äußern wie „Meine Mitarbeiter? Du, klar sind wir nicht alle Olympiasiegerinnen und -sieger, aber ich finde sie machen wirklich einen guten Job. Fehler? Klar machen wir auch Fehler – manchmal einfach weil zu viel zu tun ist, manchmal auch, weil vielleicht von mir nicht alle Informationen vorliegen und manchmal, weil es einfach ein Fehler war. Sie passieren – aber nur wer nichts macht, macht keine Fehler.“ Diese Kolleginnen und Kollegen führen anders. Sie sprechen mit Ihren Mitarbeitenden und interessieren sich für Menschen. Sie versuchen herauszufinden, wo welcher Mensch Stärken hat und wo die Schwächen liegen, wofür sie brennen und was ihre Begeisterung auch wieder löscht. Für sie sind Gespräche mit Mitarbeitenden keine Pflicht, sondern eine Selbstverständlichkeit. Sie führen ihre Mitarbeitenden – ebendiese aber niemals vor.
Ein guter Führungsstil ist Leitungs- und Leidensfunktion zugleich
Der dritte Führungsstil ist für mich der Marcus Ehnings im Führungsbereich – mit leichter Hand führen, mit den Hilfen dort wo sie benötigt werden. Sich nicht selber in den Vordergrund stellen, sondern als Team gewinnen. Und sicherlich auch mal Verantwortung übernehmen, wenn es unschön wird, und sich dann vor die Mitarbeitenden stellen. Oder auch im Gespräch mit den Mitarbeitenden deutlich machen, warum man den Mitarbeitenden vielleicht ganz anders sieht als sie sich selber sehen. Und ja – manchmal hat „Leitungsfunktion“ auch was mit „Leidensfunktion“ zu tun – einfach ist oft anders. Aber vielleicht fragen Sie sich einfach selber, wie sie lieber geführt werden wollen würden? Also ich bin mir da auch als Nichtreitender ganz sicher.
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