Starr oder agil?
Von Savina Schlichte · 2 Minuten Lesezeit
Emotionale Agilität ist die Fähigkeit, die eigenen Gefühle mit Neugier und Mut zu betrachten. Susan David erklärt im TED Talk, wieso das wichtig ist.
Ich bin ein Fan von TED Talks und habe dort mal wieder einen wahren Schatz gefunden: "Emotional Agility" mit Susan David.
Emotionale Agilität? Klingt erstmal nach Buzzword-Bingo. Doch Susan David beschreibt anschaulich und überzeugend, weshalb emotionale Agilität für die eigene Entwicklung oder als Personalentwicklungsmaßnahme im Unternehmen interessant sein könnte.
Emotionale Agilität ist die Fähigkeit, die eigenen Gefühle mit Neugier, Mitgefühl und Mut zu betrachten, um dann werteorientiert zu handeln.
Susan David – Harvard Medical School Psychologist
Dies sind Schlüsselsätze, die ich von Susan Davids TED Talk mitgenommen habe und die ich sehr gerne hier mit Ihnen teile:
1. Wir alle benötigen mehr emotionale Agilität anstelle der starren Einteilung von Emotionen in "gut" oder "schlecht". Denn Emotionen sind per se neutral und einfach da. Durch unsere Einteilung in gute oder schlechte Emotionen und unserem Verharren in der jeweiligen Emotion (z. B. Wut, Verleugnung, Neid) bekommen sie mehr Gewicht, als gut ist.
2. Unsicherheit (durch ständige Veränderungen) und Fragilität (es stirbt ein wichtiger Mensch, eine Krankheit wird diagnostiziert) begleiten uns durch unser Leben. Bisher gelingt es den meisten nicht, damit gut umzugehen. -> Hier sieht Susan David einen signifikanten Zusammenhang mit der weltweit stark angestiegenen Zahl an Depressionserkrankungen.
3. Wir verharren oft in starren Reaktionen auf unsere Emotionen. Entweder, indem wir uns gedanklich daran aufhängen (ständig darüber nachgrübeln ohne Lösung) und als Opfer der Ereignisse sehen. Oder, indem wir unsere Gefühle verdrängen und nur die zulassen, die uns gerechtfertigt erscheinen. Einer Studie zufolge lassen 1/3 aller Teilnehmenden "negative" Emotionen wie Wut oder Trauer nicht zu - und verlangen das auch oft von ihren Kindern oder PartnerInnen.
4. Alle Emotionen sind wertvoll und natürlich. Und nicht gut oder schlecht. Trotzdem wird positives Denken heute als moralisch richtiges Verhalten propagiert. Das ist für Susan David eine Diktatur der Zuversicht - welche nichts bringt, da die Zuversicht nur wieder eine starre Reaktion ist. ("Bleib positiv, den Krebs besiegst Du sicher...").
5. Unterdrückte Emotionen kontrollieren uns. Denn Sie sind ja nicht weg. Die Verleugnung einer Emotion führt oft zur Verstärkung des Gefühls - kennen wir alle, denken Sie an "Ich darf diesen Schokoladenkuchen nicht essen...".
6. Nur Tote haben keine unerwünschten Gefühle wie Liebeskummer, Enttäuschung oder Verlustängste :) Es bringt also nichts uns zu wünschen, dass wir manche Emotionen nicht fühlen wollen.
7. Um ein bedeutungsvolles Leben zu führen, muss man Unbehagen ertragen. Keiner wird eine große Karriere machen oder Kinder großziehen können, ohne Stress, Ärger, Enttäuschung und ähnliches zu ertragen. Alle Emotionen gehören zum Leben dazu. Punkt.
8. Was ist emotionale Agilität? Die Akzeptanz unserer gefühlten Emotionen und die genaue Benennung unserer Emotionen. Denn nur, wenn wir wissen, was genau das Gefühl ist, wissen wir auch, woher es kommt und durch was es ausgelöst wird. (Stress ist nicht immer Stress - ist es Angst vor Versagen oder ist die Unzufriedenheit, im falschen Job zu sein?)
9. Was bringt uns emotionale Agilität? Studien zeigen: Die umfassende Akzeptanz all unser Emotionen - inklusive der unangenehmen oder "schlechten" - ist die Basis für Widerstandsfähigkeit, persönliche Entfaltung und Lebensfreude.
10. Emotionen sind Daten. Daten, die uns zeigen, was uns wirklich wichtig ist = unsere Werte.
11. Emotionen sind Daten, keine Handlungsanweisungen, die wir blind befolgen müssen. Wir haben Emotionen, wir sollten sie wahrnehmen - und trotzdem eigene, bedachte, werteorientierte Entscheidungen treffen. ("Ich fühle mich so was von sauer auf den Kollegen! Ich würde ihn gerne anschreien! Aber ich möchte mit dem für mich wichtigen Projekt weiterkommen. Also lohnt es sich darüber mit dem Kollegen zu sprechen - ohne Gebrüll.")
12. Ich bin nicht meine Emotion. Ich fühle sie nur. (Anstelle "ich bin traurig" gilt "ich spüre, dass ich mich traurig fühle").
13. Emotionale Agilität hilft mir zu erkennen, was mir meine Emotion sagen will. Und daraus abzuleiten, welche Handlung mich meinen Werten näher bringt.
Wenn Sie jetzt mehr darüber wissen wollen, wie Sie selbst emotional agiler werden, dann empfehle ich als Einstieg Susan David's kurzes Quiz. Neben einer kostenlosen Auswertung bekommen Sie auch erste Handlungsempfehlungen per Email, welche ich persönlich sehr interessant fand.
-- Susan David, a Harvard Medical School psychologist, studies emotional agility: the psychology of how we can use emotion to bring forward our best selves in all aspects of how we love, live, parent and lead. --
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