Strohfeuer oder langfristiger Erfolg?
Von Iris Seithel · 3 Minuten Lesezeit
Chatbots sind auf dem Vormarsch. Auch im Recruiting. Doch wie sinnvoll ist der Einsatz von Chatbots im Recruiting in der heutigen Zeit?
Mal eine Frage mit der Bitte um ehrliche Antwort vorweg: Wie oft werden Sie am Tag von Bewerbenden aus Ihrer Arbeit gerissen? Interessierte Bewerbende, die sich nach dem Ablauf des Bewerbungsprozesses erkundigen? Oder von Bewerbenden, die wissen wollen, in welchem Status sich ihre Bewerbung gerade befindet? Wahrscheinlich viele. Vielleicht sogar zu viele?!
Natürlich möchten Sie für Ihre Bewerbenden da sein, ihnen die Fragen möglichst präzise beantworten und sie zufriedenstellen. Das ist schließlich Ihr Job. Doch für jede dieser Standardfragen müssen Sie Ihre Arbeit unterbrechen, was einen flüssigen Ablauf der alltäglichen Arbeit erschwert.
Aufkommende Fragen stellen aber auch die Bewerbenden vor Herausforderungen. Was, wenn Sie als Ansprechperson bereits im Feierabend oder, noch „schlimmer“, im Wochenende sind oder gar Urlaub haben? Im schlimmsten Fall stockt dann der ganze Bewerbungsprozess. Abhilfe können hier sogenannte Chatbots schaffen.
Chat-was?
Googelt man nach Chatbots, bekommt man häufig die folgende Definition: „Unter dem Begriff Chatbot versteht man ein textbasiertes Dialogsystem. Es besteht aus einer Ein- sowie Ausgabemaske für Text.“ Immer noch nicht ganz klar?
Ein Chatbot ist ein virtueller Roboter, mit dem Menschen über einen Chat kommunizieren können, genauer gesagt mit dem System, was dahintersteht. Und das in sehr natürlicher Sprache. Tatsächlich handelt es sich bei solchen Funktionalitäten eher um eine Volltextsuchmaschine, als dass hier wirklich künstliche Intelligenz eine Rolle spielt. Unternehmen nutzen diese Chatbots für verschiedene Formen der Kundenkommunikation und seit geraumer Zeit hat dieses Tool auch die Personalabteilungen der Unternehmen erreicht, wenn auch bisher oft nur auf theoretischer Ebene.
Unsere ergänzende Hörempfehlung:
Hörempfehlung:
Podcast
Top-Kandidaten, niedrige Kosten - dank MoBerries Empfehlungsnetzwerk
Interview mit MoBerries-Gründer Terence Hielscher
Servus, Grüezi und Hallo
So schön und einfach das alles klingt, ein Selbstläufer ist ein Chatbot leider (noch) nicht. Er will mit Informationen gefüttert werden. Und zwar dauerhaft. Und durchdacht. Denn nur dann funktioniert er so wie er soll. Werden Sätze oder Aussagen eingegeben, die der Bot nicht korrekt einordnen kann oder schlichtweg nicht kennt, stößt er an seine Grenzen und erzeugt nicht die gewünschte Antwort. Beispiel gefällig?
Sie konzipieren einen Chatbot für Ihr Recruiting und beginnen mit dem einfachsten Teil, der Begrüßung. Der Chatbot soll die Bewerbenden begrüßen, sobald diese eine Begrüßung eingetippt haben. Sie geben also alle möglichen Formen der Begrüßung ein, die die Teilnehmenden eintippen könnten: Hallo, Hi, Hey, Servus etc. Nun startet der Chat und die Kandidatin oder der Kandiat begrüßt Ihren Chatbot mit Moin. Was passiert? Nichts. Der Chatbot kann diese Eingabe nicht verarbeiten. Sie sehen also: Ganz so einfach ist das mit dem Chatbot nicht.
Natürlich ist das System lernfähig und nimmt somit immer wieder neue Phrasen und Begriffe auf. Die Technik entwickelt sich weiter, von einer perfekten Funktion kann man allerdings noch lange nicht sprechen. Man sollte sich im Klaren sein, dass der Bot keine menschliche Kommunikation ersetzen kann.
Telefonierst du noch oder chattest du schon?
Dennoch bringt ein solcher Chatbot auch viele Vorteile mit sich – vorausgesetzt, er funktioniert richtig. Ein Vorteil ist mit Sicherheit die Art der Kommunikation: das Messaging. Messaging ist die Kommunikationsform der heutigen Zeit. Messaging ist gelernt und bekannt, um nicht zu sagen sogar kinderleicht. WhatsApp und andere Messenger-Dienste haben häufig schon das klassische Telefongespräch ersetzt. Da erscheint es nur logisch, sich diese Technik zunutze zu machen, um als modernes, innovatives und serviceorientiertes Unternehmen aufzutreten.
Chatbot vs. "Durchschnittsmensch"
Ein entscheidender Vorteil – vielleicht sogar DER entscheidende Vorteil – der Chatbots ist die 24/7-Erreichbarkeit des Kommunikationstools. Den Bewerbenden kann rund um die Uhr geholfen werden – ganz ohne Zeitverzögerung. Außerdem kann das Tool mehrere Kandidatinnen und Kandidaten gleichzeitig bedienen – ein Ding der Unmöglichkeit für Sie als „Durchschnittsmensch“. Dadurch reduziert sich wiederum die „Time to Hire“, da die Bewerbenden nicht lange auf Antworten warten müssen. Diese Tatsachen tragen wesentlich zu einem positiven Erlebnis der Bewerbenden im Bewerbungsprozess mit einem bestimmten Unternehmen bei. Doch nicht nur die schnelle Reaktion sorgt für eine positive Candidate Experience, auch die interaktive und dialogbasierte Art der Kandidatinnen- und Kandidatenansprache hilft, aus Interessenten letztendlich Bewerbende zu machen.
Der Chatbot – dein Freund und Helfer?
Unternehmen, die über die Nutzung eines Chatbots nachdenken, sollten dessen Nutzen und Grenzen sehr gut ausloten. Generell sind Chatbots sicher ein interessantes Thema der zukünftigen Personalarbeit. Ob sich ein Einsatz jetzt schon lohnt, ist fraglich. Wenn ein Chatbot sehr gut funktioniert, bringt er einem Unternehmen auf jeden Fall große Vorteile in der Rekrutierung von Kandidaten. Bei unausgereiften Bots sollte ein Unternehmen vom Einsatz jedoch eher absehen. Denn die genannte positive Candidate Experience kann natürlich auch ins Negative umschlagen. Sollte ein Roboter jede zweite Frage nicht verstehen, führt das zu Frustration und genervten Kandidatinnen und Kandidaten, die ihre Bewerbung möglicherweise zurückziehen. Zusammenfassend kann man also sagen: Heutzutage kann ein Chatbot die Arbeit im Recruiting durchaus schon erleichtern. Der Arbeitsaufwand für Implementierung und die weitere „Betreuung und Pflege“ des Helferleins kosten allerdings Ressourcen, die nicht unterschätzt werden sollten. Langfristig werden Chatbots aus unserer Welt aber nicht mehr wegzudenken sein.
Hören und lesen Sie mehr zum Thema
Teilen